Essen. Jazz-Star Till Brönner war ein Jahr im Ruhrgebiet unterwegs. Ein Schwerpunkt seines Fotoprojekts lag in Essen. Die Menschen hier begeistern ihn.

Jazz-Musiker Till Brönner schaut den Menschen gerne ins Gesicht. Oft ist dann die Trompete dazwischen. Doch jetzt hat Brönner sein Instrument zwischendurch zur Seite gelegt und sich für die Kamera entschieden. Für die Fotografie also, die zweite Leidenschaft des 48-Jährigen. Ein Jahr lang war der Echo-Preisträger im Ruhrgebiet unterwegs, um besondere Momente festzuhalten und mit seinen Bildern eine Region im Wandel zu zeigen. Ab Mittwoch ist eine Auswahl im Duisburger Museum Küppersmühle zu sehen. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit lag für den Star-Musiker in Essen.

Einen Promi-Bonus hat Till Brönner an der Uniklinik nicht genossen

Nach einem Termin in der Uniklinik zeigte sich Till Brönner kürzlich im Gespräch mit dieser Redaktion mächtig beeindruckt. Dort hatte er eine Hand voll Leben fotografiert. 840 Gramm leicht, kaum mehr als drei Päckchen Butter also, das war Frühchen Theresa. „Ich hatte noch nie einen so kleinen Menschen gesehen“, sagt Brönner. „Die Frühchenstation ist ein sehr sensibler Bereich des Krankenhauses. Ich wollte so wenig wie möglich stören.“

Fototermin in der Essener Uniklinik. Auf der Frühchenstation nahm Jazz-Star Till Brönner die kleine Theresa in den Fokus. Beobachtet von (v.r.) Oberärztin Britta Hüning, Theresas Mutter Lena de Vito und Margarete Reimann („Bunter Kreis“).
Fototermin in der Essener Uniklinik. Auf der Frühchenstation nahm Jazz-Star Till Brönner die kleine Theresa in den Fokus. Beobachtet von (v.r.) Oberärztin Britta Hüning, Theresas Mutter Lena de Vito und Margarete Reimann („Bunter Kreis“). © Uniklinik Essen | Schabelon

Die kleine Theresa war 17 Wochen zu früh auf die Welt gekommen – und ahnte in ihrem Brutkasten natürlich nicht, dass ein großer deutscher Künstler sie gerade in den Fokus genommen hatte. „Aber Theresa hat sich als Bilderbuchbaby präsentiert“, so die Worte von Oberärztin Dr. Britta Hüning, die den Termin gemeinsam mit Margarete Reimann aus der Pflegerischen Leitung der Organisation „Bunter Kreis“ begleitet hat.

Die beiden versichern, dass Brönner bei seiner Anfrage keinen Promi-Bonus genossen hat. „Wir haben in einem langen Vorgespräch geklärt, was ihm genau vorschwebte“, sagt Hüning. Wenn das Foto-Shooting für Baby Theresa zu strapaziös geworden wäre, wäre es sofort abgebrochen worden. Doch so weit kam es nicht. Und so wird Theresa eines Tages erzählen können, dass sie – kaum auf der Welt – ein wesentlicher Bestandteil der damals umfangreichsten Einzelausstellung des renommierten Künstlers gewesen ist.

Das Ruhrgebiet war dem aus dem Rheinland stammenden Echo-Preisträger Till Brönner anfangs fremd

Till Brönner stammt aus dem Rheinland und lebt heute in Berlin und Los Angeles. Das Ruhrgebiet, gibt er offen zu, sei ihm eher fremd gewesen. Die Konzertsäle kannt er, aber nicht viel mehr. Das ist nun anders. In den vergangenen zwölf Monaten hat er so viel Zeit hier verbracht, dass ihm die Region ans Herz gewachsen ist. „Kettwig oder Hattingen sind so schön, dass ich dort wohnen könnte“, sagt er.

Und er hat sich keineswegs nur mit den idyllischen Fleckchen beschäftigt oder mit solchen, an denen das Leben beginnt. Brönner war auf Fußballplätzen unterwegs und hat im Stau auf der A 40 gestanden. Er hat Malochern wie Kohlenhändler Andreas Schmidt aus Bergeborbeck über die Schulter und ins Gesicht geschaut und sich auf Zollverein von der langen orangefarbigen Rolltreppe beeindrucken lassen.

Ausstellung „Melting Pott“ ab Mittwoch

Till Brönners Ruhrgebietsmotive werden in der Ausstellung „Melting Pott“ vom 3. Juli bis zum 6. Oktober im Duisburger Museum Küppersmühle erstmals öffentlich gezeigt. Die Initiative zu dem Projekt kam von der Essener Brost-Stiftung. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ist Schirmherr.

Bei vielen der großformatigen Fotos handelt es sich um Schwarzweiß-Motive.

„Ich habe Menschen, Straßenszenen, Häuser und Schornsteine fotografiert, die in meinen Augen etwas über das Ruhrgebiet aussagen“, erzählt Brönner. Er gesteht, dass er bei seinen ersten Terminen noch von dem sonnig-palmigen Lebensgefühl der US-Metropole Los Angeles durchdrungen gewesen sei und deshalb bei einigen Ruhrgebietskulissen irritiert gewesen sei. Es hat sich geändert. Auch wegen der Menschen: „Es ist schwierig, hier einem Arschloch zu begegnen.“