Essen. Nach dem Anschlag auf ein türkisches Café in Essen ist nun auch der zweite Prozess beendet – mit Bewährungsstrafen, Verwarnung und Freispruch.
Mit Bewährungsstrafen, einer Verwarnung und einem Freispruch endete am Dienstag auch der zweite Kurdenprozess um den Anschlag auf ein türkisches Café in Essen-Kray. Verletzt worden war bei der Attacke am 4. November 2016, bei der auch Brandsätze geworfen wurden, niemand.
Vor allem der erste Kurdenprozess, den die V. Jugendstrafkammer an rund 50 Verhandlungstagen führte, hatte das Landgericht vor große organisatorische Herausforderungen gestellt. Anfangs 18 zum Großteil inhaftierte Angeklagte mit insgesamt 39 Verteidigern, die zahlreiche Befangenheitsanträge gestellt hatten, erlaubten keine entspannte Atmosphäre. Bis zu viereinhalb Jahren Haft verhängten die Richter.
Mit Metallzylindern warfen sie Scheiben ein, es flogen Molotowcocktails
Der zweite Kurdenprozess vor der XXIV. Jugendstrafkammer lief dagegen seit seinem Start am 25. September 2017 weit sachlicher ab. Es waren auch eher die Mitläufer der Kurdenszene, über deren Tatbeteiligung dieses Gericht zu entscheiden hatte. Am 4. November 2016 hatte eine Gruppe von rund 20 jungen Menschen kurdischer Herkunft vermummt das Café in der Hubertstraße angegriffen. Mit Metallzylindern warfen sie Scheiben ein, es flogen Molotowcocktails. Einer davon landete in der Gaststube, wurde aber von den Gästen schnell ausgetreten.
Die Ermittlungen hatten schnell zu den ersten 18 Verdächtigen geführt. Vernehmungen brachten die Polizei dann auf die Spur der sechs Angeklagten, vier männliche und zwei weibliche Jugendliche, die jetzt ihr Urteil bekamen.
Angeklagten waren nicht an der Planung des Anschlags beteiligt
Richterin Karin Maiberg stellte in der Urteilsbegründung klar, dass die Angeklagten nicht an der Planung des Anschlags beteiligt waren. Sie seien durch Mundpropaganda auf die politisch motivierte Aktion aufmerksam geworden und hätten sich den eigentlichen Planern angeschlossen.
Die Anklage hatte noch auf versuchten Mord gelautet. Aber dafür gab es keine Beweise. Laut Urteil ist nach 22 Verhandlungstagen davon auszugehen, dass die Brandsätze lediglich vor dem Haus an der Fassade brennen sollten. Die Scheiben seien eingeschlagen worden, um zu erschrecken. Geplant gewesen sei auch, dass man sich mit den Gästen des Cafés „boxen“ wollte. Dass ein Brandsatz ins Innere gelangte, sei ein „Fehlwurf“ gewesen, den man niemandem zuordnen könne.
Versuchte gefährliche Körperverletzung
Verurteilt wurde der Großteil der Angeklagten am Dienstag für eine versuchte gefährliche Körperverletzung und für Landfriedensbruch. Die Kammer verhängte bis zu einem Jahr Jugendstrafe mit Bewährung und blieb damit unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die bis zu zwei Jahren Jugendstrafe, ebenfalls mit Bewährung, gefordert hatte.
Von Verteidigerseite war die angebliche Unterdrückung der Kurden angesprochen worden. Davon wollte die Kammer aber nichts hören, schließlich lassen sich damit keine Straftaten in Deutschland begründen. Richterin Maiberg: „Zur politischen Situation in der Türkei können und wollen wir nichts sagen.“ Klug überlegt schien die Tat der Kammer offenbar nicht: „Uns wurde nicht ganz klar, warum ausgerechnet dieses Café ausgewählt wurde. Ob das daran lag, weil drinnen ein paar Atatürk-Fahnen hingen?“