Essen. 20 Künstler, die auf unterschiedliche Art mit dem Revier verbunden sind, zeigen ihre Werke in der Galerie Schlag: von Renger-Patzsch bis Rautert.
Dass die Fotografie und das Revier untrennbar zusammengehören, das ist durch unzählige Bilderikonen belegt. Wie dieses einst „Schwarze Revier“ Fotografen von Hauser über Chargesheimer bis Renger-Patzsch herausgefordert und beflügelt hat, wie die Fotografie als Medium des Industriezeitalters zum unverzichtbaren Begleiter einer Region im Wandel wurde, das ist hinreichend dokumentiert. Und wie die subjektive Fotografie später für einen Wendepunkt in der Geschichte der Foto-Stadt Essen gesorgt hat, auch das konnte man schon eindrücklich sehen. So ist der Titel „Nur Fotografie“, mit dem der Essener Galerist Frank Schlag nun die Fortsetzung seine ehrgeiziger „Best of Ruhrgebiet“-Serie überschreibt, wahrlich kein Ausdruck von Beschränkung, sondern ein Prädikat. Mit Ausrufezeichen.
„Nur Fotografie!“ also. Aber welche! 20 Künstler, auf unterschiedliche Art verbunden mit dem Ruhrgebiet, sorgen für identitätsstiftende Bildervielfalt. Der in Essen geborene, dann aber vor allem der „Düsseldorfer Schule“ zugeordnete Malerfotograf Axel Hütte ist ebenso vertreten wie der famose Timm Rautert oder der im Düsseldorfer NRW-Forum zuletzt groß gewürdigte Joachim Brohm mit seiner Langzeitstudie „Areal“. Jitka Hanzlova präsentiert ihre konzentrierten Frauen-Porträts zwischen Chelsea und Coney Island, während Johannes Brus mit Hilfe von Solarisation in „Geisterstillleben“ die Tische tanzen lässt. Ausgewiesene Klassiker sind zu sehen wie Albert Renger-Patzsch mit seinen analytischen, messerscharfen Struktur- und Kontrastsuchen oder der Lehrer des Neuen Sehens, Otto Steinert.
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Aber auch Gegenwarts-Größen wie Christoph Fein, Ralf Grossek, Dorothee Golz oder der Fotograf und Dokumentarfilmer Hendrik Lietmann ergänzen die Riege der im Ruhrgebiet geborenen, lebenden, arbeitenden oder ausgebildeten Kamerakünstler – ohne das klassische „Pott“-Themenspektrum stetig zu bedienen. Lietmanns Kuba-Serie „Es Posible“ steht freilich immer in enger Nachbarschaft zu Susanne Brüggers vorwelterbezeitlichen Zollverein-Bildern aus den frühen 1990ern. Und so interessiert wie Fatih Kurceren in die Hinterhöfe von Oberhausen und Duisburg-Marxloh schaut, hat Brigitte Kraemer das Biotop des Revier-Kiosk schon in den 1980ern meisterlich erkundet.
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XL trifft auf Kleinformat, Schwarzweiß auf Farbe. Wir sehen in der von Ralf Rassloff kundig mitgestalteten Schau Statik und Bewegung, Abstraktion und Emotion, Mensch und Arbeit, Stahl und Stein. Wir sehen die Zauberkraft des Lichts in nüchternen Raumwinkeln, New Yorker Schaufenstern oder Essener Hinterhöfen. „Nur Fotografie“ eben. Und ganz viel Ruhrgebiets-Renommee.
Unterschiedliche Positionen aktueller Bildhauerei, Malerei und Zeichnung vereint das Kunsthaus Essen in der aktuellen Ausstellung „Cinque Stagioni“. Fünf zeitgenössische Künstler beschäftigen sich mit den Möglichkeiten der traditionellen künstlerischen Medien und den zentralen Fragen der Malerei. Das prozesshafte und experimentelle Potenzial wird dabei ebenso durchleuchtet wie die vermeintliche Gewissheit künstlerischer Positionen. Intuition und Reflexion vereint Max Frintrop in seiner vom abstrakten Expressionismus noch schemenhaft geprägten Malerei, während Stefan Löffelhardt in seinen wolkenartigen Gemälden eine Art von innerer Landschaft entwirft, ohne konkreten Gegenstand und ohne Maßstab. Die Formenexperimente von Benjamin Houlihan tragen Titel wie „Pflanze“, „Geräusch“ oder „Tropfen“ und unterwandern gleichzeitig mit Witz die Vorgaben ihrer physischen Existenz, während die skulpturalen Formen von Leunora Salihu auf dem Prinzip modularer Bauweisen basieren. Natur, Kultur und Architektur bestimmen schließlich das Formenvokabular von Thomas Arnolds, dessen Arbeiten von Materialität, Fläche und Struktur gekennzeichnet sind.
Die Ausstellung „Nur Fotografie“ läuft bis zum 21. August, Galerie Schlag, Teichstraße 9, Öffnungszeiten: Di bis Fr 10-19 Uhr, Sa 10-16 Uhr. „Cinque Stagioni“ ist noch bis zum 21. Juli im Kunsthaus Essen, Rübezahlstraße 33, zu sehen.