Essen. . Essens Oberbürgermeister Kufen hat nach dem Aufnahme-Stopp für Ausländer Verständnis für die Tafel geäußert. Entscheidung sei „nachvollziehbar“.

Die Entscheidung der „Essener Tafel“ vorerst keine weiteren Bezugsscheine an Migranten zu vergeben, hat bundesweit ein Echo ausgelöst. Frank Stenglein sprach darüber mit Oberbürgermeister Thomas Kufen.

Wie ist das Vorgehen des Leiters der Essener Tafel, Jörg Sartor, aus Ihrer Sicht zu bewerten?

Thomas Kufen: Die Situation kann der Vorstand der Essener Tafel am besten selbst bewerten. Der Vereinsvorstand hat die Entscheidung getroffen, dass möglichst alle Teile der Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgt werden – so steht es übrigens auch in der Satzung und danach handelt der Verein. Ohne diese Entscheidung wäre wohl zukünftig eine sozial ausgewogene und gerechte Verteilung von Lebensmitteln nicht möglich. Ich finde die Entscheidung des Vorstands einer Begrenzung nachvollziehbar und respektiere sie.

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Handelt Herr Sartor „unmenschlich“, wie einige meinen?

Unmenschlich heißt doch herzlos oder brutal, oder? Ich kenne Herrn Sartor persönlich und weise die Unterstellung zurück. Wer die Arbeit der Essener Tafel kennt, weiß, dass das nicht stimmen kann. Der Verein organisiert seit mehr als 20 Jahren vor Ort eine Lebensmittelausgabe. Über 120 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bewahren Tag für Tag Lebensmittel vor der Entsorgung und verteilen diese stattdessen an Bedürftige. Sinnvoller wäre es vielleicht, weitere Kriterien einzuführen, wie beispielsweise Seniorinnen und Senioren, Familien mit Kindern oder Alleinerziehende früher kommen zu lassen. Die Verkürzung der Diskussion auf „Lebensmittel nur für Deutsche“ wird der Arbeit der Tafel nicht gerecht.

Könnte der Ausschluss von Nicht-Deutschen Ausdruck einer allgemeinen Überforderung sein, wie es sie auch in Essener Schulen und Kitas gibt?

Der Dauerbrenner Integration ist seit der Flüchtlingskrise nicht einfacher geworden und stellt uns alle vor große Herausforderungen. Quoten für Menschen mit und ohne Migrations- oder Flüchtlingshintergrund kommen für staatliche oder städtische Angebote und Einrichtungen wie Schulen oder Kitas nicht in Betracht.

Informationen zur Essener Tafel

Wie viele Menschen erreicht die Essener Tafel?

In 13 Verteilstellen gehen die Lebensmittel jede Woche an rund 6000 Menschen. Die Tafel beliefert darüber hinaus nach eigenen Angaben knapp 110 soziale und karitative Einrichtungen wie Mittagstische in sozialen Brennpunkten oder Anlaufstellen für Obdachlose mit weiteren rund 10 000 Menschen. Bundesweit verteilen die Tafeln die Lebensmittel regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige.

Wer macht die Arbeit?

In Essen sind es 120 ehrenamtliche Helfer, die Lebensmittel sammeln, sortieren und verteilen. Die Waren werden von Lebensmittelmärkten, Produzenten, Großhändlern und Bäckereien gespendet. Mit sechs Kühlfahrzeugen sammeln die Ehrenamtlichen die Waren ein und bringen sie zu den Ausgabestellen.

Wer darf zur Essener Tafel gehen?

Jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann: Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. In Essen erhalten die Kunden nach erfolgreicher Anmeldung eine Kundenkarte und eine feste Abholzeit einmal in der Woche. Bei der Anmeldung muss sich der Kunde entscheiden, an welcher der Verteilstellen er die Lebensmittel erhalten möchte. Jeder Erwachsene muss pro Ausgabe einen Euro Schutzgebühr bezahlen. Wer seinen Termin nicht einhalten kann, muss sich telefonisch abmelden. Wer das drei Mal versäumt, verliert die Berechtigung. (dpa)

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Update: Nach Krisensitzung am Dienstag: Der Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel bleibt vorerst bestehen. Nun soll ein Runder Tisch einberufen werden. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.