Essen. . „Berthold Beitz - ein unruhiges Leben“ nimmt die 1970er Jahre in den Fokus, als der Vorsitzende der Essener Krupp-Stiftung um seine Macht rang.
Es war nur eine Frage der Zeit, und ab Montag beginnen nun die Dreharbeiten: Das lange Leben von Berthold Beitz, dem 2013 verstorbenen Vorsitzenden der Krupp-Stiftung, wird zum Filmstoff. Die Produktionsfirma „Zeitsprung Pictures“, die schon TV-Dramen wie „Contergan“ und „Der Fall Barschel“ realisierte, hat sich den komplexen Stoff vorgenommen, voraussichtlich Mitte kommenden Jahres wird das Ergebnis in der ARD zu sehen sein. Verpflichtet wurden namhafte Schauspieler, die Titelrolle etwa übernimmt mit Sven-Eric Bechtolf ein Charakterkopf, der Beitz durchaus ähnelt. Gesucht werden für die Drehtage in Essen aber auch Komparsen.
Interessanterweise werden es die 1970 und 1980er Jahre sein, die im Mittelpunkt des Films stehen, eine Zeit, in der Beitz um seine Macht bei Krupp ringen musste. Das Traditionsunternehmen befand sich spätestens mit dem Tod von Alfried Krupp 1967 in einer langwierigen Finanzkrise. Beitz hatte zwar durch Alfrieds Testament und die Eigentümerrechte der Stiftung formell großen Einfluss. Faktisch aber hatten über Jahre die Banken das Sagen, die Krupp mit einem hohen Kredit aus der Patsche geholfen hatten und bei denen Beitz wenig Vertrauen genoss.
Das Zerwürfnis zwischen Berthold Beitz und Golo Mann als fiktionaler Plot
In diese Zeit fiel auch eine Begegnung, die Dreh- und Angelpunkt des Films werden soll: Die Zusammenarbeit zwischen Berthold Beitz und dem literarisch ambitionierten Historiker Golo Mann. Der Sohn des Großschriftstellers Thomas Mann hatte die - wie sich herausstellte - heikle Aufgabe übernommen, eine Biografie über Alfried Krupp zu verfassen. Heikel war dies deshalb, weil Beitz sich die Interpretation über das Leben seines tief verehrten Ex-Chefs nicht aus der Hand nehmen lassen wollte.
Golo Mann soll Alfried Krupp aber deutlich kritischer gesehen haben, was zum Zerwürfnis zwischen den beiden Männern führte. Das Buch-Projekt ist vorzeitig beendet worden, ein halbfertiges Manuskript erblickte nie das Licht der Öffentlichkeit und wird bis heute von der Stiftung wie ein Staatsgeheimnis behandelt.
„Wie geht man mit deutscher Vergangenheit, wie mit dem eigenen Erbe um?“, will der Film fragen – und die Macher räumen ein, dass es an dieser Stelle fiktional wird, denn soweit bekannt haben Beitz und Golo Mann allenfalls bruchstückhaft öffentlich Rechenschaft über ihr Verhältnis gegeben.
Der Film nimmt sich die Freiheit ein eher zeitgenössisches Konflikt-Thema aufzugreifen
Das Drehbuch sieht hier ein „Duell zwischen zwei ungleichen Männern“ vor: Im Film will der verhinderte Alfried-Biograf herausfinden, warum der Judenretter Beitz nach dem Zweiten Weltkrieg als Generalbevollmächtigter bei Krupp auch mit NS-Tätern kooperierte, sie als Zeuge vor Gericht sogar verteidigte. Hier nimmt sich der Film die Freiheit, ein eher zeitgenössisches Konflikt-Thema aufzugreifen, das im Binnenverhältnis der realen Personen damals wahrscheinlich aber keine Rolle spielte, und wenn dann keine große.
Filmische Rückblicke auf Beitz’ Rettungsaktionen für jüdische Zwangsarbeiter, die er als junger Erdölmanager in den 1940er Jahren im besetzten Galizien unternahm, haben an dieser Stelle ihren natürlichen Platz. „In kaum einer Biografie spiegelt sich die Ambivalenz deutscher Nachkriegsgeschichte deutlicher, als in der von Berthold Beitz“, heißt es im Pressetext. Das erscheint übertrieben.
Die geschäftliche Zusammenarbeit mit dem Schah von Persien wird thematisiert
Beitz war in seiner Gradlinigkeit und mit seiner durchgehend politisch weißen Weste keineswegs typisch für die wechselvolle deutsche Geschichte, sondern vielmehr eine Ausnahmeerscheinung und zu Recht mit sich im Reinen. Dass er in den 1950er Jahren nicht wie ein Racheengel durch die Stahlindustrie zog, sondern pragmatisch mit NS-belasteten Personen zusammenarbeitete, ändert daran nichts. Man darf gespannt sein, wie der Film seinen dramatischen Plot umsetzt, ohne die reale Titelfigur allzu sehr zu verfremden.
„Ein wichtiges Thema im Film ist die Finanzbeteiligung des Schahs von Persien bei Krupp“, sagt Regieassistent Angel Pinar. Beitz hatte es geschafft, Krupps drückende Finanznot zu lindern, indem er 1976 dem später gestürzten Herrscher des Iran eine 25-prozentige Beteiligung an Krupp verschaffte, eine Aktion, die in Deutschland durchaus umstritten war, aber Krupp einen dreistelligen Millionenbetrag einbrachte. Geld, das dringend benötigt wurde, um das Unternehmer zu retten und damit auch die Macht von Berthold Beitz.
Die Villa Hügel stand für die Dreharbeiten nicht zur Verfügung
Wie schon bei diversen Krupp-Filmen der letzten Jahrzehnte, steht auch beim Beitz-Film die Villa Hügel leider nicht zur Verfügung. Für die Außenaufnahmen weicht die Crew ins Schloss Nordkirchen im Münsterland aus, einem Backsteinbau, der mit dem Hügel wenig gemein hat. Die Innenaufnahmen werden in der Drachenburg bei Bonn gedreht, was schon besser zum Original-Schauplatz passt. Etliche Spielszenen werden in den nächsten Monaten aber auch in Essen entstehen. Geplantes Dreh-Ende ist der 21. Juni.
So wird man Komparse beim Beitz-Film
- Wer immer schon mal die Atmosphäre eines Filmsets erleben wollte: Für die Szenen des Beitz-Films in Essen sucht die Produktionsfirma noch Komparsen, also Amateur-Schauspieler ohne Text für Auftritte im Hintergrund. Gefragt sind Männer im Alter von 25 bis 70 Jahren. Da der Film überwiegend in den 1970er Jahren spielt, werden die Komparsen das Aussehen der damaligen Zeit erhalten.
- Die Tagesgage beträgt ab 90 Euro. Interessenten senden eine Email an die Adresse komparse@p-f.tv unter Angabe von Name, Adresse, Geburtsdatum, zwei aktuellen Fotos (Porträt und Ganzkörper) sowie Handynummer.