Essen. . Gute Botschaft für die Karstadt-Mitarbeiter: Sie bleiben in der Essener Zentrale. Auch ein Jobabbau ist hier nicht geplant - im Gegenteil.

Es war am Freitag 13.30 Uhr, als sich Claudia Reinery in der Karstadt-Zentrale an der Theodor-Althoff-Straße vor die Belegschaft stellte. Reinery ist bei Karstadt für die Bereiche Einkauf, Vertrieb und Marketing verantwortlich. Karstadt-Chef Stephan Fanderl selbst war zur gleichen Zeit bei Kaufhof in Köln.

Die Stimmung unter den Mitarbeitern in Essen wie in Köln war freilich angespannt. Bis zu dem Zeitpunkt hatten sie nur aus Presse-Berichten erfahren, wie es mit der gemeinsamen Zentrale von Karstadt und Kaufhof weitergehen soll. Durchgesickert war da schon, dass Essen wie auch Köln Standort der Verwaltung bleiben soll; sie aufgeteilt wird. Nur blieb offen: Wer muss künftig aus Essen in die Domstadt ziehen? Und werden auch in Essen von den kolportierten insgesamt 1000 Arbeitsplätzen, die wegfallen sollen, Jobs abgebaut?

Karstadt-Mitarbeiter in Essen applaudieren

Reinery soll sehr emphatisch, einfühlend gesprochen haben. Vor allem über die Situation der Kölner Kollegen, denen nach der Fusion der beiden Warenhausriesen nun harte Einschnitte bevorstehen. Denn die Essener Zentrale bleibt nicht nur nahezu unangetastet. Sie wird sogar gestärkt. Bis auf den Gastro-Bereich bleiben alle Mitarbeiter in Essen. Außerdem sollen 390 Kaufhof-Mitarbeiter nach Essen kommen. Mehrfach soll Applaus aufgebrandet sein, als Reinery diese Botschaft verkündete. Und auch der Jobabbau soll Köln und nicht Essen treffen.

Die erste Hauptverwaltung hatte Firmengründer Rudolph Karstadt (1856 - 1944) nach dem Zusammenschluss mit Althoff in Hamburg bauen lassen. 1931 wählte das Unternehmen Berlin zum neuen Sitz und zog zum Alexanderplatz um. Kurz vor Kriegsende jedoch gab Karstadt wegen der Kriegswirren die Hauptverwaltung in Berlin wieder auf und ging zurück nach Hamburg, der Zentraleinkauf wurde provisorisch im Karstadt-Haus in Recklinghausen untergebracht.

Schon Ende der 1940er Jahre überlegte das Unternehmen, Verwaltung und Zentraleinkauf in Essen zusammenzuführen und hier eine Hauptverwaltung aufzubauen. 1950 begann man deshalb mit dem Anbau eines Verwaltungsgebäudes an der Rückseite des Warenhauses, am Berliner Platz.

Doch Karstadt wuchs damals so schnell, dass das Gebäude bald schon wieder zu klein wurde. Essen sollte aber schon wegen der geografisch günstigen Lage Sitz der Hauptverwaltung bleiben,. Außerdem war das Ruhrgebiet mit 29 Karstadt- und Kepa-Filialen strategisch wichtig für das Geschäft. Bundesweit gab es damals 64 Karstadt- und 64 Kepa-Filialen. Kepa war damals die Niedrigpreis-Kette von Karstadt.

1965 beginnt Karstadt mit der Planung für die neue Zentrale. Der Architekt Walter Brune legt den Entwurf für einen Flachbau vor, in dessen Inneren regelrechte „Bürolandschaften“ entstehen sollten. Deren Konzeption sollte „schon auf das Morgen vorgreifen“ und der künftigen „Organisation alle Möglichkeiten offen lassen“. 1967 feierte der Warenhausriese Grundsteinlegung und ein Jahr später Richtfest.

Am 21. August 1969 zogen die Karstädter in das Gebäude ein. Es war damals für 2000 Mitarbeiter ausgelegt.In Bredeney waren die Verwaltung, der Einkauf, das Hauptlager, die Werbeabteilung, die Dekozentrale untergebracht.Es gab zwei Casinos und eine Großküche, die täglich 2500 Mittagessen ausgeben konnte. Später wurde noch ein vierter Gebäudeteil angebaut. Die alte Zentrale und das Kaufhaus am Berliner Platz bestanden weiter und wurden erst abgerissen, als das Einkaufszentrum Limbecker Platz entstand.

Dennoch beschreiben Teilnehmer die Stimmung zwar als erleichtert aber gleichzeitig auch bedrückt. Denn die Karstädter wissen ganz genau, was nun den Kölnern bevorsteht. Die Essener haben die Konsolidierung des Warenhaus-Konzerns bereits vor ein paar Jahren, 2015, durchgemacht, als auch hier in der Zentrale über 350 von 1600 Jobs gestrichen worden waren und Karstadt zudem aus dem Flächentarif ausschied.

OB und Wirtschaftsförderung begrüßen die Entscheidung

Bis September soll offenbar der Umzug der Kölner abgeschlossen sein. Damit braucht Karstadt nach einer Schrumpfkur an der Theodor-Althoff-Straße nun sogar wieder mehr Platz. Mit dem Arbeitsplatzabbau nach der Arcandor-Pleite und der Sanierung 2015 waren die Flächen in der 1969 erbauten Zentrale in Bredeney zunächst viel zu groß geworden. Deshalb zog Karstadt seine Abteilungen zuletzt auf einen Teil der Fläche dort zusammen. Dem Vernehmen nach wurde der Mietvertrag dazu erst im Dezember unterzeichnet. Platznöte sollte es bei Karstadt nun aber nicht geben. Denn freie Büroflächen sind trotz der Verkleinerung im Gebäude selbst wohl noch vorhanden, aber auch im benachbarten Bredeneyer Büropark wäre noch Platz.

Im Essener Rathaus aber auch bei der Wirtschaftsförderung löste die Nachricht Erleichterung aus. Zumal Essen schon im Jahr 2016 zitterte, dass Karstadt nach Oberhausen abwandern könnte. OB Thomas Kufen ließ sich daher am Freitag mit den Worten zitieren: „Das ist ein großer Erfolg und ein positives Signal. Allen voran freue ich mich für die Mitarbeiter der Hauptverwaltung der Karstadt Warenhaus GmbH, weil die Entscheidung auch zeigt, dass hier gute Arbeit geleistet wird.“

Und Wirtschaftsförderer Andre Boschem erklärte: „Die Mitarbeiter am Standort Essen haben nun Klarheit, wo es nach der Fusion von Karstadt und Kaufhof weitergeht. Wir sind zuversichtlich, dass möglichst alle in Essen angesiedelten Arbeitsplätze erhalten bleiben und neue hinzukommen.“

Sorgen nicht endgültig weg

Doch auch wenn die Freude am Freitag bei den Mitarbeitern in Essen überwog, schwangen doch weiter Zukunftssorgen mit: „Das wird wohl keine finale Lösung sein“, hieß es. Zumindest könnte das für einen Teil der Belegschaft zutreffen. Denn auch in Köln sucht Karstadt/Kaufhof künftig ein neues Gebäude, um dort neben dem Gastro-Bereich auch das Digitalgeschäft anzusiedeln.