Essen. . „Schwanensee“ im Aalto: Die ehemalige Primaballerina Monique Janotta studiert den Ballettklassiker mit Tänzerinnen der Aalto-Compagnie ein.
Mit „Schwanensee“ kam 1877 in Moskau das romantische Ballett schlechthin auf die Welt. Berühmt wurde die von Tschaikowskis Musik getragene Geschichte um Liebe, Treue und Verrat aber erst 1895 mit der Choreographie von Marius Petipa. 50 Jahre später kam Monique Janotta in Paris auf die Welt und erarbeitete sich den Rang einer Primaballerina. 72 Jahre später gibt sie ihr Wissen vom unzählige Male getanzten „Schwanensee“ an das Aalto-Ballett weiter, das den Klassiker in der Version von Ben Van Cauwenbergh zeigt.
Sie gehörte dem Ballet du Grand Ballet du Marquis de Cuevas an, wo Serge Golovine ihr Lehrmeister war, und dem Grand Ballet Classique de France. Als Erich Walter sie 1970 mit 25 für „Giselle“ von der Seine an die Deutsche Oper am Rhein holte, wollte sie nur ein Jahr bleiben. Doch die Möglichkeiten als Erste Solistin waren zu reizvoll und er wurde ihr Mentor. „Er lehrte mich nicht nur Schritte, sondern auch schauspielerische Interpretation.“ Sie blieb ein ganzes Ballettleben und tanzte die großen Partien von „Romeo und Julia“ bis zu „Coppélia“, von „Nussknacker“ bis „Schwanensee“.
Mit 52 wurde sie Ballettmeisterin
„Erich Walter war so klug, sich damals eine klassische Ballettmeisterin an seine Seite zu holen. Rujena Mazalova war so stark, so hart und hat so toll mit mir gearbeitet. Ich habe ihre Worte noch in mir“, sagt die Französin mit unverwechselbarem Akzent. Sie erinnert sich noch genau an ihre Auftritte in der Doppelrolle als Odette/ Odile. „Es ist ein sehr schwieriges Stück und soll so leicht aussehen. Am Ende war man kaputt, aber es war schön. Für mich war die Bühne befreiend.“
Mit Glen Tetley und Heinz Spoerli kamen neue Herausforderungen. Hans van Manen und Jiří Kylián kreierten Partien für sie, Uwe Scholz schuf für sie die weibliche Hauptrolle in seinem Ballett „Wagner“. „Ich hatte das Glück, immer die richtigen Leute zu treffen“, erklärt sie ihren Erfolg. Die gute Konstitution ihres Körpers und die Liebe zu ihrem Mann Vladimir Karakulev taten ein Übriges. Mit 52 hörte sie mit dem Tanzen auf und machte als Ballettmeisterin weiter. Bis heute trainiert sie Compagnien von Düsseldorf bis Salzburg.
Begehrter Ballettklassiker
Das Ballett „Schwanensee“ in der modernen Version von Stephan Thoss war zuletzt 2006 im Aalto-Theater zu sehen. Entsprechend heiß begehrt ist der Klassiker choreographiert von Ben Van Cauwenbergh nach Marius Petipa. Die Premiere am 27. Januar sowie Termine bis Anfang März sind ausverkauft.
Die Hauptpartien tanzen Mika Yoneyama (Odette/ Odile), Liam Blair (Prinz Siegfried) und Moisés León Noriega (Rotbart). Bühne und Kostüme sind von Dorin Gal. Die Musik von Tschaikowski spielen die Essener Philharmoniker unter Leitung von Johannes Witt.
Karten unter: 8122 200
Jetzt ist Monique Janotta in Essen zu Gast. „Sie ist so leise im Ballettsaal. Trotzdem bekommt sie die ganze Aufmerksamkeit“, so Ballett-Intendant Ben Van Cauwenbergh, der sie für „Schwanensee“ gewonnen hat. „Ich habe Tänzern immer gern geholfen. Ich bin nicht streng, aber ich weiß, was ich will, und weiß, es zu erreichen“, erklärt sie ihre pädagogischen Fähigkeiten und lobt die hiesigen Tänzer: „Sie sind toll. Sie sind jung und hören gut zu. Ich möchte in meinem Alter nicht mit Leuten arbeiten, die keine Lust haben.“
Sie hat große Lust - zu arbeiten und ihren Erfahrungsschatz zu teilen. Vor allem über die extreme Verwandlung der Odette/ Odile, die hier von einer Tänzerin verkörpert wird. „Odette ist fragil, sehr feminin und hat etwas Majestätisches. Sie braucht mehr diese weiche Seite. Odile dagegen ist raffiniert, ein richtiges Biest. Es ist eine fantastische Rolle, die Gut und Böse vereint“, erläutert sie die Partie. „Wenn du ,Schwanensee‘ tanzen kannst, kannst du alles tanzen. Wenn du es richtig gut tanzen kannst, ist es ein Traum.“
Ballettchef Ben Van Cauwenbergh über die Schwierigkeit, „Schwanensee“ auf die Bühne zu bringen
Im zehnten Jahr als Chef des Aalto-Balletts stellt sich Ben Van Cauwenbergh einer besonderen Herausforderung. Er choreographiert mit „Schwanensee“ nach Marius Petipa den wohl berühmtesten Ballettklassiker. Technische Finessen, ein großes Aufgebot an Tänzern und finanzielle Grenzen schrecken ihn nicht. Dagmar Schwalm sprach mit dem Intendanten.
Wann kamen Sie erstmals mit „Schwanensee“ in Berührung?
In den 80er Jahren habe ich den Prinzen als Gast in Hannover und sehr oft in London getanzt. Wenn ein Tänzer die Physis hat, ist es ein absolutes Muss im Repertoire.
Wie ist das Befinden beim Choreographieren des Meisterwerks?
Ich habe einen riesigen Respekt davor und fühle mich wie der Restaurator eines Rubens. Wenn man einen Fehler macht, ist es ruiniert.
Was ist das Schwierige an dieser Produktion?
Wir sind nicht New York oder Moskau. Es sind die großen Compagnien, die sich das leisten können - vom Geld her und von der Quantität der Tänzer. Eigentlich braucht man 40 Schwäne, wir haben 18 Schwäne von rund 30 Tänzern. Sechs Mädchen haben wir zusätzlich engagiert. So eine Produktion kostet auch. Wir verfügen über 60 Prozent des Geldes, das wir uns gewünscht haben, da Sponsoren abgesprungen sind.
Aber auch technisch ist „Schwanensee“ diffizil.
Der dritte Akt ist technisch anspruchsvoll. Aber mir ist der zweite Akt wichtiger. Er ist sensibler und muss im Detail stimmen. Ich bin froh, dass wir Monique Janotta haben, die uns bei den weißen Akten hilft.
Was haben Sie verändert?
Dass sich ein Mensch in einen Schwan verliebt, fand ich schwierig. Aber im Traum geht das. Der Prinz feiert seinen Geburtstag, lernt Odette und Odile kennen. Er schläft ein. Da beginnt „Schwanensee“ mit dem Magier Rotbart, der Odette in einen Schwan verwandelt hat. Nur im ersten Akt und am Schluss gibt es den Handlungsspielraum für Veränderungen.
Oft findet das Ballett in den unterschiedlichen Deutungen ein tragisches Ende. Wie ist es bei Ihnen?
Für mich ist es ein Märchen mit Happy End. Er ertrinkt, wacht auf, sie treffen sich wieder und es ist Liebe auf den ersten Blick.