EsseN/Mülheim. . Eine neue Betriebsvereinbarung sorgt bei der Ruhrbahn für Ärger. Laut Gewerkschaft Verdi drohen schlechtere Arbeitszeiten und höhere Belastung.
Es ist keine fünf Monate her, da war die Welt bei der Ruhrbahn für Verdi noch in Ordnung. Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte sich mit der Geschäftsführung des Nahverkehrsbetriebes auf einen gemeinsamen Tarifvertrag geeinigt. Nicht nur bei Gewerkschaftssekretär Reiner Sauer herrschte eitel Sonnenschein. Sichert der Tarifvertrag den 2500 Beschäftigten doch Kündigungsschutz bis zum Jahr 2033. Die gute Laune ist trotzdem erst einmal dahin, denn für die Mitarbeiter zeigt sich, dass die Fusion offenbar auch ihre Schattenseiten hat. Zumindest für diejenigen, die im Fahrbetrieb tätig sind.
Trotz des einheitlichen Tarifvertrages gelten bei der Ruhrbahn Essen und Mülheim unterschiedliche Betriebsvereinbarungen. Unternehmensleitung und Arbeiternehmervertretung hatten sich darauf verständigt, dass diese angeglichen werden. Die Ruhrbahn sprach von „Harmonisierung“. Doch von Harmonie kann keine Rede sein. Die Arbeitgeberseite habe dem Betriebsrat eine völlig neue Betriebsvereinbarung vorgelegt, so Rainer Sauer. Mit der Folge, dass Bus- und Bahnfahrer zukünftig noch stärker belastet würden, „obwohl sie jetzt schon kaum Luft holen können“.
Betroffen wären mehr als 1000 Bus- und Bahnfahrer
Ginge es nach der Geschäftsführung, dann wären künftig Elf-Stunden-Schichten die Regel, berichtet Sauer. Das wären etwa zwei Stunden mehr als heute. Die Arbeitgeberseite schrecke offenbar nicht davor zurück, schlechtere Arbeitsbedingungen, wie sie im privaten Omnibusgewerbe gang und gäbe seien, auch bei der Ruhrbahn einzuführen. Betroffen wären 810 Bus- und Bahnfahrer in Essen und 220 in Mülheim.
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Alle bisherigen Gespräche hätten gezeigt, dass die Geschäftsführung die Personalkosten weiter verringern wolle – auf dem Rücken des Fahrpersonals. Das Ziel aller Beteiligten, dass niemand durch die Fusion benachteiligt werden dürfe, werde nicht eingehalten „und stattdessen der Sparhammer rausgeholt“. Schon jetzt seien unregelmäßige Dienste, lange Schichtzeiten und Überstunden an der Tagesordnung. Ein „Weiter-so und oben drauf noch eine Verschlechterung“ sei niemanden zuzumuten. Oberste Priorität habe die Gesundheit des Fahrpersonals sowie die Sicherheit der Fahrgäste, unterstreicht Sauer.
Der Betriebsrat will die Einigungsstelle anrufen
Die Ruhrbahn wollte sich zum Konflikt um eine neue Betriebsvereinbarung nicht äußern. Eine Sprecherin verwies auf die laufenden Verhandlungen. Bereits beim Abschluss des Tarifvertrages im vergangenen Oktober hatte das Unternehmen angekündigt, dass es trotz des weitreichenden Kündigungsschutzes darauf setze, dass sich aus der Fusion Einspareffekte ergeben. Von längeren Fahrzeiten war allerdings keine Rede.
Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung hatten sich bereits während der Fusionsgespräche darauf verständigt, im Streitfall eine Einigungsstelle unter dem Vorsitz eines neutralen Arbeitsrechtlers einzuberufen. Der Betriebsrat ist nun gewillt, diesen Schritt zugehen. „Es sei denn, die Arbeitgeberseite legt ein neues Angebot vor“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Ahmet Avsar. „Dann sind wir zu Verhandlungen bereit.“