Essen. Am Tag nach dem Autounfall mit zehn teils lebensgefährlich verletzten Straßenbahn-Fahrgästen kritisieren Anwohner die Situation am Gervinusplatz.

Sonntagmittag am Gervinusplatz in Essen. Ein kühler Wind fegt um die Ecke. Es ist wenig los in Frohnhausens Mitte. Doch diejenigen, die an den gelben Polizeimarkierungen auf der Fahrbahn vorbeilaufen, haben hier nur ein Gesprächsthema: den Straßenbahn-Unfall am Tag zuvor. Eine Autofahrerin war in eine Gruppe von ein- und aussteigenden Fahrgästen gerast. Es gibt zwölf Verletzte, davon drei, die am Sonntag noch in Lebensgefahr schweben.

„Unfassbar“, sagt Damian Lihs, der unweit der Unfallstelle wohnt. „Wir haben einen lauten Knall gehört, dann kamen schon jede Menge Feuerwehr und Polizei.“ Das Bild, was sich dem Anwohner aus dem Fenster bot, sei „ganz schrecklich“ gewesen: „Über mehrere Meter waren die Leute weggeschleudert worden, sie haben geschrien, ihre Sachen waren überall verteilt.“

Petra Hammerschmidt ist selbst Autofahrerin und weiß um kritische Situationen mit Bahnen und Bussen. Die Unfallstelle findet sie sehr unübersichtlich.
Petra Hammerschmidt ist selbst Autofahrerin und weiß um kritische Situationen mit Bahnen und Bussen. Die Unfallstelle findet sie sehr unübersichtlich. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Unübersichtliche Verkehrssituation am Gervinusplatz

Am Sonntag steht er selbst an eben dieser Haltestelle. Als die Tram 109 in Richtung Innenstadt hält, schaut er sich mehrmals um, bevor er die Straße betritt und in die Bahn einsteigt. Der Unfall hinterlässt seine Spuren bei den Menschen.

Ein anderer wartender Fahrgast fordert, dass Autofahrer sich regelmäßig auf ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen lassen müssten. „Die Unfallfahrerin war 81, konnte sie überhaupt noch alles richtig einschätzen?“, fragt sich nicht nur dieser junge Mann.

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Von Frank Stenglein

Auch Petra Hammerschmidt, selbst Autofahrerin, weiß um kritische Situationen, die sich im Straßenverkehr mit Bahnen und Bussen ereignen können. „Ich bin da immer ganz vorsichtig, halte Abstand und stoppe. Man weiß nie, wer plötzlich hinter der Bahn über die Straße läuft.“ Die Situation am Gervinusplatz findet sie sehr unübersichtlich.

Musa Sentürk betreibt einen Kiosk gegenüber der Haltestelle. Oft höre er den Straßenbahnfahrer über rücksichtslose Autofahrer schimpfen.
Musa Sentürk betreibt einen Kiosk gegenüber der Haltestelle. Oft höre er den Straßenbahnfahrer über rücksichtslose Autofahrer schimpfen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Der Straßenbahnfahrer schimpft jeden Tag“

Das bestätigt ein Taxifahrer, der an der Ecke Gervinus-/Frohnhauser Straße auf Kundschaft wartet. Dort ist ein Fußgängerüberweg mit Ampel. „Ich habe beobachtet, dass die Ampel immer erst auf Rot umschlägt, wenn die Bahn vorbei ist. Autos, die direkt hinter der Bahn Richtung Innenstadt fahren, kommen so durchaus noch bei grüner Phase rüber.“

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Ob die Ampelschaltung auch am Samstagnachmittag eine Rolle gespielt hat? Noch ist unklar, wie es zu dem Unfall kam. Die polizeilichen Ermittlungen laufen. Musa Sentürk, Inhaber des Kiosks direkt gegenüber der Haltestelle, findet jedenfalls, dass auch die Straßenführung dazu beiträgt, dass es zu brenzligen Verkehrssituationen kommen kann.

„Jeden Tag höre ich den Straßenbahnfahrer schimpfen über die Autofahrer, die mal eben schnell an der Bahn vorbeifahren, um nicht halten zu müssen“, sagt er. „Anderswo gibt es eine Verkehrsinsel. Das wäre doch auch hier angebracht.“ Dieser schwere Unfall sollte Anlass zum Umdenken sein: „Die Kreuzung muss entschärft werden.“

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