Essen. Der BUND warnt vor der Verbrennung gefährlicher Abfälle im Müllofen der Firma Harmuth in Essen-Bergeborbeck und rät, was Bürger tun sollten.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) macht gegen die geplante Wiederinbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage der Firma Harmuth am Stadthafen mobil. „Wir warten darauf, dass der Betreiber seine Pläne offenlegt“, sagt Martin Kaiser von der Kreisgruppe Essen mit Blick auf das bevorstehende Genehmigungsverfahren. „Danach bleiben nur wenige Wochen Zeit, um dagegen Einspruch zu erheben.“
Harmuth Entsorgung hatte vor rund einem Jahr angekündigt, den Müllofen „aus dem Dornröschenschlaf“ wecken zu wollen; so hatte es seinerzeit Stefan Strüngmann, Geschäftsführer des privaten Entsorgungsunternehmens formuliert. Bis Ende dieses Jahres soll der Antrag bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingereicht werden, sagte Strüngmann am Montag im Gespräch mit der Redaktion.
Harmuth hatte die Verbrennungsanlage auf dem Betriebsgelände auf dem Econova-Areal in Bergeborbeck im Jahr 2011 hochgefahren, um darin so genannte Sortierreste: Papier und Pappe, Textilien, aber auch Gummi und Kunststoffe. Schon drei Jahre später, im Sommer 2014, legte Harmuth den Ofen still. Sinkende Preise auf dem Abfallmarkt machten das Verfeuern unwirtschaftlich.
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Bis zu 50.000 Tonnen Abfälle sollen pro Jahr sollen verbrannt werden
Nun will der Entsorger den Müllofen wieder hochfahren. Laut Stefan Strüngmann wird dafür ein komplett neuer Antrag gestellt. Denn das „Abfallspektrum“ wird ein gänzlich anderes sein. Harmuth will Klärschlamm und Industrie-Schlämme verbrennen. Hintergrund: Auf dem Markt ist Bewegung, seit der Gesetzgeber das Aufbringen von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzten Flächen untersagt hat. Da auf Sicht Braunkohlekraftwerke, in denen Klärschlamm mitverbrannt wird, vom Netz genommen werden, fallen weitere Mengen an. „Irgendwo müssen die ja hin“, sagt Strüngmann. „Der Ofen ist da, die Rauchgasreinigung auch, wir sind hier in einem Industriegebiet“, fügt Strüngmann hinzu und fragt unausgesprochen: Warum also nicht auf dem Econova-Gelände? Die Verbrennungsanlage werde für den gewünschten Zweck selbstverständlich nachgerüstet.
Dem Bund für Umwelt und Naturschutz schwant dennoch nichts Gutes: „Das bedeutet, dass zu den früher bereits genehmigten Abfällen zahlreiche gefährliche Abfälle vor allem Schlämme mit umwelttoxischen Inhaltsstoffen wie zum Beispiel PCB und Schwermetalle, verbrannt werden“, warnt Martin Kaiser vom BUND Essen. Stefan Strüngmann nennt das Spekulationen.
Harmuth will bis zu 50.000 Tonnen Abfall pro Jahr durch den Schornstein jagen. Es wäre fast das doppelte der bislang zulässigen Menge. Genehmigt ist eine Verbrennungskapazität von 26.500 Tonnen. 4000 Bürger hatten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Einspruch erhoben. Eine Klage vor Gericht scheiterte, aus formalen Gründen: Der Kläger wohnte zu weit weg von dem Ofen.
Umweltschützer warnen vor Zunahme der Luftbelastung
Bevor Harmuth seine Pläne in die Tat umsetzen kann, gilt es ein weiteres immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren bei der Bezirksregierung Düsseldorf zu durchlaufen. Im Vorfeld des Verfahrens, dessen Bestandteil eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist, fand Anfang Juli ein so genannter Scoping-Termin statt, zu dem auch Vertreter der Umweltverbände eingeladen waren. Harmuth beabsichtigt 60 verschieden klassifizierte Abfälle zu verbrennen statt der bisher genehmigten sechs, berichtet der BUND.
Ofen ist ein Gemeinschaftsunternehmen
Für den Betrieb der Abfallverbrennungsanlage hat Harmuth Entsorgung gemeinsam mit der Firma Lobbe Entsorgung West aus Iserlohn ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, die EVA GmbH & Co KG. Zu Verbrennung sollen Stoffe aus der Region und aus dem Umfeld der Firma Lobbe nach Bergeborbeck transportiert werden, heißt es von Seiten der Betreiber.
Vertreter des Gemeinschaftsunternehmens hatten im Februar in der Bezirksvertretung IV erklärt, fünf Millionen Euro in den Müllofen investieren zu wollen. 15 Arbeitsplätze sollen entstehen.
„Es sind gefährliche Stoffe, nicht wie bisher nur irgendwelche Siedlungsabfälle“, sagt Martin Kaiser. Zu befürchten sei, dass es zu einer erheblichen Zunahme der Luftbelastung und zu einer gesundheitlichen Verschlechterung für die Bevölkerung im Essener Norden und in den Nachbarstädten Bottrop und Gelsenkirchen kommen werde, heißt es in einer Stellungnahme des BUND-Kreisverbandes Essen.
Martin Kaiser geht davon aus, dass die Widerstände dagegen groß sein werden: „Ich gehe davon aus, dass viele Bürger, die schon damals Einspruch erhoben haben, dies auch diesmal tun werden.“ Die für Bergeborbeck und Vogelheim zuständigen Bezirksvertretungen haben bereits erklärt, dass sie die Pläne des Entsorgungsunternehmens ablehnen.