Essen. Der Ruhrbahn stehen schwierige Zeiten bevor. Der Investitionsbedarf steigt enorm. Der kommunale Deckungsbetrag wird sich weiter erhöhen.

Die Ruhrbahn will Millionen einsparen, ohne das Leistungsangebot zu kürzen. Dieses Ziel hat sie sich mit der Fusion der beiden Verkehrsbetriebe in Essen und Mülheim im Sommer 2017 gegeben. Doch derzeit geht die Schere in beiden Städten weit auseinander: Während in Essen mit dem Lead-City-Programm des Bundes mehr Geld in den Nahverkehr gepumpt wird, droht in Mülheim eine Ausdünnung des Angebotes. Auf der Streichliste soll auch die Tram-Linie 104 stehen, die zur Essener Aktienstraße führt. Sie soll durch eine Metrobus-Linie ersetzt werden.

Auf die aktuelle Entwicklung in der Nachbarstadt geht der Fusionsbericht nicht ein, der jetzt den Ratsfraktionen auf Antrag des Essener Bürgerbündnisses vorgelegt wird. Doch auch so wird schnell klar: Die Ruhrbahn muss noch viele heiße Eisen anpacken. Das Konsolidierungsprogramm, das neben vielen unterschiedlichen Maßnahmen auch die Zusammenlegungen von Abteilungen und Standorten und damit „schlankere Strukturen“ in beiden Städten vorsieht, soll bis 2030 genau 9,6 Millionen Euro jährlich bringen, allein 6,4 Millionen in Essen. Die erste Million hat die Ruhrbahn mit diesem Plan schon eingespart.

Ruhrbahn wird vorerst keine weiteren Partner ins Boot holen

Und trotzdem drohen die Kosten aus dem Ruder zu laufen. Der Investitionsbedarf ist enorm. Die Stadt muss weitere Millionen aufbringen. Und eine Steigerung der Fahrgastzahlen ist zumindest statistisch nicht zu erkennen. Die Kraft für einen großen Sprung nach vorne – mit weiteren Partnern an der Hand - die fehlt erstmal. Die Idee des Oberbürgermeisters Thomas Kufen, ein großes Verkehrsunternehmen für das ganze Ruhrgebiet zu schaffen, wird auf absehbare Zeit wohl nicht in die Tat umgesetzt werden können, steht doch erstmal die Konsolidierung im Vordergrund.

Die Ruhrbahn-Zentrale an der Zweigertstraße arbeitet am, Konsolidierungsprogramm. FOTO: KERSTIN KOKOSKA
Die Ruhrbahn-Zentrale an der Zweigertstraße arbeitet am, Konsolidierungsprogramm. FOTO: KERSTIN KOKOSKA

Die allein ist schon Herausforderung genug, wie ein Blick auf die Zahlen zeigt: Der Essener Deckungsbeitrag für den Verkehrsbetrieb (ohne Berücksichtigung der RWE-Dividende) lag 2015 noch bei 65,7 Millionen Euro, sank dann 2016 auf 59 Millionen Euro und stieg danach wieder bis 2018 um zehn Millionen Euro. Laut Bericht haben die Abweichungen bei den Jahresergebnissen mit der Fusion aber nichts zu tun, sondern sind auf hohe Tarifabschlüsse sowie auf die zusätzlichen Pensionsrückstellungen und die Inflationsrate zurückzuführen.

Negative Ergebnisentwicklung bei der Ruhrbahn

Dies hat sich trotz der Verringerung um 120 Planstellen in Essen und Mülheim sowie weiterer Effizienzsteigerungen in den vergangenen beiden Jahren negativ auf die Ergebnisentwicklung der Ruhrbahn ausgewirkt. Immerhin: In diesem Jahr soll der kommunale Deckungsbeitrag fallen, auf „nur“ 61 Millionen Euro, (dies hängt vor allem mit dem Verkauf einer Immobilie auf der Altendorfer Straße zusammen), doch danach geht die Kurve nach den jetzigen Planungen wieder nach oben: auf 66,9 Millionen Euro im Jahre 2020 und gar auf 72,4 Millionen Euro im Jahre 2021. Begründet wird dies mit dem dann verbesserten Verkehrsangebot in Essen und den höheren Energiekosten, aber auch mit „steigenden Belastungen aus Zinsaufwand bedingt durch zusätzliche Darlehensaufnahmen für Investitionen in den Fuhrpark“.

Allein in diesem Jahr plant die Ruhrbahn insgesamt Investitionen von knapp 58 Millionen Euro (ohne Fördermittel) und in den beiden darauffolgenden Jahren von über 197 Millionen Euro. Nur für die Schienen-Infrastruktur, also Gleise, Fahrleitungen und Stromversorgung, besteht ein aktueller Nachholbedarf von hundert Millionen Euro.

Fahrgastzahlen gingen um 1,8 Prozent zurück

Das Essener Bürgerbündnis fragte auch nach den Fahrgastzahlen, die seit Jahren stagnieren. Eine Wende ist auch hier nicht in Sicht. 2018 wurde in Essen und Mülheim sogar ein Rückgang von 1,8 Prozent um knapp 2,5 Millionen Fahrten berechnet. Doch das sind Zahlen, die nur auf dem Papier stehen und nicht unbedingt die tatsächliche Entwicklung wiedergeben. Grundlage der Berechnungen ist die Anzahl der verkauften Tickets. Im Vorjahr ist der Verkauf der Schokotickets für Schüler gesunken und gleichzeitig der der Firmentickets gestiegen.

Doch zugrunde gelegt wird, dass ein Schokoticket-Inhaber seine Karte 76 mal im Monat nutzt, ein Firmenticket-Kunde dagegen nur 64 mal. So kommt es zur statistischen Reduzierung der Fahrgastzahlen. Klarheit könnte hier nur eine umfassende Kundenzählung in Bahn und Bus bringen. Die sei aber „sehr kostenintensiv“ und daher nur „punktuell und anlassbezogen“ möglich.