Essen. Ein zweijähriger Junge ist in Essen verdurstet, gegen den Vater (31) wird wegen Mordverdachts ermittelt. Die Erschütterung am Tatort ist groß.

Ein zweijähriger Junge wurde am Samstagmorgen in einem Haus am Ellernplatz in Altenessen-Süd tot aufgefunden - die Ermittlungen ergaben, dass er verdurstet ist. Gegen den 31-jährigen Vater wurde Haftbefehl wegen Mordverdachts erlassen. Er habe „mindestens billigend in Kauf genommen“, dass sein Kind in der großen Hitze der letzten Tage zu wenig oder gar keine Flüssigkeit erhielt, erklärte ein Polizeisprecher am Sonntag. Möglicherweise habe er sogar aktiv das Verdursten befördert.

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Als die Rettungskräfte und die Polizei am Tatort eintrafen, war das Kind jedenfalls bereit tot. Schnell erhärtete sich der Verdacht, dass der Zweijährige eines nicht natürlichen Todes verstorben ist, daher wurde die Mordbereitschaft alarmiert, die noch am selben Tag mit der Arbeit begann. „Das Kind wies schon dem Augenschein nach Anzeichen von Flüssigkeitsmangel auf“, berichtete der Sprecher der Polizei.

Obduktion ergibt Kreislaufversagen in Folge eines Hitzeschocks

Dieser Eindruck bestätigte sich bei der Obduktion am Samstagnachmittag. Rasch ergab der Befund, dass das Kind aufgrund eines Kreislaufversagens in Folge eines Hitzeschocks verstorben ist. Zudem zeigte der Junge deutliche Anzeichen einer stark mangelnden Flüssigkeitszufuhr.

Verdursteter Junge: Bisherige Berichterstattung

Der Vater des Kindes, ein Essener, sowie die 21-jährige Mutter wurden daraufhin festgenommen. Beide sind laut Polizei deutsche Staatsbürger. Mittlerweile ist die Mutter wieder auf freiem Fuß, gegen sie besteht offenbar kein Tatverdacht. Die beiden Geschwister (ein und vier Jahre alt) wurden vorsorglich dem Jugendamt übergeben. Der Vater wurde am Sonntag einem Haftrichter vorgeführt, der dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgte und Haftbefehl wegen Mordes erließ.

Die Gegend um den Ellernplatz ist erkennbar Wohnort von sozial Schwachen

Man tritt der Gegend um den Ellernplatz mit ihren überwiegend heruntergekommenen Altbauten nicht zu nah, wenn man sie als sozial sehr schwach bezeichnet. Zahlreiche Menschen halten sich sich an diesem noch recht warmen Sonntagnachmittag auf der Straße und im gegenüberliegenden Park auf, gehen mit ihren Hunden Gassi gehen und schließen sich zu kleinen Gesprächsgemeinschaften zusammen, wobei begreiflicherweise ein Thema dominiert.

Eine Geste, ebenso rührend wie hilflos: Nachbarn haben vor der Tür des Hauses, in dem ein Zweijähriger verdurstete, Stofftiere drapiert.
Eine Geste, ebenso rührend wie hilflos: Nachbarn haben vor der Tür des Hauses, in dem ein Zweijähriger verdurstete, Stofftiere drapiert. © Foto: F.S.

Erkennbar haben hier viele ihre eigenen Sorgen. Dennoch ist die Erschütterung über das Verbrechen groß. „Wir kann man sein Kind verdursten lassen“, sagt kopfschüttelnd eine Frau, die gemeinsam mit einer Nachbarin am Eingang des Tatort-Hauses einige Plüsch-Teddys drapiert hat, um ihre Betroffenheit zu zeigen. Die Tür des Gebäudes steht sperrangelweit auf. Offenbar hat es nach dem Polizeieinsatz niemand für nötig befunden sie zu schließen.

Nachbar berichtet, er habe bereits vor geraumer Zeit das Jugendamt alarmiert

Teile des sozialen Lebens im Quartier spielen sich in einem gut frequentierten Kiosk im Erdgeschoss des Hauses ab, der an diesem Nachmittag auch für Journalisten so etwas wie eine Nachrichtenbörse ist. Ein Nachbar habe berichtet, dass er bereits vor geraumer Zeit das Jugendamt alarmiert und auf die Zustände in der Familie hingewiesen habe, wird dort erzählt. Auch dass der Vater polizeilich kein Unbekannter gewesen sei. Das Jugendamt habe sich aber nicht gekümmert, eine Aussage, deren Wahrheitsgehalt am Sonntag nicht zu überprüfen ist.

Wie die Polizei den Hinweis über den toten Jungen erhielt, will der Polizeisprecher nicht sagen. Dies sei Teil der noch laufenden Ermittlungen.

Lesen Sie dazu auch: Verdursteter Junge: Zweijähriger war offenbar eingeschlossen und „Verdursteter Luis (2): Jugendamt hatte Familie im Visier“.

Kinder dehydrieren besonders schnell

Babys und kleine Kinder sind im Falle von Flüssigkeitsmangel - Fachbegriff Dehydrierung - besonders gefährdet. Bei ihnen tritt in solchen Fällen weit schneller Lebensgefahr ein als bei Erwachsenen.

In der Gluthitze der vergangenen Woche wurde auch Erwachsenen dringend geraten viel zu trinken, erst recht gilt dies für kleine Kinder, deren Eltern für genügend Flüssigkeitszufuhr sorgen müssen. Im vorliegenden Fall liegt aber offenbar keine Vernachlässigung vor, wenn stimmt, was Basis des Haftbefehls ist.