Essen. Die Essener Tafel nimmt derzeit nur noch Deutsche auf. Für Pro Asyl ein diskriminierendes Vorgehen. Der Verein äußert aber auch Verständnis.

Die Essener Tafel nimmt aktuell nur noch Deutsche als Neukunden auf. Jörg Sartor, Vorsitzender des Vereins, erklärte sein Vorgehen dieser Zeitung gegenüber damit, dass Flüchtlinge und Zuwanderer zwischenzeitlich 75 Prozent der insgesamt 6000 Nutzer ausgemacht hätten.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hält dieses Ausschlussprinzip für diskriminierend: "Die Trennung nach deutschem oder nicht-deutschem Pass ist sehr sehr ungünstig", sagt Inka Jatta, Mitglied der Geschäftsführung von Pro Asyl Essen. "Das widerspricht aus unserer Sicht dem allgemeinen Gleichbehandlungsgetz." Auch sollte jeder, der mittellos ist, Anspruch darauf haben Hilfe zu bekommen.

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Pro Asyl: Gezielter Ausschluss wäre sinnvoller

Doch der Verein verurteilt das Vorgehen der Tafel nicht rundweg. "Wir sehen, dass die Arbeit vor Ort immer mehr und schwieriger wird", sagt Jatta. Auch selbst habe man schon Erfahrungen damit gesammelt, dass Menschen sich nicht benehmen könnten - was nach Ansicht des Vereins aber besonders dann passiert, wenn sehr viele Menschen aufeinander treffen. "Es wäre angebrachter, gezielt diejenigen auszuschließen, die Probleme bereiten, anstatt generell auszuschließen", sagt Jatta.

Schon seit Januar gilt die neue Regelung der Tafel, den Essener Sozialdezernenten Peter Renzel habe man über die neue Praxis informiert. Am Freitag (23.02.) ist Renzel bei der Tafel zu Gast, will sich dort nach Auskunft der Stadt "über die Situation" informieren. Wie er zur neuen Linie der Tafel steht, ist unklar.

Stadt Essen hält sich bislang aus Diskussion heraus

Auf Nachfrage verweist die Stadt lediglich darauf, dass der Verein die Entscheidung über den Aufnahmestopp getroffen habe und damit der richtige Ansprechpartner wäre.

Im Netz kocht die Diskussion über die Entscheidung des gemeinnützigen Vereins derweil hoch. Während einige unserer Leser die Entscheidung der Tafel begrüßen, verweisen andere darauf, dass man hilfsbedürftige Menschen nicht gegeneinander ausspielen dürfe.

Informationen zur Essener Tafel

Wie viele Menschen erreicht die Essener Tafel?

In 13 Verteilstellen gehen die Lebensmittel jede Woche an rund 6000 Menschen. Die Tafel beliefert darüber hinaus nach eigenen Angaben knapp 110 soziale und karitative Einrichtungen wie Mittagstische in sozialen Brennpunkten oder Anlaufstellen für Obdachlose mit weiteren rund 10 000 Menschen. Bundesweit verteilen die Tafeln die Lebensmittel regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige.

Wer macht die Arbeit?

In Essen sind es 120 ehrenamtliche Helfer, die Lebensmittel sammeln, sortieren und verteilen. Die Waren werden von Lebensmittelmärkten, Produzenten, Großhändlern und Bäckereien gespendet. Mit sechs Kühlfahrzeugen sammeln die Ehrenamtlichen die Waren ein und bringen sie zu den Ausgabestellen.

Wer darf zur Essener Tafel gehen?

Jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann: Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. In Essen erhalten die Kunden nach erfolgreicher Anmeldung eine Kundenkarte und eine feste Abholzeit einmal in der Woche. Bei der Anmeldung muss sich der Kunde entscheiden, an welcher der Verteilstellen er die Lebensmittel erhalten möchte. Jeder Erwachsene muss pro Ausgabe einen Euro Schutzgebühr bezahlen. Wer seinen Termin nicht einhalten kann, muss sich telefonisch abmelden. Wer das drei Mal versäumt, verliert die Berechtigung. (dpa)

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Update: Nach Krisensitzung am Dienstag: Der Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel bleibt vorerst bestehen. Nun soll ein Runder Tisch einberufen werden. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.