Essen. In der kommenden Woche soll der Aufnahme-Stopp für Ausländer bei der Essener Tafel aufgehoben werden. Entscheidung hatte für Kontroverse gesorgt.

Der Vorstand der Essener Tafel hat den umstrittenen Aufnahmestopp für Ausländer gekippt. Voraussichtlich ab Mittwoch, 11. April, gibt der Verein auch an Bedürftige ohne deutschen Pass wieder Berechtigungskarten für Lebensmittel aus. Neue Kunden werden einmal pro Woche aufgenommen. „Erstmal ist die Tür wieder offen für jedermann. Wir haben freie Plätze“, sagte der Vorsitzende der Tafel, Jörg Sartor, im Anschluss an die rund einstündige Sitzung des fünfköpfigen Vorstandes am Dienstag.

Am Mittwochnachmittag, 4. April, sollen zunächst die Mitarbeiter der elf Außenstellen der Tafel über Details informiert werden. Anschließend will der Vorstand auf seiner Internetseite (www.essener-tafel.de) bekannt geben, wie in Zukunft bei der Vergabe von Berechtigungskarten verfahren wird. Erst damit tritt der Beschluss laut Sartor in Kraft.

Besonders Bedürftige sollen bevorzugt aufgenommen werden

Nach Sartors Worten orientiert sich der Vorstandsbeschluss an jenen Zielen, auf die sich der Verein bereits Mitte März an einem von Sozialdezernent Peter Renzel moderierten runden Tisch mit Vertretern von Wohlfahrtsverbänden und Migrantenvereinen verständigt hatte. Demnach sollen besonders Bedürftige wie Senioren, Alleinerziehende, Familien mit Kindern und Alleinstehende über 50 Jahre bevorzugt aufgenommen werden – sollte es abermals zu „Engpässen“ kommen. Schwerbehinderte Bedürftige sollen zudem nicht ein Jahr aussetzen müssen, bis sie abermals eine Bezugskarte erhalten.

Kritik an Entscheidung von Essener Tafel

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    Erst einmal werden ab der kommenden Woche aber auch alleinstehende, junge Erwachsene ohne deutschen Pass wieder als Neukunden aufgenommen. Sartor will nach eigenen Worten nun genau beobachten, wie sich das Zahlenverhältnis zwischen deutschen und nicht-deutschen Kunden entwickelt.

    Als der Vorstand Mitte Dezember vergangenen Jahres beschloss, vorübergehend keine Ausländer mehr aufzunehmen, lag deren Anteil unter den Tafel-Kunden laut Sartor bei 75 Prozent. Eben das war der Grund dafür, vorläufig keine Ausländer mehr aufzunehmen und nicht etwa ein „Engpass“ bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Mittlerweile sei der Ausländer-Anteil auf unter 50 Prozent zurückgegangen. „Wir hatten ein Problem. Im Moment ist das Problem wieder beseitigt“, sagt Sartor.

    „Der Tropfen hätte auch in Marxloh, in Hamburg oder Berlin in das Fass fallen können“

    Der Aufnahmestopp hatte in Politik und Medien ein lautstarkes Echo ausgelöst. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich – und bezeichnete den Beschluss der Essener Tafel als „nicht gut“. Jörg Sartor nahm und nimmt sich davon nichts an. Würde er vor die Wahl gestellt, sagte er: „Die Entscheidung würde ich heute wieder so treffen. Mit allem Aua.“

    Dass die Essener Tafel bundesweit eine Diskussion über Sozialpolitik und Integration angestoßen hat, bezeichnet der Vorsitzende der Tafel als Zufall. „Der Tropfen hätte auch in Marxloh, in Hamburg oder Berlin in das Fass fallen können.“ Es sei das Verdienst der Medien, die das Thema aufgegriffen hätten. Inzwischen seien ihm sogar jene dankbar, die vorher mit beiden Armen auf ihn eingeschlagen hätten. „Dazu zähle ich auch meinen eigenen Dachverband.“

    Neue Karten gibt die Tafel immer mittwochs ab neun Uhr aus. Am Mittwoch, 4. April, dürften Ausländer ein letztes Mal abgewiesen werden.

    Informationen zur Essener Tafel

    Wie viele Menschen erreicht die Essener Tafel?

    In 13 Verteilstellen gehen die Lebensmittel jede Woche an rund 6000 Menschen. Die Tafel beliefert darüber hinaus nach eigenen Angaben knapp 110 soziale und karitative Einrichtungen wie Mittagstische in sozialen Brennpunkten oder Anlaufstellen für Obdachlose mit weiteren rund 10 000 Menschen. Bundesweit verteilen die Tafeln die Lebensmittel regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige.

    Wer macht die Arbeit?

    In Essen sind es 120 ehrenamtliche Helfer, die Lebensmittel sammeln, sortieren und verteilen. Die Waren werden von Lebensmittelmärkten, Produzenten, Großhändlern und Bäckereien gespendet. Mit sechs Kühlfahrzeugen sammeln die Ehrenamtlichen die Waren ein und bringen sie zu den Ausgabestellen.

    Wer darf zur Essener Tafel gehen?

    Jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann: Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. In Essen erhalten die Kunden nach erfolgreicher Anmeldung eine Kundenkarte und eine feste Abholzeit einmal in der Woche. Bei der Anmeldung muss sich der Kunde entscheiden, an welcher der Verteilstellen er die Lebensmittel erhalten möchte. Jeder Erwachsene muss pro Ausgabe einen Euro Schutzgebühr bezahlen. Wer seinen Termin nicht einhalten kann, muss sich telefonisch abmelden. Wer das drei Mal versäumt, verliert die Berechtigung. (dpa)

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