Essen-Kupferdreh. Die Stadt bestätigt: Am 20. Dezember wird die Kampmannbrücke feierlich eröffnet - erst für Fußgänger dann sollen Autos über die Brücke rollen.
Die erste Kampmannbrücke wäre im kommenden Jahr 125 Jahre alt geworden, stattdessen aber steht die Eröffnung der neuen, modernen Schrägseilbrücke an: Die wird am Freitag, 20. Dezember, ab 15 Uhr sein. Derweil hat Ortshistoriker Johann Rainer Busch sein nächstes Buch veröffentlicht: zur Geschichte der Kampmannbrücke.
Das 14,3 Millionen teure Bauwerk ist eine wichtige Verbindung auf der Ruhrhalbinsel. Der Neubau gilt nicht nur für Bezirksbürgermeister Manfred Kuhmichel bereits als Landmarke, der schon einen Brückentag im Sinn hat. „Schön ist sie geworden, da können wir durchaus stolz sein“, sagt auch der Kupferdreher Johann Rainer Busch, der nicht nur die Bauzeit begleitet, sondern ebenso in Archiven gestöbert hat. Das Ergebnis sind rund 150 Seiten, auf denen er die ursprüngliche Kampmannbrücke und die Nachfolger beschreibt und bebildert und darüber hinaus einen Blick auf weitere Brücken in Kupferdreh und Umgebung wirft.
Schnapsbrenner Hermann Kampmann ließ erste Brücke errichten
Ihren Namen erhielt die Verbindung zwischen Kupferdreh und Heisingen nach dem Schnapsbrenner Hermann Kampmann. Zuvor verkehrte dort die Hinsbecker Fähre auf der Ruhr, deren Fahrten bei Hochwasser und der Überschwemmungen jedoch stets eingestellt werden mussten. Kampmann ergriff also die Initiative zu einer Zeit, als es mit der Entwicklung in Kupferdreh rasch vorwärts ging: 1894 erfolgte die Konzession, ein Jahr später die Eröffnung der ersten Kampmannbrücke. Wer diese passierte, zahlte drei Pfennige – es sei denn er war Beamter oder gehörte zum Militär. Später sei der der Beitrag erhöht worden, was Bauwerken wie dem von Kampmann den Namen „Fünf-Pfennings-Brücken“ eingebracht habe, berichtet Busch.
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„Hermann Kampmann hatte seine Brücke auf Stahlkesseln aufgebaut, zudem konnte diese bei steigendem Wasserpegel mit Seilen hochgezogen werden“, erklärt Busch das damalige Patent, nach dessen Vorbild die Schwimmbrücken in Horst und Bochum-Dahlhausen folgten. In einem Kapitel befasst sich der Stadtteilhistoriker daher mit Pontonbrücken.
Flutwelle zerstörte die ursprüngliche Kampmannbrücke
„Trotz ihrer Bauweise war die Kampmannbrücke jedoch bei Hochwasser oft nicht befahrbar“, ergänzt er. Und das Hochwasser von 1909 sei so heftig gewesen, dass die Brücke sich losgerissen habe, so dass sie eine Woche lang wie ein Schiff in Längsrichtung auf der Ruhr gestanden habe. Endgültig zerstört wurde sie dann 1943, als die Möhnetalsperre gesprengt wurde. „Die Flutwelle erfasste die Kampmannbrücke, die an der nahe gelegenen Eisenbahnbrücke zerschellte“, berichtet der Autor zum Ende des Bauwerks.
Der erste Nachfolger war dann aus Holz, bevor um 1950 die Kampmannbrücke folgte, die die Essener bis zum Abriss 2016 kannten und die wohl zu einem der beständigsten Provisorien zählt. Der Verkehr darauf wurde zuletzt mit Ampel geregelt, so dass sie nicht gleichzeitig aus beiden Fahrtrichtungen befahren werden konnte. Die neue Kampmannbrücke hat neben den beiden Fahrspuren auch einen Geh- und Radweg mit 3,5 Metern.
Die Masten der Brücke sind schon von der A44 aus erkennbar
Als die Stadt die Pläne 2009 veröffentlichte, da konkurrierte die heutige Schrägseilbrücke noch mit Varianten wie Bogenbrücke (kein Flusspfeiler, relativ flacher Bogenstich und schlanke Bodenplatte) und einer Balkenbrücke, die sich durch eine klare, unauffällige Form ausgezeichnet hätte. Die gewählte Konstruktion sticht nun selbst Autofahrern bereits ins Auge, die über die nahe gelegene A44 aus Richtung Kupferdreh kommen, denn die Masten ragen 27 Meter in die Höhe.
Neben diesen baulichen und technischen Herausforderungen bei den Stahlarbeiten haben die Schweißer und Schlosser um Bauleiter Andreas Behnke zudem ein schweres Unglück verkraften müssen, als ihr Kollege am 2. Mai 2018 ins Wasser stürzte und Tage später tot geborgen wurde: An Adam Mieczyslav Januszewski wird eine Tafel an der Brücke erinnern, die er mit erbaut hat. Auch diese Gedenktafel hat Johann Rainer Busch in seinem Buch abgebildet, das tragische Ereignis gehört zur Baugeschichte der neuen Kampmannbrücke.
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Eine Tatort-Folge spielte an der alten Kampmannbrücke
30 Tonnen wiegt allein ein Träger des Bauwerks und ist damit das schwerste Element der Stahlbrücke. 22 Stahlseile haben vergangenen Sommer die Bauarbeiter gefertigt, das längste misst knapp 60 Meter. Sie haben die Seile aus jeweils 46 Litzen hergestellt und beim Einbau eine Toleranz für Abweichungen von weniger als 0,2 Millimetern beachten müssen. Nach insgesamt 40 Monaten Bauzeit ist die Brücke mit etwa sechs Monaten Verspätung so gut wie fertig.
Ihre Fertigstellung dokumentiert Busch auch mit zahllosen Fotos im Buch. Voran gehen Bilder vom Abriss des maroden Vorgängerbaus. Und dieser schaffte es einst sogar in eine Schimanski-Folge: „Rattennest hieß die“, hat Johann Rainer Busch notiert und verrät zum kurzen Auftritt des Kommissars: „Er musste mal.“ Und das von der Kampmannbrücke gleich zu Beginn des Films, als Horst Schimanski nachts mit Rockern verabredet gewesen ist. Immerhin sei die Brücke für diese Szene hübsch beleuchtet worden.
Ob die neue Schrägseilbrücke es in einen Krimi schafft, ist ungewiss. Immerhin steht nun das Datum für die Eröffnung fest: Die Stadt kündigt diese für 20. Dezember an.