Essen. In Kürze endet die lange Umbauphase der Messe Essen, Zeit- und Kostenplan wurden eingehalten. Auch die Geschäfte gehen gut, sagt der Messe-Chef.

Nach vier Jahren ist es vollbracht: An der Messe Essen ziehen die Baufirmen am 30. September ab, eines der größten Umbauprojekte der jüngeren Stadtgeschichte ist damit beendet - und zwar innerhalb des Zeit- und Kostenplans, was bei Bauten im öffentlichen Sektor nicht unbedingt die Regel ist. Oberbürgermeister Thomas Kufen lobt das Team um Messe-Chef Oliver P. Kuhrt: „Kompliment, eine anspruchsvolle Aufgabe mit Punktlandung.“ Die diesjährige Motorshow, ein ungebrochen beliebter Evergreen unter den Essener Großveranstaltungen, wird die neue Messe dann erstmals zur Gänze nutzen.

Ausstellungsbedingungen und Aufenthaltsqualität wurden verbessert

Mit ihren rund 100.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche steht die Messe Essen an Platz 9 der deutschen Messe-Standorte, sie sieht sich laut Kuhrt mit den neuen Hallen und den altbekannten Lage-Vorteilen nun gut gerüstet für den harten Konkurrenzkampf in der Branche. Gute Ausstellungsbedingungen und Aufenthaltsqualität in einem nicht ausufernd großen Gelände, die fußläufige Lage zu Hotels und Gastronomie in Rüttenscheid, die Nachbarschaft zur Gruga - all das steht für Kuhrt auf der Habenseite. „Vor allem für Gastveranstalter, die nicht in der Anonymität eines übergroßen Messegeländes untergehen möchten, sind wir der richtige Partner“, wirbt der Messe-Chef.

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Eine Strategie, die aufzugehen scheint. Kuhrt zufolge hat die Messe Essen bei Kongressen und kleineren Veranstaltungen mittlerweile ein erhebliches Wachstum erzielt. „Wir haben 45 neue Veranstaltungen nach Essen geholt.“ Der Trend in der Branche sei eindeutig: „Weg von den Monsterveranstaltungen, hin zu Spezialmessen.“

Das neue Messehaus Ost - hier bei der Eröffnung 2017 - galt als schwierigster Teil des Umbaus.
Das neue Messehaus Ost - hier bei der Eröffnung 2017 - galt als schwierigster Teil des Umbaus. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Zelthallen auf dem Platz zwischen Grugahalle und Messehaus auch künftig unvermeidbar

Bei den Kongressen spürt die Messe allerdings die Grenzen, die das nach dem Bürgerentscheid abgespeckte Umbaukonzept setzt. Auf dem Platz zwischen der Grugahalle und dem neuen Messehaus werden auch künftig im Frühjahr die weder optisch attraktiven noch billigen Zelthallen einige Monate zum Stadtbild gehören. Anders, so Kuhrt, lassen sich die Hauptversammlungen der Konzerne nicht stemmen.

Messen sind in der Regel für die Städte Zuschussgeschäfte - seit jeher auch in Essen. Allerdings nimmt Kuhrt für sich in Anspruch, dass er auf einem guten Weg ist. „Ziel ist es, den Zuschussbedarf im Durchschnitt zunächst im niedrigen einstelligen Millionenbereich zu konsolidieren.“ Verglichen mit der Ursprungsplanung 2015 bis 2019 habe man den Zuschussbedarf für den gesamten Zeitraum um 22 Millionen Euro reduzieren können.

Teure Kredite für die Messe-Erweiterung vor 20 Jahren sind Klotz am Bein

Verantwortlich dafür, dass die Stadt dennoch weiterhin subventionieren muss, sei aber nicht das eigentliche Messe-Geschäft, das im Schnitt mittlerweile ein Jahresplus von drei Millionen Euro ergebe. Als Belastung empfindet die Messe vielmehr die damals teuren Kredite, mit denen die Messe-Erweiterung vor knapp 20 Jahren finanziert wurde, darunter vor allem der so genannte Bellini-Bau. Hier sei man nun aber endlich in der Tilgungsphase. Den Kosten für die Stadt stehe aber ein erheblich größere Nutzen gegenüber. Indem die Messe Menschen aus aller Welt in die Stadt zieht, sorgt sie für Sekundäreffekte, etwa für Gastronomie und Hotellerie - und sie arbeite mit am positiven Image der Stadt Essen.

