Essen. Auf dem Gelände eines alten Sportplatzes an der Erbslöhstraße soll eine Gesamtschule gebaut werden. Kritiker der Idee melden sich zu Wort.
Der überraschende Plan der Stadtverwaltung, an der Erbslöhstraße eine neue Gesamtschule zu errichten, erntet Zustimmung, aber auch Verwunderung und bittere Kritik. Wie berichtet, soll auf einem ehemaligen Sportplatz in der Nähe des Berthold-Beitz-Boulevards ein Gebäude entstehen, das zunächst als Ausweich-Quartier für die Gesamtschule Bockmühle in Altendorf dienen soll.
Diese soll abgerissen und neu gebaut werden. Später soll das Gebäude an der Erbslöhstraße in Altenessen-Süd dann als eigenständige, achte Gesamtschule im Stadtgebiet arbeiten.
Bei diesem Plan handelt es sich um einen Vorstoß der Stadtspitze. Sämtliche Gremien im Rathaus müssen sich mit dem Vorgang erst beschäftigen und die Sache am Ende beschließen.
Kritik am Vorgehen: „Demokratische Prinzipien unterwandert“
Kritik gibt es vor allem für das Vorgehen: „Hier werden Fakten geschaffen und demokratische Prinzipien der Mitbestimmung unterwandert“, sagt Janine Laupenmühlen (SPD), die Vorsitzende des Schulausschusses. „Dass das zu Widerstand vor Ort führt, ist doch klar. Niemand wurde vorher über die Pläne informiert, die man jetzt aus den Medien erfährt.“
Tatsächlich zeigt sich auch der Bezirksbürgermeister des Stadtbezirks V, zu dem Altenessen-Süd gehört, einigermaßen verwundert über die Nachrichten von den Gesamtschul-Plänen für die Erbslöhstraße: „Für das Gelände war ursprünglich eine Wohn-Bebauung geplant. Außerdem soll die Fläche erst als Ausweich-Parkplatz für die Firma Opta-Data dienen. Dass jetzt etwas anderes kommen soll, hätten wir gerne vorher gewusst. So geht man eigentlich nicht miteinander um“, sagt Hans-Wilhelm Zwiehoff (SPD).
Stadt: Gewählter Standort eignet sich gut
Schul- und Sozialdezernent Peter Renzel, der das Bildungs-Ressort im neuen Jahr an den neuen Dezernenten Muchtar Al-Ghusain abgibt, rechtfertigt den Vorstoß der Stadtspitze: „Die Auswertung der Wohnorte der Schüler ergibt, dass der Standort Erbslöhstraße von allen derzeit zur Verfügung stehenden Standorten der bestmögliche ist.“
Aus Altenessen-Süd würden besonders viele Kinder eine Gesamtschule besuchen. Der gewählte Standort sei durch die U-Bahn-Station gut angebunden. Die neu zu gründende Gesamtschule mit sechs Zügen solle für eine „gleichmäßigere Verteilung“ der Gesamtschüler im Stadtgebiet sorgen: Während die Frida-Levy-Schule (Stadtmitte) stets viele Kandidaten ablehnen muss, hatte die Gesamtschule Nord (Vogelheim) in den letzte Jahren noch Luft nach oben bei den Anmeldezahlen.
Fläche am Thurmfeldbad wurde als ungünstig eingestuft
Nachdem sich die Idee zerschlagen hatte, die Gesamtschule Süd in Stadtwald neu zu beleben, kündigte die Verwaltung an, einen Standort für eine neue Gesamtschule dort zu suchen, wo diese Schulform auch akzeptiert sei – also eher im Norden als im Süden. „Im neuen Vorschlag der Verwaltung findet man alles wieder, was wir seit mehr als einem Jahr gesagt und geschrieben haben“, sagt Renzel. „Mit dem Vorschlag des Verwaltungsvorstandes ist jetzt konsequent alles zusammengebunden.“
Eine weitere Fläche, die genauer betrachtet wurde, in der Nähe des neuen Schwimmbads am Thurmfeld, sei als ungünstig eingestuft worden – unter anderem wegen der mangelnden verkehrlichen Anbindung.
Was die Parteien zum Neubau-Plan Bockmühle sagen
Neubau statt Sanierung der Gesamtschule Bockmühle – dieser Vorstoß der Stadtverwaltung, der am Mittwochabend bekannt wurde, stößt auf einhellige Zustimmung der Parteien.
Als „Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet Andreas Kalipke, schulpolitischer Sprecher der CDU, den Vorschlag der Stadtspitze. Besonders gut findet Kalipke die Idee, zwei sechszügige – also eher kleinere – Gesamtschulen zu errichten.
Auch die FDP, die sich bekanntlich selten für Gesamtschule stark macht, kann den Neubau-Plänen für die Bockmühle etwas abgewinnen: „Einzig ein Neubau wird der pädagogisch notwendigen Arbeit gerecht und verhindert, dass die nicht enden wollenden Sanierungsmaßnahmen zum Millionengrab werden“, sagt Hans-Peter Schöneweiß, der Fraktionschef der FDP. In den vergangenen Jahren wurden allein rund sechs Millionen Euro für Brandschutz-Arbeiten an der Bockmühle ausgegeben.
Positiv äußert sich auch Walter Wandtke, der schulpolitische Sprecher der Grünen, über die Entscheidung, die Bockmühle neu zu errichten: „Mit einem Neubau wird die Attraktivität der Schule sehr verbessert.“
Während sich auch die Altenessener SPD erfreut zeigt, dass an der Erbslöhstraße eine neue Gesamtschule entstehen soll, ist der zuständige Bezirksbürgermeister Hans-Wilhelm Zwiehoff – siehe oben – kritischer: „Was wird aus den Kleingärten?“ Irritationen haben die Pläne, die Bockmühle abzureißen und komplett neu zu bauen, auch im lokalen Sport ausgelöst: „Was wird aus unseren Handball-Trainingszeiten, wenn die Halle weg ist?“, fragt Michael Stottrop, Vorsitzender der DJK Altendorf 09 (650 Mitglieder).