Essen. Nach Kritik an der Polizei wegen Platzverweisen in Steele befürchten Ratsvertreter eine Eskalation. Weitere Provokationen seien zu vermeiden.
Der Schlagabtausch um die richtige politische Reaktion auf das bürgerwehrähnliche Auftreten der „Steeler Jungs“ und angemessene Gegenaktionen im Stadtteil ist seit den polizeilichen Platzverweisen gegen vier Aktivisten von „Aufstehen gegen Rassismus“ und ein Mitglied der rechten Gruppierung heftiger geworden. Die FDP-Fraktion befürchtet inzwischen sogar eine Eskalation im Stadtteil, während sich das „Essener Bürger Bündnis - Freie Wähler (EBB-FW)“ gegen weitere Provokationen ausspricht und nach den jüngsten Ereignissen vom Donnerstag überzeugt ist: „Die Essener Polizei hat mit Platzverweisen richtig gehandelt.“
Damit wollten die Beamten „Ruhe zwischen die Fronten bringen“, hatte Polizeisprecher Ulrich Faßbender das behördliche Handeln am Montag begründet, nachdem es am Steeler Bahnhof zu einem gegenseitigen Aufwiegeln gekommen sei: zwischen vier Aktiven, die Flyer verteilten und einem Mitglied der „Steeler Jungs“, von dem sich die Gruppe verfolgt fühlte.
Darstellung der Polizei mit „aller Entschiedenheit zurückgewiesen“
Die Reaktion auf diese polizeiliche Sicht der Dinge ließ nicht lange auf sich warten: Am Dienstag wiederum sah sich die Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus“ ihrerseits zu einer „Klarstellung“ veranlasst: Die Darstellung der Polizei, es sei zu „fortgesetzten gegenseitigen Provokationen“ gekommen, weise man „mit aller Entschiedenheit zurück“. Es könne nicht sein, dass „unhaltbare Vorwürfe gegen Aktive erfunden werden, um polizeiliche Maßnahmen zu rechtfertigen“, heißt es in der Stellungnahme.
Mehr noch: Entgegen der vom Rat der Stadt am Mittwoch verabschiedeten Resolution würden die „Steeler Jungs“ durch ein derartiges Vorgehen verharmlost und „Aktive durch haltlose Anschuldigungen mit ihnen auf eine Stufe gestellt. Wir fordern von Herrn Faßbender und der Polizei Essen eine öffentliche Richtigstellung“, heißt es. Darauf werden die Verfasser der „Klarstellung“ allerdings lange warten müssen. Denn Polizeisprecher Christoph Wickhorst stellte seinerseits auf nochmalige Nachfrage klar: „Wir bleiben bei unserer Aussage.“
FDP sieht keinen Grund, an den Aussagen der Beamten zu zweifeln
Auch für die FDP im Rat der Stadt besteht „kein Grund, an den Aussagen der Beamten zu zweifeln, die von gegenseitigen Beleidigungen und Aggressionen seitens Einzelner berichten. Wir sehen besorgt einer Eskalation der Ereignisse entgegen, wenn von Seiten linker Politik jedwede Ordnungsmaßnahme mit Hinweis auf den Ratsbeschluss als unangemessen kritisiert und die Polizei hiermit diffamiert wird“, macht Eduard Schreyer, Steeler Ratsherr der FDP, deutlich.
Das EBB-FW befürchtet inzwischen, dass „nicht zuletzt durch die anhaltende mediale Aufmerksamkeit Steele als Plattform von rechts- wie linksextremen Gruppierungen missbraucht wird, um zu eskalieren und zu spalten“. Die Kritik an den „ordnungsbewahrenden und Ruhe fördernden Maßnahmen der Essener Polizei“ durch Max Adelmann vom Bündnis „Essen stellt sich quer“ und Linken-Fraktionschefin Gabriele Giesecke sprechen nach Auffassung des EBB-FW „eine sorgenvolle Sprache“, die den rechtsstaatlichen Gedanken eher schwäche als fördere.
Den Worten der Ratsresolution müssten nun Taten folgen
„Hier müssen wir alle wachsam bleiben, um den Rechtsstaat als tragende Säule unseres demokratischen Gemeinwesens nicht zu gefährden“, lautet der Appell von Kai Hemsteeg, Ratsvertreter des EBB-FW. Es werde mit Sorge gesehen, dass „Steele bleibt bunt“ mit „Essen stellt sich quer“ von einer Organisation unterstützt werde, „die linksextreme Gruppierungen in ihren Reihen toleriert, ohne sich eindeutig von deren staatsfeindlichen Positionen zu distanzieren“.
Trotz aller Kritik stellte die Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus“ klar, dass man der Polizei nicht vorwerfe, Aktive drangsaliert oder eingeschüchtert zu haben. Der „große Diskussionsbedarf“ ergebe sich nicht aus dem konkreten Vorgehen der Polizei am Donnerstag, sondern vielmehr aus der generellen Vorgehensweise in vergleichbaren Situationen. Deshalb gebe man sich „nicht mit schwammigen Aussagen des Oberbürgermeisters zufrieden“, sondern fordere eine Antwort auf den Offenen Brief an die Stadtspitze und „klare Kante“ gegen Rassisten. Den Worten der Rats-Resolution müssten nun Taten folgen.