Aggressiv auftretende Jugendliche sorgen im U-Bahnhof Berliner Platz für Ärger. Auch das Center-Management im Limbecker Platz ist alarmiert.
Essen. Die U-Bahnstation Berliner Platz zählt zu den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten der Stadt. Sie ist ein belebter und zugleich ungemütlicher Ort – zumindest in der so genannten Verteilerebene. Der enorme Leerstand der Ladenlokale ist aktuell eher das geringere Problem. Zunehmendes Unbehagen verbreitet seit einigen Wochen eine größere Gruppe Teenager, überwiegend syrische Flüchtlinge.
Ihr geballtes Auftreten wird übereinstimmend als aggressiv und einschüchternd beschrieben. Immer häufiger muss die Polizei eingreifen. Es geht um Hausfriedensbruch, Körperverletzung und Drogenbesitz. Aber die Geschichte handelt auch davon, dass Strafen offenbar gar nicht abschrecken.
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„Die treffen sich seit Oktober hier“, sagt der Inhaber eines der wenigen verbliebenen Ladenlokale in der zugigen Verteilerebene. Direkt gegenüber liegt das von der Ruhrbahn aufgegebene Kundencenter, in dem nur noch das Fundbüro untergebracht ist und das Personal Pause macht. „Sie beschimpfen meine Verkäuferinnen als Schlampen und benutzen noch viel vulgärere Schimpfworte“, fügt der Kaufmann hinzu.
Ein Zeuge: „Die Treppe ist ständig vollgerotzt und um 18 Uhr ist hier Prime Time“
Er deutet auf die Treppe, die nach oben auf den Platz führt und der eigentliche Treffpunkt ist. „Die ist ständig vollgerotzt.“ Je nach Tageszeit schwanke die Zahl der Anwesenden. Mindestens seien es zehn, manchmal sogar 30 bis 40. Die meisten seien minderjährig, darunter auffallend viele Mädchen. „Um 18 Uhr ist hier Prime Time“, sagt der Geschäftsmann. Genervt spricht er von einer „Horde“, deren Haschisch- und Zigarettenrauch regelmäßig zu ihm herüberwehe. Zwar gilt auf der Treppe ein Rauchverbot, aber daran hält sich keiner von ihnen.
Als die Krawall-Teenies im Dezember anfingen, Polenböller in der Ruhrbahn-Passage zu zünden, ständig Radau zu machen und die Kundschaft zu belästigen, habe er das Wachpersonal der Ruhrbahn und die Polizei eingeschaltet. Vorläufiger Höhepunkt: Die Schlägerei im Einkaufszentrum Limbecker Platz, die kurz vor Weihnachten einen Großeinsatz der Polizei auslöste.
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„Die hat vor meinem Laden angefangen, dann ging’s im Einkaufszentrum weiter“, berichtet der Ladeninhaber. Sein pessimistisches Fazit: „Es juckt die gar nicht, wenn die Polizei einschreitet, die lachen sich höchstens kaputt.“
Center-Managerin: „Die Probleme kommen über den U-Bahnhof Berliner Platz ins Haus“
Der bei einem privaten Security-Unternehmen beschäftigte Ruhrbahn-Wachmann kennt den U-Bahnhof Berliner Platz seit 15 Jahren. Auch ihm sind die aggressiven Kids ein Dorn im Auge. Und er ist nicht der einzige, der sich darüber ärgert, dass sie anscheinend Narrenfreiheit genießen. „Nichts hat hier Konsequenzen“, schimpft der Security-Mann.
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Kopfschmerzen bereiten die Rüpel-Teenager besonders Center-Managerin Alexandra Wagner. Das Einkaufszentrum Limbecker Platz ist das größte innerstädtische in Deutschland und durch U-Bahn, Straßenbahn und Busse ideal angebunden. Mittlerweile gelangten 60 Prozent der Kunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Center, früher seien es nur 40 gewesen. Die Frequenz sei ständig hoch, nur: Nicht alle seien im Center willkommen. „Der U-Bahnhof ist ein Brennpunkt, die Probleme kommen über den Berliner Platz in unser Haus“, sagt Alexandra Wagner.
Die Problem-Teenager kämen nicht zum Einkaufen, sondern lediglich zum Abhängen ins Center, gerne zum Brunnen an der Rotunde Rom. Aber beim bloßen Abhängen bleibe es nicht. Wagner: „Vom Rotunden-Dach sind vor kurzem Steine auf den Kinderspielplatz geworfen worden.“
Zuerst Hausverbot, dann Anzeige wegen Hausfriedensbruch
Das Center-Management hat längst auf den Ansturm der ungebetenen Gäste reagiert. Zuerst mit Hausverboten, danach mit Anzeigen wegen Hausfriedensbruch. Wagner behauptet: „Leider werden die Verfahren meistens eingestellt.“ Die Wirkung sei folglich katastrophal. „Weil sie wissen, dass ihnen nichts passiert, geht der Respekt vor der Polizei verloren.“
In der Adventszeit, der umsatzstärksten des Jahres, habe sie eigens zusätzliche Wachleute engagiert, um die Unruhestifter in Schach zu halten und bei Verstößen gegen die Hausordnung hinauszuwerfen.
Die dadurch entstandenen Mehrkosten seien auf die einzelnen Geschäftsleute im Center umgelegt worden. An der permanenten Abwehrhaltung habe sich jedoch nichts geändert.
Nach der Schlägerei kurz vor Weihnachten hat sich die Polizei-Spezialeinheit „BAO Clan“ eingeschaltet. Die drei Haupttäter, so Sprecherin Sandra Steinbrock, seien polizeibekannt. Einer von ihnen, gerade erst 17 Jahre alt, sei letztes Jahr besonders aufgefallen: drei Mal wegen Körperverletzungsdelikten, darunter eine gefährliche, sowie wegen eines Diebstahls aus Kellerräumen. „Die Polizei wird Verstöße konsequent verfolgen“, sagt Steinbrock.
Polizei bietet Einkaufszentrum an, Bereitschaftspolizisten als Streife vorbeizuschicken
Die Vorgänge am Berliner Platz erinnern an ein Katz-und-Maus-Spiel. Ob U-Bahnhof oder Einkaufszentrum: Beide sind löchrig wie ein Schweizer Käse. Egal ob Platzverweis, Hausverbot oder Anzeige wegen Hausfriedensbruch: Wer vorne hinausgeworfen wird, kommt von der anderen Seite problemlos wieder herein.
Zwei Security-Leute im U-Bahnhof – das sei viel zu wenig, findet der Ruhrbahn-Wachmann. Ginge es nach ihm, müsste die Verteilerebene heller ausleuchtet werden. Die Center-Managerin wiederum sieht die Stadt in der Verantwortung. „Ich habe das Jugend- und Ordnungsamt schon um Hilfe gebeten.“ Der Ruhrbahn macht sie keinerlei Vorwürfe.
Die Polizei habe ihr nach der Schlägerei angeboten, im Einkaufszentrum demonstrativ Beamte der Bereitschaftspolizei als Streife einzusetzen: Polizisten, die nicht die klassische Außendienstuniform mit Schirmmütze tragen, sondern mit dem Barett zupackender und eine Idee martialischer wirken. Das könne zwar so manchen beunruhigen, findet die Center-Managerin, aber sie wäre bereit, dieses Angebot anzunehmen. „Vielleicht müssen sich die Bürger an solche Bilder gewöhnen.“