Essen. . „Co-Working“ ist voll im Kommen. Auch in Essen entdecken Freelancer und Kreative die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile der „Büro-WG“.

Marcel Hoffmann sitzt in der Küche und mailt mit Kanada. In Reichweite steht ein frisch gebackener Kuchen, der Kühlschrank ist gut gefüllt, die Blumen auf dem Tisch lassen ihre Köpfe kaum hängen. Eine Frau kommt zu ihm an den großen Tisch und klappt ihren Rechner auf. Was so gemütlich aussieht, ist Arbeit. Marcel Hoffmann mag die Atmosphäre. Co-Working nennt sich diese neue Arbeitsform. Das heißt: Menschen aus unterschiedlichen Branchen teilen sich Büros – und die Büroküche.

Der 48-jährige Marcel Hoffmann ist im Dienste eines kanadischen Softwareunternehmens unterwegs. Nach sechs Jahren Homeoffice hatte er genug von der Einsamkeit seines Schreibtischs zu Hause, seitdem trifft er regelmäßig andere Einzelkämpfer im Haus der Technik zum Co-Working und zahlt dafür eine Monatspauschale. „Ich hatte das Bedürfnis, endlich wieder in Gesellschaft zu arbeiten. Man schaut sich über die Schulter und tauscht sich mit Menschen aus, die einen ganz anderen Blick auf die Arbeit werfen“, sagt er.

Auch eine Schaukel kommt dazu

Vor etwa einem Jahr wurde die Idee zu Impact Hub Ruhr geboren, so lautet der Name des Anbieters, der einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt Räume gemietet und in Marcel Hoffmann einen Fan der ersten Stunde gefunden hat. Janna Prager ist eine der drei Gesellschafter. „Wir wollen im Ruhrgebiet etwas bewegen“, sagt sie. Nachhaltiges Unternehmertum wollen sie fördern, Kreativität, das Netzwerken. Zunächst haben sie die alten Teppiche und Tapeten rausgerissen, Industriecharme freigelegt, die Vorhänge aufgezogen („Vorher saßen hier Programmierer, die mochten es dunkel“), einen Viertel VW-Bus als Empfangstheke hineingehievt und Holztische aufgestellt. Das Konzept kommt an: In wenigen Wochen vergrößern sie sich, schaffen noch mehr Platz für Arbeitstiere und zum Austoben: Schaukeln kommen dazu.

Auch interessant

„Wir fördern auch die Geselligkeit“, sagt Janna Prager und zeigt lächelnd auf den Terminkalender: Mittwochs um 12 Uhr schnippeln alle zusammen „Sexy Salat“, an anderen Tagen gibt es „Bier nach vier“ oder Mitbringfrühstück, denn: „Gemeinsames Essen verbindet und fördert die Kreativität.“ Ernst nehmen sie ihren Job trotzdem. Sie bieten Workshops an, zwei Co-Worker haben gerade einen großen Ideen-Wettbewerb gewonnen und die Geschäftsführer sind offen für Unternehmen, die ihre Idee unterstützen möchten.

Co-Working auch im Ruhrturm und bald im Fakt-Tower

Jemand, der Co-Working-Modelle schon länger beobachtet und betreibt, ist Hubert Schulte-Kemper, Chef der Fakt AG. Sein Unternehmen modernisiert Bürohäuser und vermarktet sie. „Die Nachfrage nach Co-Working-Arbeitsplätzen nimmt unglaubliche Ausmaße an“, sagt er. Im Ruhrturm gibt es diese Arbeitsform schon und bald auch im Fakt-Tower, ehemals Thyssenhaus. Die Vorteile liegen auf der Hand: „Hier teilen sich die Menschen den Empfang, die Telefonanlage und den Server. Das spart Kosten.“ Längst nutzten auch Firmen dieses Angebot: „In Zeiten europaweiter Ausschreibungen kommen Auftragnehmer von weiter weg, die ein Büro auf Zeit in Auftragsnähe suchen“, sagt Schulte-Kemper.