Essen. Der Briefdienstleister Postcon, der seit Jahren die Stadtpost in Essen austrägt, unterlag in der aktuellen Ausschreibung. Das hat ein Nachspiel.
Seit über einem Jahrzehnt ist der Briefdienstleister Postcon, bzw. dessen Vorgänger TNT, für die Zustellung der Post aus der gesamten Essener Stadtverwaltung zuständig. Immerhin vier Millionen Sendungen verlassen im Jahr das Rathaus. Kein kleiner Auftrag also. Umso verständlicher ist es, dass es derzeit zwischen den jahrelangen Geschäftspartnern knirscht.
Denn Postcon hat den gewichtigen Postdienstleistungsauftrag verloren. Seit 2. Januar 2020 ist eine Tochter der Deutschen Post AG dafür zuständig, sämtliche Briefe aus den städtischen Behörden zu sortieren und auszutragen. Der gelbe Riese hatte sich in der aktuellen Ausschreibung gegen die orangefarbene Konkurrenz durchgesetzt.
Das dürfte die Verantwortlichen der Deutschen Post gefreut haben, war es für sie doch schon länger ein Dorn im Auge, dass Postcon, die bis vor kurzem zum niederländischen Postkonzern PostNL gehörte, für eine große Stadt wie Essen arbeitete. Allerdings liegt Postcon nach eigenem Bekunden deutlich unter den Preisen des gelben Konkurrenten, was Postcon in der Vergangenheit viele Aufträge der öffentlichen Hand bescherte.
Postcon und Stadt treffen sich Ende März vor der Vergabekammer
Postcon will die jüngste Vergabe allerdings nicht unwidersprochen hinnehmen und wehrt sich nun dagegen. Das Unternehmen hat die Vergabekammer Rheinland angerufen. Diese bestätigte der Redaktion auf Nachfrage: „Sowohl die Firma Postcon Regional als auch die Firma Postcon NRW haben einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Rheinland gestellt, weil die Stadt Essen beabsichtigt, den Zuschlag für die Postdienstleistungen einer Tochter der Deutschen Post AG zu erteilen. Dies wollen beide Antragsteller verhindern“, teilte ein Sprecher mit.
Die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer ist für Ende März anberaumt. Sollte Postcon dort unterliegen, bleibt dem Unternehmen nur noch die Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf. Dessen Entscheidung wäre dann endgültig. Weil das Verfahren schwebt, durfte die Stadt den Auftrag an die Post ersteinmal nur befristet vergeben.
Kontrahenten halten sich mit Verweis auf das laufende Verfahren bedeckt
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Der genaue Grund, warum Postcon und Stadt überquer liegen, ist nicht bekannt. Beide Seiten halten sich mit Verweis auf das laufende Verfahren über Details der Auseinandersetzung bedeckt. Eine Sprecherin der Stadt erklärte auf Nachfrage nur: „Anfang Dezember erhielt die Stadt Essen im laufenden Vergabeverfahren zusätzliche Informationen die nach sorgfältiger juristischer Abwägung dazu geführt haben, dass der Zuschlag an eine Tochter der Deutschen Post AG erteilt werden soll.“
Um welche Informationen es sich dabei handelte, ist nicht bekannt. Diese dürften Gegenstand der Verhandlung bei der Vergabekammer sein. Auf den Rathausfluren heißt es indes, Postcon habe einen formalen Fehler bei der Ausschreibung gemacht.
Postcon: Verlust des Auftrags ohne Auswirkung auf Mitarbeiter
Seit etwa Mitte der 2000er Jahre stand Postcon bzw. TNT im Dienste der Stadt. In der Vergangenheit gab es dabei immer mal wieder Probleme mit der Zustellung. So hatte ein Briefträger Anfang 2018 rund 250 Briefe in einer Mülltonne entsorgt, darunter auch Post der städtischen Ämter. Vier Jahre zuvor lagen Briefe mit Wahlunterlagen offen in einem Hausflur in Rüttenscheid herum. In jüngster Zeit aber gab es zumindest öffentlich keine Beschwerden über Zustellungsprobleme im Stadtgebiet.
Mehr Informationen zu Postcon
Postcon ist Dienstleister ausschließlich für Geschäftspost - vom Brief über Kataloge und Mailings. Bundesweit beschäftigt Postcon rund 3500 Mitarbeiter, über Beteiligungen rund 1800 weitere Mitarbeiter. Postcon gilt damit als größter Rivale zum deutschen Marktführer Deutsche Post.
Das Unternehmen gehörte bis vor Kurzem zum niederländischen Konzern PostNL, der aus der früheren TNT hervorgegangen ist. Im November 2019 kaufte der Finanzinvestor Quantum Capital Partners das Unternehmen.
Für Postcon ist Essen ein wichtiger Standort. Vor zweieinhalb Jahren war das Unternehmen aus Bochum nach Essen gezogen und hatte an der Bamlerstraße ein neues Briefsortierzentrum eingeweiht. Kosten: fünf Millionen Euro. Essen wurde damit zentrale Drehscheibe für die Briefbearbeitung von Postcon in der Rhein-Ruhr-Region. In dem Sortierzentrum arbeiten 240 Beschäftigte. Weitere 100 sind im Stadtgebiet für die Zustellung der Post zuständig.
Unabhängig davon, wie der Streit zwischen Stadt und Postcon ausgehen wird, versicherte eine Unternehmenssprecherin: „Dies wird keine Auswirkungen auf unsere Beschäftigten am Standort Essen haben, weder im Sortierzentrum noch in der Zustellung. Denn wir haben in Essen derzeit rund 200 regional ansässige Kunden.“