Essen. . Das Gründerzeithaus an der Forstmannstraße soll abgerissen werden. Ob die Fassade erhalten werden kann – die Denkmalbehörden sind darin uneins.
- Kaiser-Friedrich-Haus an Werdener Forstmannstraße vor dem Abriss. Genehmigung erteilt
- Fassade sei zu stark geschädigt, als dass sie unter Denkmalschutz gestellt werden könne
- Aber: Dissens zwischen städtischer Denkmalbehörde und Rheinischem Amt für Denkmalpflege
Die Nachricht vom drohenden Abriss des ehemaligen Gasthauses „Kaiser Friedrich“ in Werden ist in der Bürgerschaft mit Wut und Resignation aufgenommen worden. „Wir sind schockiert“, gibt Dietmar Rudert vom Heimat- und Bürgerverein die Stimmung wieder.
Zur Erinnerung: Das Gründerzeithaus an der Forstmannstraße 27 ist ein Stück Werdener Geschichte. Am Tresen dürften sie einst auf den Kaiser angestoßen haben, später auf die Republik. In der jüngeren Vergangenheit wussten nicht nur Werdener das Gasthaus wegen der italienischen Küche zu schätzen, die Szene-Wirt Piccino Fausto hier über Jahre seinen Gästen kredenzte.
Dass die Küche schließlich kalt blieb, änderte nicht daran: In Werden mögen sie das im Stil der wilhelminischen Zeit erbaute Haus mit seiner beeindruckenden Fassade nicht missen.
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Diese hatte das Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege vor einem Jahr vorläufig unter Schutz gestellt – wie es damals hieß in Ergänzung der zwischen 1898 und 1906 erbauten ehemaligen Arbeiterhäuser entlang der Forstmannstraße. Das städtebauliche Ensemble, dessen Abschluss ein Denkmal Friedrichs III., bildet, steht bereits seit 2010 unter Denkmalschutz.
Die Gaststätte im Schatten des 99-Tage-Kaisers aber war davon ausgenommen. Nun, da der Stadt ein Antrag des Eigentümers auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung vorlag und eine Bauvoranfrage für ein Mehrfamilienhaus samt Tiefgarage an gleicher Stelle, sollten wenigstens die Außenmauern erhalten bleiben. Denn die Wogen der Empörung schlugen hoch in Werden.
Die Denkmalbehörde sprach von einem Kompromiss
Petra Beckers, Leiterin der Denkmalbehörde, sprach seinerzeit von einem Kompromiss zwischen ihrem Hause, zwischen dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege, das sich für den Erhalt des Gebäudes stark gemacht hatte, und dem Eigentümer, einem Werdener Rechtsanwalt.
Der habe sich damit abgefunden, dass zumindest die Außenmauern stehen bleiben, so Beckers damals. Den Antrag auf Erteilung einer Abrissgenehmigung hielt der Eigentümer jedoch aufrecht. Inzwischen hat die Stadt die Erlaubnis erteilt.
Laut Stadtsprecherin Jasmin Trilling habe die Baubehörde gar keine andere Wahl gehabt, denn der Hausbesitzer hatte, wie vom Institut für Denkmalpflege gefordert, ein Gutachten zur Bausubstanz des Gebäudes vorgelegt. Der laut Trilling unabhängige Sachverständige kommt darin zu dem Schluss, dass die Fassade erhebliche Schäden aufweist.
Stahlträger seien irreparabel geschädigt, der Erker einsturzgefährdet, die Statik insgesamt „unterdimensioniert“. Die Fassade zu erhalten würde bedeuten, dass mehr als 70 Prozent des historischen Mauerwerks verloren gingen, so dass sie „ihre Identität“ und ihre Denkmaleigenschaft verlieren würde, schlussfolgerte die städtische Denkmalpflege und nahm die vorläufige Unterschutzstellung wieder zurück.
Rheinisches Amt will Ministerin nicht einschalten
Bemerkenswert: Vertreter des Instituts für Denkmalpflege und des Rheinischen Amtes hatten sich Ende Juni gemeinsam vor Ort ein Bild vom Zustand des Gebäudes gemacht und waren augenscheinlich zu ganz unterschiedlichen Erkenntnissen gekommen.
Wie Stadtsprecherin Jasmin Trilling auf Anfrage der Redaktion mitteilte, ließ das Rheinische Amt für Denkmalpflege wissen, dass mit der Stadt kein Benehmen herzustellen sei darüber, dass das Gründerzeithaus nicht in die städtische Denkmalliste eingetragen werden soll. Man verzichte jedoch darauf, das Bauministerium um eine abschließende Entscheidung zu ersuchen. Im Streitfall zwischen Unterer Denkmalbehörde und Rheinischem Amt hätte Ministerin Ina Scharrenbach das letzte Wort.
Warum das Amt diesen Weg nicht gehen will, und was es in der Sache anders sieht als die Kollegen in Essen, bleibt vorerst offen. Die Antwort auf eine Anfrage der Redaktion steht noch aus. Derweil schieben sie im Heimat- und Bürgerverein Frust. Es gebe Interessenten, die das Haus behutsam sanieren wollten, berichtet Dietmar Rudert. Versuche, mit dem Eigentümer Kontakt aufzunehmen, seien jedoch ohne Erfolg geblieben.