Essen. In jedem der neun Stadtbezirke soll eine offene Senioren-Anlaufstelle entstehen. Die „Zentren 60+“ sind Treffpunkte, Info- und Netzwerkbörsen.
In jedem der neun Stadtbezirke sollen im Laufe des kommenden Jahres offene Anlaufstellen für Senioren entstehen. Das kündigen Oberbürgermeister Thomas Kufen und Sozialdezernent Peter Renzel an. Die so genannte „Offene Seniorenarbeit“ soll stadtweit künftig verstärkt werden und mit künftig drei statt bislang einer Million Euro pro Jahr gefördert werden. Der Rat muss das Vorhaben Ende September noch absegnen.
Qualifizierte Fachkräfte sollen täglich vor Ort sein
Die neuen Anlaufstellen, die „Zentrum 60+“ heißen sollen, könnten zum Beispiel in leerstehenden Ladenlokalen entstehen und sollen von Wohlfahrtsverbänden betrieben werden - mit qualifizierten Fachkräften; anderthalb Personalstellen pro Zentrum sind vorgesehen. Feste Öffnungszeiten und zuverlässige Ansprechpartner zählen zu den tragenden Säulen des Konzepts.
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„Die Zentren sollen mit dafür sorgen, dass Senioren mitten im Leben bleiben, zur Gesellschaft weiter dazugehören und wichtig für unsere Gesellschaft sind“, betont Oberbürgermeister Thomas Kufen. Sie sollen als Treffpunkte, Kontakt- und Netzwerkbörsen dienen, Informationen bereithalten und dazu beitragen, dass die Seniorenarbeit in Essen nicht nur auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen ist. „Wir haben herausgefunden, dass es stadtweit rund 760 offene Seniorengruppen gibt, von denen die Mehrheit ehrenamtlich organisiert wird“, berichtet Kufen. „Dadurch ist das Senioren-Netzwerk immer strukturell und finanziell gefährdet, denn ehrenamtliche Arbeit kann schnell wegbrechen.“ Bei den Anlaufstellen für Senioren gebe es derzeit große Defizite, vor allem im Westen und Süden der Stadt fehle es an Angeboten. Viele der Seniorenbegegnungsstätten, die bereits existieren, würden ehrenamtlich geleitet – alle mit unterschiedlichem Angebot und verschiedenen, nicht immer verlässlichen Öffnungszeiten.
Prognosen: Immer mehr Ältere
In Essen leben rund 126.500 Menschen, die älter sind als 65 Jahre. Das sind 21,4 Prozent der Bevölkerung im Stadtgebiet.
40.300 Essener sind über 80 Jahre alt.
Die Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil von Bürgern über 65 in Deutschland auf 26,3 Prozent steigt. Diese Steigerung erfolgt bis zum Jahr 2030. Zwanzig Jahre später soll der Anteil von Menschen über 65 Jahre bereits bei 30 Prozent liegen.
„Wir stehen vor der Herausforderung“, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen, „dass der Anteil der Senioren wächst und ein attraktives Angebot für Teilhabe, Begegnung und Austausch benötigt.“
Bereits im Mai wurde ein erstes „Zentrum 60+“, das stadtweit als Vorbild dienen soll, in Altenessen-Süd eingeweiht. Die Universität Duisburg-Essen soll die Arbeit der neu entstehenden Kontaktstellen wissenschaftlich begleiten.
Freizeit-Netzwerke für Senioren fehlen in vielen Stadtteilen
Die „Zentren 60+“ sind zentraler Bestandteil des neuen „Seniorenförderplans“, der vom Rat am Mittwoch, 25. September, beschlossen werden soll.
Ein anderes Projekt, das den künftigen Zentren als inhaltliches Vorbild dienen soll, ist im Frühjahr 2019 in Bergerhausen entstanden: „Zwar“ heißt das Netzwerk, das Menschen ab 55 Jahren zusammenführen soll. „Zwar“ steht für „Zwischen Arbeit und Ruhestand“. Die Treffen finden in der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt (AWo) statt und dienen der Vernetzung von Menschen, die vor der Schwelle zum Seniorenalter stehen, sich aber keineswegs alt fühlen - sondern auf der Suche nach neuen Gemeinschaften sind, um zusammen Hobbys und Freizeitaktivitäten nachzugehen. Und, um schlichtweg neue Freunde zu finden. „Viele Bürger stellen nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben fest“, sagt Sozialdezernent Peter Renzel, „dass sie kaum oder keine Freunde haben.“
Es gibt bereits Vorbilder für funktionierende Netzwerke
Ein weiteres Beispiel für funktionierende Senioren-Netzwerke: Das Spazierpaten-Projekt mit dem Titel „Willst du mit mir geh’n“, das sich seit dem Jahr 2012 stetig wachsender Beliebtheit erfreut.
Die künftigen Anlaufstellen sollen mithelfen, ein zentrales Motto umzusetzen, das für die gesamte Seniorenarbeit der Stadt Essen gilt: „Ambulant vor stationär.“ „Je länger ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können, desto besser“, sagt Sozialdezernent Peter Renzel.