Essen. Die leerstehenden Ladenlokale an den U-Bahnhöfen Berliner Platz und Hauptbahnhof sorgen für ein trostloses Bild. Ein Ortstermin mit der Ruhrbahn.
Der Berliner Platz in Essen zählt mit rund 30.000 Fahrgästen am Tag zu den am meisten frequentierten U-Bahnhöfen der Ruhrbahn – Tendenz steigend. Doch auf der „Verteilerebene“, im internen Jargon die „Minus-1-Ebene“, macht sich der Aufschwung nicht bemerkbar.
Im Gegenteil: Etwa die Hälfte der Ladenlokale steht leer, einige sogar schon seit mehreren Jahren. Den vorerst letzten Rückzieher vollzog die Ruhrbahn selbst, als sie das Kundencenter Mitte Dezember ans Kettwiger Tor verlegte.
Ortswechsel: Das nördliche Ende der Passerelle im Essener Hauptbahnhof wirkt ebenfalls nicht gerade einladend. Hier stehen zwei große und zwei kleine Ladenlokale leer.
Ob hier oder am Berliner Platz: Man schaut auf große Glasfronten und sieht dahinter gähnende Leere. Die Atmosphäre ist trostlos und buchstäblich unterirdisch. Das subjektive Gefühl: Hier möchte man lieber wegfahren als ankommen.
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Was ist los in den U-Bahnhöfen der Ruhrbahn? Hat es der Einzelhandel so schwer im Untergrund? Sind Ladenlokale in der „Minus-1-Ebene“ möglicherweise gar aus der Mode gekommen? Ruhrbahn-Marketingchef Nils Hoffmann schüttelt den Kopf: „Die Ruhrbahn ist entschlossen, den Leerstand zu beseitigen.“
Leerstand an der Passerelle am Hauptbahnhof – Ruhrbahn ist optimistisch
Seine Kollegin Monika Goronczy, zuständig für Vermietung und Vermarktung, gibt für die nördliche Passerelle sogar eine optimistische Prognose aus. „Ich gehe davon aus, dass die leerstehenden Ladenlokale bis Jahresende wieder vermietet sind“, sagt sie beim Ortstermin.
Ein Essener Makler, der mit der Akquise beauftragt worden sei, habe Miet-Interessenten an der Hand. Die verbliebenen Lokale – ein Beauty- und Kosmetikgeschäft und die beiden Imbissbetriebe, ein Syrer und ein Thailänder, liefen gut, heißt es. Gerne würde die Ruhrbahn oben an den Abgängen für die Geschäftswelt unter Tage plakativ werben. Doch dafür gebe es leider keine behördliche Genehmigung.
70.000 Fahrgäste steigen täglich am Hauptbahnhof in Essen um
Was sofort auffällt: Die „Minus-1-Ebene“ am Hauptbahnhof zeigt zwei Gesichter. Das schöne befindet sich zweifellos auf der südlichen Seite der Passarelle, die 2010 mit der farbigen LED-Lichtwand aufgehübscht wurde. Dort brummt es, alle Lokale sind vermietet – und zwar an die Bäcker Kamps, Ditsch, Backwerk und an die Drogerie Rossmann, dazwischen das große Zeitschriftengeschäft, ein Kiosk und der Ruhrbahn-Infopoint. Selbst der Geldautomat der Sparkasse erzeugt ständig Schlangen.
Die Erklärung ist einfach: An keiner U-Bahnstation in Essen ist die Frequenz so hoch wie hier. „Jeden Tag steigen 70.000 Fahrgäste vom Haupt- und Busbahnhof um in die U- und Straßenbahnen“, sagt Hoffmann. Mit anderen Worten: Die Leute rennen den Verkäufern regelrecht in die Arme. In drei Minuten fährt die nächste Bahn, dann noch schnell zum Bäcker. „Die meisten sind Impuls-Käufer“, sagt Monika Goronczy.
Minus-1-Ebene am Berliner Platz – „Wir werden das Kundencenter abreißen“
Zurück zur tristen Verteilerebene am Berliner Platz, der in den letzten Jahren ein Bäcker, ein Friseur, ein Schlüsseldienst und ein Imbiss abhanden gekommen ist. Eine schnelle Verbesserung ist zwar nicht in Sicht, aber es tut sich was.
Der Plan: „Wir starten neu und werden das gesamte Kundencenter abreißen“, kündigt Marketing-Chef Nils Hoffmann an. Das werde nicht kurzfristig passieren, aber immerhin werde das dort verbliebene Fundbüro schon bald verlegt. „Spätestens im Sommer, vielleicht sogar im Frühjahr“ ziehe es ins leerstehende Lokal gegenüber.
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Durch den Abriss des alten Kundencenters sollen neue Sichtachsen geschaffen werden, die die Verteilerebene heller machen und freundlicher wirken lassen. Doch finanziell ist die Ruhrbahn nicht auf Rosen gebettet. Außerdem stünden derzeit noch lauter andere Vorhaben auf der langen Prioritätenliste: von der Ertüchtigung der Betriebshöfe über Gleisbau und Brandschutz bis zur Nachrüstung der Aufzüge.
Kiosk wird aufgewertet durch Ruhrbahn-Verkaufsstelle mit komplettem Ticket-Angebot
Gegen den Pächter eines Bistros, der das Lokal Knall auf Fall verlassen hat und seitdem spurlos verschwunden ist, geht die Ruhrbahn gerichtlich vor. Das Lokal gegenüber („früher Bäckerei Zobel“) muss vor einer Neuvermietung technisch erneuert werden.
Beschlossene Sache ist die Aufwertung des Kiosks „Fresh & Fair“ (Tabak, Presse, Post). Dieser erhalte demnächst eine Ruhrbahn-Verkaufsstelle mit dem kompletten Ticket-Angebot von Einzelfahrschein bis Bärenticket. Das Verkehrsunternehmen reagiert damit besonders auf zugewanderte Fahrgäste mit spärlichen Deutschkenntnissen. Hoffmann: „Die Leute stehen sonst ratlos vorm Automaten.“
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