Essen. Fünf Männer müssen nach einem Anschlag auf ein türkisches Café in Essen-Kray ins Gefängnis. Gericht übt Kritik am Verhalten der Verteidiger.

Mit scharfer Kritik des Gerichtes am Prozessverhalten einiger Verteidiger ging am Freitag vor dem Landgericht Essen der Mammutprozess um den Brandanschlag auf ein türkisches Cafe in Essen-Kray mit anfangs 18 Angeklagten zu Ende. Die V. Jugendstrafkammer verhängte bis zu viereinhalb Jahren Gefängnis wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Verletzt worden war bei dem Attentat am 4. November 2016 niemand.

Richter Volker Uhlenbrock sprach in der Urteilsbegründung von einem „Angriff 20 Vermummter auf vermeintlich politisch Andersdenkende“. Wie schon die Staatsanwaltschaft stufte auch das Gericht die Tat nicht mehr als versuchten Mord ein, wie noch die Anklage gewertet hatte. Das Urteil lautete auf versuchte gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch.

Polizei bei der Urteilsverkündung in Essen vor Ort

Die Polizei sicherte das Urteil, auch weil in dieser Woche eine Demonstration gegen das Verfahren angemeldet worden war. Doch statt der 50 angekündigten Demonstranten standen vor dem Gericht nur acht Menschen, die auf Transparenten vor einer angeblichen Diskriminierung der Kurden warnten.

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Zu Beginn der Urteilsbegründung sprach Richter Uhlenbrock die Prozessatmosphäre an. Sie habe gerade zu Beginn die Sachaufklärung erschwert, fast unmöglich gemacht. Er übte auch Selbstkritik, bescheinigte sich selbst manchmal „vorschnelle Reaktionen“ oder unnötige Schärfe.

Verteidiger wirft Kammer Nazi-Methoden vor

Die Hauptschuld gab die Kammer aber „Teilen“ der Verteidigung. Viele Anträge hätten nichts mit der Sache zu tun gehabt. Etwa wenn es um die Größe der Tische für die Verteidigung gegangen sei und zur Begründung sogar die Arbeitsstättenverordnung herangezogen worden sei. Uhlenbrock: „Reiner Klamauk.“

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Tief getroffen hat die Kammer auch, dass ein Essener Verteidiger sie in die Nähe von Strafprozessen in Nazi-Deutschland oder Russland gerückt habe, andere ihr Rassismus und Verfassungsbruch vorgeworfen hätten. Dieses Verteidigerverhalten habe dazu geführt, dass auch einige Angeklagte und Zuhörer den Respekt gegenüber dem Gericht hätten vermissen lassen. Wer wolle es der Kammer da verdenken, dass sie mit Ordnungsstrafen reagiert habe, sagte er.

Situation der Kurden in der Türkei rechtfertige Anschlag nicht

Das Gericht habe durchaus kritische Fragen zur Situation der Kurden gestellt, erinnerte Uhlenbrock. Und weiter: „Nach allem, was wir wissen, werden di e Rechte der Kurden in der Türkei beschnitten.“ Das rechtfertige aber keine gewalttätigen Aktionen in Deutschland, betonte er.

Das am 7. Juli 2017 gestartete Verfahren, an dem 18 Angeklagte und 39 Verteidiger teilgenommen hatten, endete zum Teil bereits in den letzten Wochen und Monaten mit insgesamt sechs Freisprüchen. Am Freitag kam ein siebter hinzu, weil dem Angeklagten die Anwesenheit am Tatort nicht nachzuweisen sei.

Sechs Angeklagte erhalten Jugendstrafen

Sechs Angeklagte bekamen am Freitag Jugendstrafen mit Bewährung. Fünf müssen aber sitzen: zwischen zweieinhalb und viereinhalb Jahren, in diesem Rahmen bewegen sich die Haftstrafen. Spätestens da merkten einige Zuhörer, wie ernst gemeint das Strafverfahren ist. Kurz war lautes Schluchzen zu hören, auch ein Spruch: „Das ist doch nicht normal.“