Essen. Zwei Plattformen an der Ruhr in Essen-Werden brachten 2018 Spott und Kritik. Nun tauchen sie im Schwarzbuch NRW des Bundes der Steuerzahler auf.
Zwei umstrittenen Aussichtsplattformen auf der Brehm-Insel in Essen-Werden, die 2018 stadtweit für Spott und Häme sorgten, werden im neuen „Schwarzbuch 2019/20“ des Bundes der Steuerzahler NRW als Beispiele für Geldverschwendung aufgeführt. Der Bund der Steuerzahler stellt sein neues Schwarzbuch mit zehn aktuellen Beispielen aus NRW am Dienstag vor.
Bei der Errichtung der Plattformen aus Holz, die mehr als 25.000 Euro gekostet haben und keine wesentlichen neuen Ausblicke bieten, seien die verantwortlichen Stadtteilpolitiker „offensichtlich in einen Verschönerungsrausch geraten“, heißt es süffisant im „Schwarzbuch“. Vom Wegesrand aus, neben den fast ebenerdigen Plattformen, sehe man schließlich exakt das Gleiche.
Eigentlich sollten vier Plattformen errichtet werden
Die Plattformen sind die einzige Maßnahme aus Essen, die der Bund der Steuerzahler moniert. Weitere Fälle im aktuellen „Schwarzbuch“ spielen sich in unter anderem in Köln, Bonn, Moers und Dortmund ab.
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Viel Spott für zwei Aussichtsplattformen auf dem Brehm
Die zwei Plattformen in Essen-Werden wurden im Sommer 2018 auf der Brehm-Insel errichtet. Sie gehören zu einem umfassenden Verschönerungskonzept für den beliebten Park an der Ruhr, das die Stadtteilpolitiker schon 2013 auf den Weg gebracht hatten. Dazu zählten neue Bepflanzungen und der Umbau des Spielplatzes – „sicher sinnvolle Maßnahmen“, räumt der Bund der Steuerzahler ein. Doch die Aussichtsplattformen kann sich der Bund der Steuerzahler nur mit einem „Rausch“ erklären – zunächst sollten sogar vier Plattformen entstehen.
Bürger ließen ihrer Häme freien Lauf
Die Holz-Konstruktionen seien nicht nur überflüssig, sondern brachten auch, wie mehrfach berichtet, viel Ärger: Die Plattform, die einen Blick zur Neukircher Mühle bietet, war zunächst nur über eine Stufe zu erreichen, war also nicht barrierefrei. Das wurde nachträglich noch geändert – und produzierte weitere Kosten. Und die Plattform, die zur Ruhr hin zeigt, wurde mit einem zusätzlichen Geländer versehen, aus Sicherheitsgründen. Bürger ließen vor allem im Internet ihrer Häme freien Lauf: Ob das Kaninchen-Rettungsplattformen für das nächste Ruhr-Hochwasser sind, fragte man sich amüsiert.
Vor Ort versuchte man zu retten, was nicht mehr zu retten war: Das Projekt brauche Zeit, sagte SPD-Bezirksvertreter Daniel Behmenburg vor rund einem Jahr und schlug vor, die Plattformen könnten künftig als Bühnen genutzt werden. Außerdem würden die Plattformen ihren Sinn und Zweck erfüllen, wenn erst mal Bänke darauf platziert werden. Das ist mittlerweile geschehen.
Schlichte Bänke waren nicht möglich
Eigentlich sollten einfache Parkbänke an die beiden Stellen auf der Brehm-Insel hingestellt werden – doch das ließ der Boden nicht zu, hieß es seinerzeit. Auch am optischen Eindruck, den die Plattformen machen, gab es viel Kritik: Von „Baumarkt-Ästhetik“ war vielfach die Rede. So formuliert es der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch“: „Heute schon richtig geärgert? Nein? Dann auf nach Essen-Werden zur Brehm-Insel!“
Bezirksbürgermeister Michael Bonmann will sich zu dem Vorgang nicht mehr äußern: „Wir hatten uns eigentlich schlichte Bänke vorgestellt, doch die Untere Landschaftsbehörde schrieb uns die Plattformen vor.“ Die Stadt Essen, deren Umweltamt für die Planung verantwortlich war, argumentiert so: Der Unterbau der Konstruktionen sei „aus Hochwasser- und Naturschutzgründen notwendig gewesen“.
Beim Bund der Steuerzahler will man das immer noch nicht so recht gelten lassen: „Wenn Bänke nicht direkt vor das Ruhr-Ufer gestellt werden konnten, warum hat man sie dann nicht an den vorhandenen Weg gebaut?“, fragt Andrea Defeld vom Bund der Steuerzahler.
Anfang des Jahres machte eine weitere Aussichtsplattform Schlagzeilen: Das Holz-Podest im Gruga-Park soll eine gute Aussicht auf das Hundertwasser bieten. Die Reaktionen fielen gemischt aus.
Im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes stand Essen bereits im vergangenen Jahr mit dem Sanaa-Gebäude. Der „Würfel“ auf Zollverein war für den Steuerzahlerbund ein Skandal.