Essen-Kupferdreh. Die Kirche ist längst abgerissen, die Orgel ertönt in Bayern: Nun sucht die Pfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel neue Heimat für Kupferdreher Glocken.
Gut 50 Jahre lang haben die sechs Bronzeglocken der Kirche St. Josef in Essen-Kupferdreh geläutet. Das Gotteshaus ist inzwischen aufgegeben und abgerissen, die Glocken sind eingelagert. Für diese sucht die Pfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel jetzt einen Käufer, damit sie in einer anderen Gemeinde erklingen.
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Lange hätten die Zuständigen überlegt und geprüft, ob das Geläut nicht auf der Ruhrhalbinsel bleiben könne. Zwar haben Kirchen wie St. Barbara in Byfang oder St. Suitbert in Überruhr Glocken: „Aber wir haben über einen Austausch diskutiert“, sagt Karl Grobbel, stellvertretender Vorsitzender im Kirchenvorstand. Dafür hätten klangästhetische Gründe gesprochen – dagegen allerdings die Finanzierung. „Das Umhängen wäre sehr kostspielig geworden“, sagt Grobbel. Ein Baufahrzeug wäre notwendig gewesen, sie hätten den Glockenstuhl öffnen müssen, um die schweren Glocken umzuhängen.
Entscheidungsprozess mit Glockensachverständigen und Klangspezialisten
Kontakt für Anregungen aus der Gemeinde
Erste Kirchengemeinden interessieren sich zwar bereits für das Geläut, doch die Pfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel möchte den Verkauf weiter „bewerben“ und ist auch für Anregungen aus der Bevölkerung dankbar.
Hinweise werden vom Verwaltungsleiter, Detlev Marciniak, unter 45 04 85 44 entgegen genommen.
Stattdessen hätten sie dann einen Glockensachverständigen, Architekten, Statiker und Klangspezialisten zu Rate gezogen. Es folgte ein Gutachten und die Einsicht beim Kirchenvorstand, dass eine Weiterverwendung des Geläuts innerhalb der eigenen Pfarrei weder technisch geboten, noch finanziell verantwortbar sein würde.
„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Pfarrer Gereon Alter, „denn mit dem Klang der Glocken verbinden sich natürlich viele schöne Erinnerungen“. Und da auch Emotionen an ihnen hängen, hat die Gemeinde das Einschmelzen ausgeschlossen. Das hätten sie ja selbst in Auftrag geben und das Geld an andere Stelle investieren können – der Wert für den Rohstoff würde immerhin einen fünfstelligen Betrag bedeuten, sagt Karl Grobbel.
Ein erster Kontakt führte nach Brandenburg
Doch über den Preis wollen die Katholiken der Ruhrhalbinsel gar nicht sprechen, vielmehr möchten sie mit anderen Kirchengemeinden ins Gespräch kommen. Einen ersten Kontakt hat es nach Brandenburg gegeben.
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Die Glocken selbst lagern derzeit in Gescher, da die Kirche St. Josef bereits 2015 abgerissen wurde. Im Münsterland wurden die Glocken 1961 auch gegossen, bevor sie nach Kupferdreh kamen. In der Gemeinde St. Josef läutete aber bereits 1903 erstmalig eine kleine Glocke im Dachreiter. Die sechs größeren Bronzeglocken fanden ihren Platz dann erst viel später in einem Gestell außerhalb des sakralen Baus.
Kupferdreher Gemeinde profitierte einst von Leihglocken
In der Zwischenzeit hatte die Gemeinde Leihglocken, daran erinnert Pfarrer Gereon Alter: „Die Kupferdreher Gemeinde hat selbst rund 20 Jahre lang von fremden Glocken profitiert.“ Die wurden seinerzeit für ein Gotteshaus in Santiago de Chile gegossen und konnten wegen des Zweiten Weltkrieges nicht ausgeliefert werden. Sie wurden 1940 zur Leihgabe und blieben das zwei Jahrzehnte, bis sich der Erzbischof melde und seine Glocken gern haben wollte.
Und nun soll es eben umgekehrt sein, die Kupferdreher Glocken sollen in einer anderen Gemeinde eine neue Aufgabe finden. Am besten sollten alle sechs zusammen weiter genutzt werden, „wegen des Klangbildes sollten sie aber mindestens als Dreiergruppe erhalten bleiben“, erklärt Karl Grobbel.
Die Orgel der Josefskirche haben Kupferdreher bereits in Bayern besucht
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Darüber, dass das Loslassen der Glocken vor allem der Kupferdreher Bevölkerung nicht leicht fallen wird, machen sich die Verantwortlichen der Pfarrei übrigens keine Illusionen. Doch sie sind auch zuversichtlich: „Vielleicht gelingt uns ja, was uns schon mit der Orgel gelungen ist, und wir finden auch für die Glocken eine neue Heimat außerhalb unserer Pfarrei.“ Die Orgel der Josefskirche tue bereits seit einigen Jahren ihren Dienst im bayerischen Amberg: „So mancher Kupferdreher hat sie dort schon gehört.“