88 Millionen Euro mussten reichen

Rund 123 Millionen Euro sollte der grundlegende Umbau der Messe Essen ursprünglich kosten. Einer Initiative erschien das als zu viel, unterstützt unter anderem von den Essener Grünen gelang es, bei einem Bürgerentscheid im Januar 2014 knapp das nötige Quorum zu erreichen.

Die Messe musste schließlich mit 88 Millionen Euro klarkommen, was gelang, wenn auch im Detail schmerzhafte Kompromisse nötig waren. Aber: „Wir haben aus der Not mehr als nur eine Tugend gemacht“, sagt OB Thomas Kufen.

So sieht es auch OB Thomas Kufen, der die Messe „Aushängeschild der Stadt“ nennt. Messe, Essener Wirtschaftsförderung (EWG), Marketing-Gesellschaft (EMG) und er selbst zögen - früher undenkbar - bei vielen Gelegenheiten direkt an einem Strang. „Wir spielen da gnadenlos die Protokollkarte“, formuliert Kufen. Soll heißen: Der OB selbst lässt sich immer wieder persönlich als Werbender einspannen, wenn es darum geht, für die Messe im In- und Ausland neue Veranstaltungen zu ergattern.

Personalreduzierungen und Konzentration auf die Gewinnung von Neukunden

Auch Personalreduzierungen haben zum positiven Ergebnis beigetragen. Derzeit zählt die Messe noch 188 Mitarbeiter, Tendenz weiter fallend, über 200 waren es noch vor fünf Jahren. Kuhrt hebt die völlig andere Ausrichtung hervor. „Während die Messe früher in erster Linie bewahren wollte, sind wir heute Angreifer am Markt.“ Die Abteilung Kundenakquise spiele heute eine bedeutende Rolle.

Der „Wassergarten“ am Haupteingang des Grugaparks bietet besonders außerhalb der Betriebszeiten einen ausgesprochen vermüllten Anblick.
Der „Wassergarten“ am Haupteingang des Grugaparks bietet besonders außerhalb der Betriebszeiten einen ausgesprochen vermüllten Anblick. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Abgesehen von den deutlich besser nutzbaren Hallen, hat die Messe auch nach außen gewonnen - das wird allgemein anerkannt. Grünes Wellblech und Beton sind einer eleganten weißen Fassaden-Optik gewichen, besonders der früher abweisende Bezug zum Grugapark ist ein völlig anderer geworden. Große Fensterfronten gestatten Blicke und Zugänge. An den Übergängen zu den Alt-Hallen merkt man allerdings die Mittelreduzierung nach dem Bürgerentscheid. Die Messe will hier nach und nach aus Mitteln ihres Instandhaltungs-Etats zumindest für kosmetische Anpassungen sorgen.

Der „Wassergarten“ gegenüber den neuen Hallen verlottert immer mehr

Wenn alles schöner wird, sticht das Hässliche besonders hervor. Oliver P. Kuhrt ist unglücklich über den „Wassergarten“, jenen Biergarten gegenüber den neuen Hallen 5 und 6, der seit Jahren mit leider steigender Tendenz zu einer Gerümpel-Ansammlung vorkommt. Auch für den Grugapark-Haupteingang kann der Anblick von Abdeckplanen, rostigen Tonnen, hingeworfenen Sonnenschirmen und einem oft vermüllten Teich kaum eine adäquate Visitenkarte sein, dennoch hat der letztlich verantwortliche Grün und Gruga-Betrieb das seit Jahren bestehende Problem nie in den Griff bekommen, wie überhaupt die Gruga-Gastronomie eine Dauerbaustelle ist. Die neue Messe wäre ein guter Anlass, auch hier einmal eine Hebung des Niveaus anzugehen.