Essen. Maxi ist zehn und hat schon die zweite Lebertransplantation hinter sich. Ein junges Leben zwischen Hoffen und Bangen.

Es war ein Tag im September 2018, als Maxis Mutter Sabine Klee dachte, „das war’s“. Ungefähr einen Monat hatte der Körper ihres zehnjährigen Sohnes zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer Spenderleber gekämpft. Nun schien der Kampf verloren. Akutes Organversagen. „Das war die schlimmste Zeit in den vergangenen Jahren“, erzählt die Mutter. Doch der starke Überlebenswille des kranken Jungen und das beherzte Eingreifen der Ärzte haben das Schlimmste verhindert. Ein vorübergehendes Happy End, von dem man nicht weiß, wie lange es andauern wird.

Als Dreijähriger hat Maxi die erste Spenderleber bekommen

Maxi heißt eigentlich Maximilian. So wird er aber nur gerufen, wenn er frech war. Was nicht häufig vorkommt, denn in erster Linie ist er tapfer und fröhlich. In der Kinderklinik des Essener Uniklinikums ist der Junge bekannt. Das liegt an seiner offenen Art, aber auch daran, dass er hier sehr viel Zeit verbringt. Ärzte und Pfleger grüßen ihn, streichen im Vorübergehen kurz über seine Haare, fragen, wie es ihm geht. „Gut!“ Natürlich. „Er würde noch nicht einmal klagen, wenn er den Kopf unter dem Arm trägt“, sagt seine Mutter.

Oberärztin Simone Kathemann (r.) erklärt Maxi und seiner Mutter Sabine Klee am Beispiel eines Modells den Aufbau der inneren Organe.
Oberärztin Simone Kathemann (r.) erklärt Maxi und seiner Mutter Sabine Klee am Beispiel eines Modells den Aufbau der inneren Organe. © Funke Foto Services | André Hirtz

Ihr Sohn hat nie erfahren, wie es ist, als gesundes Kind zu leben. „Er hatte eine angeborene Lebererkrankung – eine Gallengangatresie“, erklärt Dr. Simone Kathemann, Oberärztin in der Kinderklinik und für Lebertransplantationen zuständig. Das heißt: Die eigene Leber funktionierte nicht. Mit drei Jahren hat der Junge das erste Spenderorgan bekommen. Vor zehn Monaten dann das zweite. Hundertprozentig warm geworden ist der kindliche Körper mit den fremden Organen nicht. Knapp fünf Monate hat Maxi allein nach der zweiten Transplantation in der Klinik verbracht. Heute fährt seine Mutter regelmäßig mit ihm aus Hagen nach Essen zur Behandlung. Mit Medikamenten versuchen die Ärzte Fehlfunktionen auszugleichen. „Ich nehme jeden Tag 26 Tabletten“, erzählt der junge Patient. – Und wird von Ärztin Simone Kathemann gelobt: „Das ist eine große logistische Herausforderung. Aber die Familie ist sehr zuverlässig, und Maxi ist sehr schlau und gut informiert.“

Auf der Straße wird Maxi wegen seiner Gesichtsfarbe manchmal schräg angeschaut

Aber es gibt auch Momente, in denen Maxi die Superheldenkräfte verlassen. Wenn ihn fremde Menschen auf der Straße schräg anschauen, weil sie zwar sich selbst fragen, warum sein Gesicht einen Gelbstich hat, aber nicht den Jungen darauf ansprechen. „Das kann ich nicht verstehen“, sagt Mutter Sabine Klee, „wir erklären jedem gerne, was eine Lebererkrankung mit dem Körper macht.“ Den Alltag versucht Familie Klee so normal wie möglich zu gestalten. Maxi kann zur Schule gehen, aber nur stundenweise. Er kann radfahren, aber manchmal nur zehn Minuten. Er kann Sport machen, wird aber schnell müde und schwach. Wenn er sagt: „Für meine Freunde ist das Leben einfacher. Die haben es besser als ich und müssen nicht so oft ins Krankenhaus“, dann wirkt der Zehnjährige fast schon erwachsen und abgeklärt. Doch schnell kommen die guten Gedanken zurück. Im August fährt er mit seinen Eltern in die Reha, nach Usedom. „Ans Meer. Das ist toll. Das Haus steht direkt am Wasser.“

Es ist besonders schwierig, Organspenden für Kinder zu finden

Simone Kathemann ist Oberärztin an der Universitäts-Kinderklinik und hier unter anderem für Lebertransplantationen zuständig.
Simone Kathemann ist Oberärztin an der Universitäts-Kinderklinik und hier unter anderem für Lebertransplantationen zuständig. © Funke Foto Services | André Hirtz

Die Oberärztin erzählt, wie schwierig es ist, Organspenden zu finden. „Gerade für Kinder. Das Organ eines Erwachsenen ist zu groß.“ Im Falle einer Leber könne theoretisch auch ein nahestehender Erwachsener einen Teil seines Organs zur Verfügung stellen. Doch Maxi hatte Pech. Weder Vater noch Mutter kamen in Frage. Sensibilisiert für das Thema Organspende aber ist Familie Klee. „Natürlich haben wir Organspendeausweise“, sagt die Mutter. Seit ihr eigenes Kind ganz oben auf der Warteliste stand und es trotzdem eine nervenaufreibend lange Zeit dauerte, bis sich eine Spende fand, weiß sie, wie dringend Organspenden benötigt werden.

Und Maxi? Wenn er einen Wunsch frei hätte? Da überlegt der Junge nur kurz: „Ich möchte Lkw-Fahrer werden. Wie mein Papa.“ Bis Usedom sind es knapp 700 Kilometer. Das weiß er schon.

Tag der Organspende am 6. Juni

Beim Tag der Organspende in Essen am Donnerstag, 6. Juni, wird es einige Aktionen geben. Es geht um Fragen wie: Wie sieht ein Leben auf der Warteliste aus? Welche Ängste haben Menschen, die auf ein rettendes Spenderorgan warten? Die Stiftung „Über Leben“ begleitet die Premiere des Films „Das Leben meiner Tochter“ im Astra-Theater, Teichstraße 2.

Die Filmvorführung beginnt um 19.30 Uhr, Einlass ist ab 18.30 Uhr.

Nach dem Film diskutieren Vertreter der Stadt Essen, der Universitätsmedizin und andere Experten mit dem Publikum. Der Essener Tag der Organspende knüpft an den bundesweiten Aktionstag vom 1. Juni an.