Essen. . Tobias Materna inszeniert „Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ im Grillo. Farce formuliert Gesellschaftskritik im Gewand einer Boulevardkomödie.

Sozialamt-Abzocke als Komödienstoff: Im Grillo-Theater sorgt ab Karnevalssamstag „Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ für Lacher. Michael Cooney hat Anfang der 1990er Jahre eine Farce geschrieben, die in punkto Selbstbedienungsmentalität und Sozialsystem-Betrug immer noch aktueller ist, als manchem Jobcenter-Sachbearbeiter vermutlich lieb ist.

Ein Scheck vom Sozialamt, ausgestellt für einen längst verzogenen Untermieter, wird zum Ausgangspunkt einer florierenden Geschäftsidee, bei der erfundene Antragsteller bald so viel Sozialhilfe, Frührente, Kinder- und Wohngeld in die Kasse schwemmen, dass auch die Strippenzieher, der arbeitslose Eric Swan und sein Onkel George, die Übersicht verlieren. Bis der Mann vom Sozialamt vor der Tür steht.

Es geht um Tempo und Timing

Regisseur Tobias Materna im Szenenbild von „Cash - und ewig rauschen die Gelder
Regisseur Tobias Materna im Szenenbild von „Cash - und ewig rauschen die Gelder". © Julia Tillmann

Und obwohl das Stück gerade mal wieder ganz aktuell zu der von der SPD neu angestoßenen Debatte über einen Umbau des Sozialstaats passt, will Regisseur Tobias Materna eines nicht: Eine vordergründig aktualisierte Working Poor-Parodie vor heimeliger Ruhrgebiets-Kulisse. Dem Theatermann, der in den vergangenen Jahren unter anderem am Theater Pforzheim, in Coburg, Trier und Düsseldorf inszeniert hat, geht es vor allem um die Feinmechanik dieses gut geölten Räderwerkes namens Boulevard.

Im Grillo-Theater soll das Publikum am Karnevalssamstag die Feinschliff-Version erleben. „Denn erst wenn man es richtig fein poliert, fängt es an zu glänzen und zu strahlen. Das muss der Anspruch sein“, sagt Materna. Dafür brauche es vor allem exzellente Darsteller, schwärmt der Regisseur über das Ensemble des Schauspiel Essen, das in den vergangenen Probenwochen auch sonst eher selten abgefragte Techniken wie das „Tür auf, Tür zu“- Klappern intensiv probieren musste. Tempo und Timing seien nun mal das A und O des Boulevard: „Da geht es um Bruchteile von Sekunden“, weiß Materna.

Die Gerechtigkeitslücken im Sozialsystem

Und es geht um viel Geld, erschlichenes Geld. Doch Cooneys „Cash“ ist keine harsche Abrechnung mit den Tricks betrügerischer Habenichtse. „Cash“ ist vor allem eine Farce über die Fehlbarkeiten und Gerechtigkeitslücken des Sozialsystems. Und auch Tobias Materna würde sich wünschen, dass die Zuschauer vor allem Vergnügen an den irrwitzigen Verwirrungen, Verwechslungen und punktgenauen Pointen dieser britischen Komödie haben „und sich erst im Nachhinein mit dem eigentlich Thema des Sozialbetrugs beschäftigen“, sagt der Regisseur.

Dem Publikum den Zugang zu komplexen Themen mit Humor und Leichtigkeit zu ebnen; kurzum, sich dem bisweilen geschmähten Fach der Unterhaltung mit Lust zu widmen, das ist für den Regisseur eine gern angenommene Herausforderung. Leichte Stoffe ernst zu nehmen und trotzdem nicht altbacken zu zeigen, das probiert der Theatermacher seit einigen Jahren deshalb nicht nur erfolgreich im vermeintlich leichten Operettenfach, sondern – neben Goethe, Kleist und Shakespeare – auch auf den renommierten Sprechbühnen.

Ein großes Haus für den Humor

Dass die Briten dabei ein besonderes Geschick für diese Form der Gesellschaftskritik im humorvollen Gewand haben, soll Cooneys Stück ab Samstag unter Beweis stellen. Gespielt wird das Stück dabei in einem durchaus großzügigen und naturalistischen Bühnenbild, einem mittig durchgeschnittenen Wohnhaus mit vielen Wänden und Türen, die so ein Boulevardstück eben braucht.

>> TERMINE & TICKETS

  • „Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ hat am Samstag, 2. März, 19.30 Uhr, im Grillo-Theater Premiere. Weitere Vorstellungen gibt es am 9., 10. und 22. März sowie am 3. und 20. April. Karten unter 8122-200 und www.theater-essen.de
  • Tobias Materna wurde 1971 in Tübingen geboren. Nach dem Publizistik-Studium arbeitete er als Redakteur beim Sender Premiere, wechselte bald ans Theater, inszenierte an Bühnen von Bonn bis Wiesbaden. Zuletzt war er Leiter der Festspiele Wangen