Essen. . Für acht Leser öffnen sich die Pforten des Essener Briefzentrums. Rund drei Millionen Briefe werden im Stadtteil Vogelheim an einem Tag sortiert.

In der Handtasche von Kerstin Küppers steckt ein kleiner weißer Umschlag. Er soll morgen schon beim Empfänger sein und an einem Briefkasten kommt die Essenerin nicht mehr vorbei.

Sie hat, wie sieben andere Zeitungsleser, noch einen Termin. Passenderweise öffnen sich diesmal die Pforten des Essener Briefzentrums. Drei Millionen Poststücke werden dort jeden Tag bearbeitet und weiter geschickt.

Im Essener Briefzentrum regnet die Post vom Himmel

Dicht gedrängt steht die kleine Gruppe Leser vor der Laderampe. Dort, wo eigentlich ein LKW andockt, klafft ein großes Loch. Und das, obwohl „von viertel nach sechs bis halb neun hier die Post abgeht“, weiß Niederlassungsleiter und Geschäftsführer Karl-Heinz Behrens. Zu der Zeit kommen in Essen die Briefe aus den anderen Postzentren an – in gelben Kisten versteht sich.

Die Sortieranlage ähnelt einem außerirdischen Flugobjekt. Die teilt die Briefe einzelnen Städten zu.
Die Sortieranlage ähnelt einem außerirdischen Flugobjekt. Die teilt die Briefe einzelnen Städten zu. © Christof Köpsel

In einer von denen landet auch Kerstin Küppers Brief. „Ich bin gespannt wie es nun weiter geht. Ich habe mich immer gefragt, was mit den Briefen passiert, wenn ich sie eingeworfen habe“, sagt die Essenerin. Ganz einfach, sie regnen vom Himmel auf die Sortiertische.

„Manchmal fallen auch Portemonnaies mit herunter. Die Finder werfen sie in den Briefkasten“, erklärt Boris Dräger, der als Controller in Vogelheim arbeitet und die Gruppe durchs Zentrum führt.

Herrenlose Briefe werden nach Hinweisen durchsucht

In Essen bleiben die Fundstücke nicht. Gemeinsam mit unzustellbaren Briefen kommen sie nach Marburg. Dort ermitteln, vom Postgeheimnis befreite Mitarbeiter, die Heimat von Geldbörsen oder herrenlosen Briefen. „Der Job klingt spannend. Post öffnen und sie nach Hinweisen durchsuchen“, sagt Küppers. Geöffnet wird im Essener Briefzentrum nichts.

Selbst, wenn es kein Briefgeheimnis gäbe, hätten die 360 Mitarbeiter auch gar keine Zeit zu stöbern. Sie sind damit beschäftigt die Briefe vorzusortieren und die Maschinen mit ihnen zu füttern. „Ich bin überrascht, wie viele Menschen hier noch arbeiten. Es geht eben nicht alles automatisch“, freut sich Leserin Ruth Schafstall.

Jede Sauklaue ist lesbar

Alles können die Mitarbeiter jedoch nicht leisten. Ein menschliches Augenpaar bräuchte zu viel Zeit, um die Adressen der Empfänger auf dem Brief auszumachen. Dafür ist maschinelle Unterstützung nötig.

Die Post wird nach den Laufwegen der Boten sortiert

Im Briefzentrum wird die Post bereits nach den Laufwegen der Zusteller sortiert . Wenn die Mitarbeiter ihre Wagen, Räder oder Karren im Stadtteil beladen, müssen sie einfach nur noch die Post am Briefkasten herausziehen und einwerfen.

Die gelben Kisten, in denen die Briefe durchs Zentrum fahren, legen an einem Abend rund drei Kilometer auf Fließbändern zurück. Dann landen sie wieder auf einem LKW.

Das Herz des Briefzentrums erinnert an ein außerirdisches Flugobjekt. Sensoren im Inneren der Maschine suchen die Adresse auf dem Umschlag, lesen sie aus und sortieren die Briefe städteweise. Zehntausende von Poststücken werden so in einer Stunde unter die Lupe genommen.

Aber was ist, wenn der Schreiber eine Sauklaue hat? „Wir schicken dann ein Bild in Echtzeit zu menschlichen Kollegen nach Düsseldorf. Die entziffern jede noch so schlechte Handschrift“, erklärt Boris Dräger. Kerstin Küppers muss sich keine Sorgen um ihre Handschrift machen. Sie ist geübte Briefeschreiberin: „Das ist einfach viel persönlicher und schöner.“