Essen-Schonnebeck. In der denkmalgeschützten Halle in Essen-Schonnebeck haben sich Deckenteile gelöst. Alle Sportkurse fallen aus, ein Ersatzort ist nicht in Sicht.

Sie ist ein architektonisches Schmuckstück in Schonnebeck: die von Georg Metzendorf entworfene Jugendhalle. Seit 1915 steht diese mitten im Stadtteil und wird seitdem als Veranstaltungshalle vor allem für sportliche Ertüchtigungen aller Art genutzt. Doch jetzt müssen alle Sportgruppen ausweichen: Teile der Deckenplatten haben sich gelöst und sind herabgefallen.

Ziemlich ramponiert präsentiert sich die hübsche Halle mit der gebogenen, rotgestrichenen Holzkonstruktion, die die Decke quasi stützt: Teile der Decke sind mit Plastikplanen verhüllt, der Parkettboden ist abgedeckt, ebenso der Zugang zur Bühne. Mittendrin steht ein Gerüst. Doch es arbeitet hier derzeit niemand.

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Eine Abordnung der Stadt hat bereits den Schaden begutachtet

„Da die Jugendhalle bereits seit vielen Jahren unter Denkmalschutz steht, mussten wir wegen des aktuellen Schadens natürlich auch das Denkmalamt benachrichtigen“, sagt Siegfried Brandenburg, „eine Abordnung war bereits da, hat den Schaden begutachtet, doch seitdem ist nichts weiter geschehen.“

Als Schonnebecker Urgestein und gleichzeitig sportpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Rat hat Brandenburg ein großes Interesse daran, dass die Halle so schnell wie möglich instandgesetzt wird. Denn sie wird durchgehend besetzt vom Sport- und Gesundheitszentrum Nord-Ost-Bad: Ob Yoga, Pilates, Fitness oder Zumba, die Kurse sind gut besucht. „Doch nun fallen sie aus, ein Ersatzort ist nicht in Sicht“, bedauert Brandenburg.

Die Jugendhalle in Essen-Schonnebeck ist ein echtes Schmuckstück. Sie steht seit 1915 mitten im Stadtteil auf dem Marktplatz.
Die Jugendhalle in Essen-Schonnebeck ist ein echtes Schmuckstück. Sie steht seit 1915 mitten im Stadtteil auf dem Marktplatz. © FUNKE Foto Services | Klaus Micke

Erst im vergangenen Jahr wurde die Halle für 150.000 Euro renoviert

Von der sich auflösenden Decke ist er überrascht worden. Denn die Jugendhalle erhielt erst im vergangenen Jahr ein neues Dach, außerdem wurde sie besser isoliert. 150.000 Euro hat das Ganze gekostet. „Jetzt haben wir Angst, dass die Kosten uns über den Kopf wachsen“, sagt er. Er fürchtet, dass die Auflagen des Denkmalamtes nicht so einfach erfüllt werden können. „Außerdem braucht das Denkmalamt viel Zeit für ein entsprechendes Gutachten“, sagt er aus Erfahrung.

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Die Jugendhalle ist nicht nur für Brandenburg etwas Besonderes: Alle Schonnebecker sind stolz auf die komplett aus Holz bestehende Jugendhalle, die Metzendorf 1914 für die Kölner Ausstellung des Deutschen Werkbundes entwarf. Sein Gedanke: ein Gebäude, das sich rasch zusammenbauen lässt, als Beispiel für eine preisgünstige Veranstaltungshalle zu schaffen, die sich auch kleine Gemeinden leisten können. Zur Zeit der Errichtung der Halle sollte Kindern und Jugendlichen besonders für die Winterzeit ein Ort geboten werden, an dem sie ihrem Bewegungsdrang nachgehen können und Spiel- sowie Betreuungsmöglichkeiten vorfinden.

Im Zweiten Weltkrieg wurden hier Kriegsgefangene interniert

Die Halle ist eine baugeschichtliche Rarität. Sie ist bedeutend für die Hallengeschichte der Architektur und zeigt zudem die kulturpolitischen Bestrebungen der Zeit um die Jahrhundertwende. Daher ist das Gebäude auch von sozialgeschichtlicher Bedeutung.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Halle zur Internierung von französischen und italienischen Kriegsgefangenen genutzt. Danach wurde sie wieder als Turn- und Veranstaltungshalle, auch von der Schillerschule, genutzt, verfiel aber immer mehr.

1989 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt, kurz darauf geschlossen und nach mehreren Jahren der Renovierung 1996 erneut eröffnet.

Bürgermeisterei Stoppenberg kaufte die zerlegbare Jugendhalle 1915 für 28.000 Mark

Die Bürgermeisterei Stoppenberg nutzte die Gelegenheit und kaufte 1915 für 28.000 Mark die als zerlegbare Holzkonstruktion konzipierte Halle. Nachdem Zollverein kostenlos ein Grundstück am Marktplatz Schonnebeck zur Verfügung gestellt hatte, wurde die Halle dort aufgebaut, wo sie heute immer noch steht. Und hier soll sie auch bleiben. Nicht als museales Gebäude, sondern weiterhin als ein Ort für Sport und Spiel in Schonnebeck.