Essen. Startschuss für eine beispiellose Vernetzung: Mehr als 30 Essener Umweltinitiativen und -aktionen kamen auf Sonntag auf Zeche Carl zusammen.
Mehrere hundert Bürger haben am Sonntag auf der Zeche Carl unter Beweis gestellt, dass Umwelt- und Klimaschutz in Essen längst zu einer breiten Bewegung herangewachsen sind. Auf der ersten Konferenz „Gemeinsam für Stadtwandel“ stellten sich mehr als 30 Essener Initiativen vor, warben fürs Mitmachen und formulierten Ziele in Diskussionsforen. Auch Oberbürgermeister Thomas Kufen ließ sich blicken – und war durchaus bewegt: „Ich bin beeindruckt von der Professionalität und Dynamik der Veranstaltung. Die grünen Themen bewegen viele Essenerinnen und Essener. Ich freue mich auf den weiteren Diskurs.“
Draußen weht ein warmer Föhn, 17 Grad Lufttemperatur in Altenessen, „da soll noch einer sagen, das Klima sei in Ordnung“, flachst der Grünen-Politiker Rolf Fliß, und drinnen in der Zeche Carl tummeln sich Interessierte an Stellwänden, machen Kreuzchen in Tabellen: Was ist wichtig, weniger wichtig, unwichtig? „Die Stadt soll sich stärker zu Umweltzielen verpflichten“, heißt sinngemäß ein Ziel auf einem Plakat. Oder: „Auch kleine Firmen sollen klimaneutral handeln – und ein entsprechender Umweltpreis für Unternehmen ausgelobt werden.“ Ein anderes Ziel.
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15.000 Unterschriften benötigt der „Rad-Entscheid Essen“
Dichtes Gedränge in den Räumen der Zeche Carl, vorne auf der Bühne präsentiert da noch Vanessa Burneleit von der Naturschutz-Jugend ihre Aktionsgruppe für junge Umweltschützer unter 27 Jahren: „Für alle, die vielleicht noch keine Idee haben, aber etwas bewegen wollen.“ An den Stehtischen verteilen Greenpeace-Vertreter Flyer, die „Bürger gegen Fluglärm“ aus Kettwig sind da, natürlich Schüler von „Fridays for Future“, und Aktive, die den „Rad-Entscheid“ in Essen aus der Taufe gehoben haben, berichten über den aktuellen Stand der Dinge: „Wir fangen bald an, Unterschriften zu sammeln, etwa 15.000 werden benötigt“, sagt Björn Ahaus vom „Rad-Entscheid“.
Die Ziele für Essen: Mehr sichere Radwege vor allem am Innenstadt-Ring von Essen, bessere Verhältnisse an den großen Kreuzungen, mehr Abstellflächen für Räder. „Wer im Alltag durch Essen radelt“, sagt Ahaus, „weiß, dass schon viel erreicht ist, aber bei weitem nicht genug.“
Ahaus gehört auch der „Initiative für Nachhaltigkeit“ an, die diese Veranstaltung auf Zeche Carl organisiert hat – es ist, erinnert sich Rolf Fliß „das größte Zusammentreffen aller Essener Umweltinitiativen mindestens seit 2011.“ Damals gab es eine so genannte „Mobilitätswerkstatt.“
Doch es geht nicht nur um konkrete Ziele, sondern um ein Aufbruchsgefühl: „Mut soll von dieser Veranstaltung ausgehen“, sagt Maria Lüttringhaus, die das Treffen mitorganisiert hat. „Mut, dass man nicht alleine ist und man gemeinsam etwas bewegen kann.“ Und schnell geht es vom Großen, Ganzen ins Detail: Jemand notiert auf einem der Plakate, dass mehr ökologische Baustoffe verwendet werden müssten, und überhaupt, Bauen: „Bürger müssen früher und intensiver beteiligt werden bei Bauprojekten“, findet jemand anderes. Und wieso, ist da zu lesen, hat eigentlich nicht schon längst jede Schule einen eigenen Schulgarten?
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Klima-Ampel soll Parlamentariern Orientierung bieten
Und wie soll es jetzt weitergehen? Die Stadtverwaltung hat bereits – wie berichtet – angekündigt, an einer „Klima-Ampel“ für parlamentarische Beschlüsse zu arbeiten. Sie soll Abgeordneten Orientierung geben. Dass Klimaschutz mehr sein muss als bunte Punkte auf Papier, das versteht sich jedoch von selbst. Maria Lüttringhaus: „Es ist etwas in Bewegung gekommen in der Gesellschaft, durch alle Generationen hinweg. Diesen Geist müssen wir jetzt nutzen.“
Übrigens auch gegen Widerstände: Maria Lüttringhaus erinnert an das bundesweite Rauchverbot in Kneipen, durchgesetzt vor 13 Jahren: „Da war auch das Wehklagen groß.“ So ähnlich werde jetzt in Essen debattiert, wenn Fahrradstraßen quer durchs Stadtgebiet eingerichtet werden sollen auf Kosten von Parkplätzen.