Essen. . Joachim Luger redet über den Abschied aus der Lindenstraße und die Lust, etwas Neues zu wagen. Im Rathaus-Theater wird er auch Geburtstag feiern.

33 Jahre lang war Joachim H. Luger der Vater Beimer in der Lindenstraße. Sein Serientod Anfang September hat bundesweite Schlagzeilen gemacht. Doch statt nostalgisch zu werden, hat sich der Bochumer gleich wieder in die Arbeit gestürzt. Im Rathaus-Theater steht er in der Multikulti-Komödie „Achtung Deutsch“ auf der Bühne. Und erklärt im Gespräch mit Martina Schürmann, warum er die Leute wieder zum Lachen bringen will.

Herr Luger, seit September sind Sie raus aus der Lindenstraße. Sind Sie künftig sauer, wenn man Sie weiter mit Vater Beimer anspricht?

Luger: Nein. Warum auch? Für die meisten bin ich nun mal fast 33 Jahre lang Vater Beimer gewesen und werde es wohl auch noch eine Weile bleiben. Ich bin nur irritiert, wenn Leute jetzt auf mich zukommen und sagen: Ach, Sie sind ja gar nicht tot!?! Das fühlt sich schon merkwürdig an, da manche nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden. Als Schauspieler möchte man ja nicht mit seinem eigenen Tod identifiziert werden.

Aber so ein Serientod konfrontiert schon mit der eigenen Endlichkeit.

Dieses Spüren der Endlichkeit hat ja auch die Entscheidung forciert, aus der Lindenstraße auszuscheiden. Die Zeit ist begrenzt. Und ich wollte einfach noch mal meine Nase in den Wind stecken und den Sprung ins kalte Wasser wagen. Ich hab diesen Beruf ja nicht gewählt, um Verlässlichkeit zu haben. Dann wäre ich Chemielaborant geblieben, das habe ich vor meiner Ausbildung als Schauspieler gelernt.

„Ich wäre nicht so lange in der Lindenstraße geblieben, wenn mein Herz nicht links schlagen würde“

Wie erlebt man denn sein eigenes Rollen-Ableben? Wissend, dass die halbe Fernsehnation erfahren möchte, wie Hans Beimer aus dem Leben scheidet?

Meinem Fernsehtod ging ja schon ein langer Entscheidungsprozess voraus. Der letzte Drehtag im Mai dauerte bis abends um 21 Uhr. Nach dem Abschied von meinen Kollegen habe ich mich in ein wartendes Taxi gesetzt und bin nach Dresden gebraust, wo ich morgens auf der Probebühne stand für „Wir sind die Neuen“. Da blieb gar keine Zeit für Abschiedsschmerz. Aber als jetzt die letzte Folge mit mir im Kölner WDR-Funkhaus ausgestrahlt wurde, mit 500 Gästen und 52 Musikern, die die Filmmusik zu der Folge live gespielt haben, da gab es schon Gänsehaut. Da musste ich ganz schön schlucken.

Und um den Abschiedsschmerz zu betäuben, stehen Sie gleich wieder auf der Bühne im Rathaus-Theater.

Nein, natürlich nicht. Die Lindenstraße hat zwar den größten Teil meines Berufslebens geprägt. Ich habe während meiner Zeit bei der Lindenstraße immer wieder mal Theater gespielt. Und auch 15 Jahre lang vor der Lindenstraße, unter anderem vier Jahre hier im Grillo-Theater. Aufhören werde ich wahrscheinlich erst, wenn der Kopf oder der Körper nicht mehr mitspielen.

Das Stück „Achtung Deutsch“ funktioniert dabei ein bisschen wie die Lindenstraße. Gesellschaftspolitische Themen werden ins Familiäre gezogen. Muss es davon mehr geben?

Es gibt inzwischen zumindest mehr Stücke, die meine Altersklasse bedienen. Aber ich will nicht nur Stoffe spielen, in denen Alte mit Alten umgehen. So fühl ich mich auch noch gar nicht! Und ich habe auch keine Lust mehr, Stücke zu spielen, die nur dumpf und dunkel sind. Die Menschen haben trotz aller Probleme auch ein bisschen Humor verdient. Das empfinde ich als sehr schöne Aufgabe.

Nach den Ereignissen in Chemnitz sieht man selbst so eine Multikulti-Komödie wie „Achtung Deutsch“ noch einmal anders. Haben Sie den „Wir sind mehr“-Schriftzug schon unter ihr Profilbild gezogen?

Ich bin in den letzten Tagen noch nicht dazu gekommen, Flagge zu zeigen. Aber ich wäre nicht so lange in der Lindenstraße geblieben, wenn mein Herz nicht links schlagen würde. Dort haben wir auch schon früh die Multikulti-Gesellschaft abgebildet. Ich habe damals sogar angeregt, einen türkischen Gemüsehändler in die Serie aufzunehmen. Den Gemüsehändler fanden sie dann nicht gut genug und haben einen Arzt daraus gemacht.

Am 2. Oktober werden Sie 75, hoffentlich haben Sie dann spielfrei.

Leider nicht. Aber am 3. Oktober ist eine Nachmittagsvorstellung und danach gibt es hier im Rathaus-Theater eine Geburtstagsfeier mit Kollegen und Freunden. Und vor allem mit meiner Frau, die mir seit fast 40 Jahren den Text abhört.

Informationen zu den Vorstellungen

Die Multikulti-Komödie „Achtung Deutsch“ ist bis zum 14. Oktober im Rathaus-Theater, Porscheplatz, zu sehen. Vorstellungsbeginn: Di bis Sa 19.30 Uhr, So und Feiertag 18.30 Uhr. Der 9. und 11. Oktober sind spielfrei.

Tickets (20 bis 27 Euro) unter Tel. 24 555 55 oder online unter www.theater-im-rathaus.de