Essen. . Norbert Jardin, Vorstand des Ruhrverbandes, wäre nicht überrascht, sollten resistente Keime in der Ruhr nachgewiesen werden. Kampagne klärt auf.
In Niedersachsen wurden kürzlich in mehreren Badeseen Keime nachgewiesen, denen Antibiotika nichts anhaben konnten. Die Erreger erwiesen sich als resistent gegen Arzneimittel, die sonst so wirkungsvoll Infektionen bekämpfen. Und wie steht es um heimische Gewässer? „Wir wissen im Augenblick nicht, wo wir stehen“, sagt dazu Norbert Jardin, Technischer Vorstand des Ruhrverbandes. Sollten auch im Ruhrwasser multiresistente Keime nachgewiesen werden — Jardin würde es nach eigenen Worten nicht überraschen.
Gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Kufen und Uli Paetzel, dem Vorstand der Emschergenossenschaft, zog Jardin am Montag aus Anlass des bevorstehenden Weltwassertages am 22. März eine Zwischenbilanz von „Essen macht’s klar“. Ziel der gleichnamigen, vom Landesumweltministerium finanzierten Kampagne ist es, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass Medikamente nichts im Trink- und Oberfächenwasser zu suchen haben. Jeder einzelne könne dazu beitragen, dass sie gar nicht erst ins Wasser hinein gelangen.
Kläranlagen können Keime nicht komplett herausfiltern
Die Meldungen aus Niedersachsen über multiresistente Erreger in Gewässern sind für Jardin Beleg dafür, dass Aufklärung dringend Not tut. Als Verursacher gilt die Landwirtschaft; Antibiotika werden in der Massentierhaltung verfüttert. Bundesweit sind es 1200 Tonnen pro Jahr. Doch auch durch menschliche Ausscheidungen geraten Medikamenten-Rückstände ins Abwasser und letztlich ins Trinkwasser. 800 Tonnen Antibiotika werden jährlich in der Humanmedizin verabreicht. Die Kläranlagen sind jedoch nicht in der Lage, Keime komplett herauszufiltern. Die Anlagen technisch nachzurüsten, würde Abermillionen kosten. Mit der Folge, dass die Gebühren wohl um 10 bis 20 Prozent steigen würden, schätzt Uli Paetzel von der Emschergenossenschaft.
Dass multiresistente Erreger zu schwerwiegenden Erkrankungen führen können, ist bekannt. Menschen mit Vorerkrankungen, Ältere und Neugeborene sind besonders gefährdet. Ausgerechnet in Krankenhäusern besteht eine erhöhte Ansteckungsgefahr. Aber wie gefährlich sind solche Keime im Wasser? „Nach allen Erkenntnissen, die wir haben, besteht für die Bevölkerung keine Gefahr“, betont Paetzel. Antworten verspricht sich nicht nur die Wasserwirtschaft von einem laufenden Forschungsprojekt an der Universität Bonn. Dass Land NRW beabsichtige zudem im kommenden Jahr in Oberflächengewässern standardisierte und damit vergleichbare Messungen durchzuführen.
Medikamente nicht in der Toilette entsorgen
So lange legt sich „Essen macht’s klar“ ins Zeug und wirbt dafür, Medikamente nicht in der Toilette zu entsorgen und „eine Grippe auch mal auszukurieren“. Ob die Aufklärung Früchte trägt, wollen die Initiatoren mit Hilfe von Umfragen herausfinden. Essen ist dabei Pilotstadt. Im besten Fall, so OB Kufen, soll das Projekt auf andere Großstädte übertragen werden.