Essen. Rund 470 Ehrenamtliche engagieren sich in 39 Büchereien. Es gibt Ausleihe, Leseförderung, Lesungen und den Wunsch nach mehr Nutzern und Helfern.
- Mehr als 10 000 Essener nutzen derzeit bereits die katholischen öffentlichen Büchereien
- Ehrenamtliche freuen sich über weitere Leser, für die sie ihren Bestand regelmäßig aktualisieren
- An manchen der insgesamt 39 Standorte werden zudem auch weitere Mitstreiter gesucht
Die erste Erinnerung an die katholische öffentliche Bücherei ist für Walburga Mehlhorn (58) ein Bild, auf dem sie als Vierjährige inmitten der Bücher sitzt. Ihre Mutter las ihr und ihrem Bruder damals in der Heisinger Einrichtung vor, die ihr Vater Willibald seit 1963 leitete. Dieses Ehrenamt hat sie vor mehr als 25 Jahren übernommen: Wie Walburga Mehlhorn engagieren sich im gesamten Stadtgebiet rund 470 Ehrenamtliche in den Büchereien, die allen offen stehen.
Neben den städtischen Bibliotheken gibt es 39 katholische öffentliche Büchereien. Der Träger ist die jeweilige Pfarrei, zur Finanzierung tragen ebenso das Bistum und die Büchereien selbst mit Lesungen, Flohmärkten oder Ausstellungen bei. Der Bestand umfasst insgesamt 130 000 Medien, die regelmäßig aktualisiert und oftmals kostenlos oder für einen geringen Betrag verliehen werden. Darunter gibt es neue Bücher, die sich auf Bestsellerlisten finden, viele Romane und Krimis, Kinderbücher, einige Sachbücher und religiöse Literatur. Je nach Bücherei liegt der Schwerpunkt auf erwachsenen oder jungen Lesern. Immer ist die Bücherei mehr als Ausleihort.
Büchereien sind mit Angeboten kleine Kulturanbieter
„Das Ziel ist es natürlich, aktuelle und attraktive Bestände aufzubauen“, sagt Vera Steinkamp vom Medienforum des Bistums Essen. „Doch die Büchereien sind mit ihren vielen Angeboten und Veranstaltungen kleine Kulturanbieter.“ Allein in diesem Jahr gab es bis Oktober knapp 1000 Veranstaltungen – mit rund 87 000 Besuchern.
Geht es nach den Ehrenamtlichen, so darf die Zahl der Benutzer, also derjenigen, die Bücher ausleihen (aktuell 10 440), gern steigen. Möglicherweise stoßen einige aber erst gar nicht auf die Einrichtungen, da diese mitunter etwas im Verborgenen hinter der Kirche oder dem Pfarrheim liegen. Auch das Wort „katholisch“ könnte eine Hemmschwelle sein, mutmaßen einige der Helfer, obwohl die Büchereien ebenso „öffentlich“ heißen.
Büchereien spezialisieren sich
„Ich frage niemanden nach der Konfession“, versichert Walburga Mehlhorn lachend. Name, Geburtsjahr und Adresse reichen ihr aus, um einen Benutzerausweis zu erstellen. Jeden Sonntag verbringt sie in der Heisinger Bücherei zwischen den etwa 3000 Medien, die in den stabilen Regalen aus den 1960er Jahren stehen. Vier Ehrenamtliche übernehmen hier die Inventur im laufenden Betrieb, sortieren aus („wir sind kein Archiv“), binden Bücher ein und lesen zahllose Rezensionen, Fachzeitschriften und nehmen Wunschlisten an, um neue Literatur anzuschaffen.
In Heisingen sind es 300 Nutzer, darunter Vielleser, beschreibt die Leiterin,
die ein Gefühl für ihre Leser entwickelt hat, um die richtigen Bücher auszusuchen. Dafür gibt es von der Gemeinde St. Georg die Kollekte des Büchersonntags und einen Gutschein des Bistums, 1000 Euro in diesem Jahr. Mit Unterstützung des Bistums hat die 58-Jährige auch eine Ausbildung zur kirchlichen Büchereiassistentin absolviert, neben ihrem Hauptberuf, in dem sie als medizinisch-technische Laborassistentin arbeitet. Ihre Freizeit gehört dem Reisen, einmal im Jahr der Insel Sylt und Handarbeiten, ihre Leidenschaft sind vor allem Bücher und die Bücherei.
Die Heisinger Einrichtung hat sich auf Erwachsene spezialisiert, in Überruhr sind junge Leser die Nutzer. Die Bücherei in Freisenbruch feierte kürzlich 90. Geburtstag, die in Steele das 170-jährige Bestehen. In Kray gibt es zudem bistumsweit die einzige E-Book-Ausleihe, während Kinder in Altenessen-Süd ganz oben stehen – wo Leiterin Brigitta Schmidtke (67) beinahe zum Bestand zählt. Vor 30 Jahren stieg sie neben ihrem Job als Industriekauffrau und Bilanzbuchhalterin ins Ehrenamt ein, baute im Laufe der Zeit die Leseförderung aus. In einem Stadtteil, in dem viele Kinder ausländische Wurzeln haben und Bücher nicht selbstverständlich in Kinderzimmern stehen, pflegen drei Ehrenamtliche Kontakte zur benachbarten Kita und Grundschule. Ganze Klassen erwerben den Lesekompass.
Kanne Kaffee uns ein offenes Ohr
Alle Angebote laufen zusätzlich außerhalb der Öffnungszeiten der Bücherei Herz Jesu, in der es rund 1900 Bücher gibt, die Hälfte davon Kinderbücher. So sind unter 131 aktiven Nutzern 95 unter zwölf Jahre alt. Erwachsene Vielleser leihen gern Krimis aus, sagt Brigitta Schmidtke, die für Neuanschaffungen 1300 Euro vom Bistum und 150 Euro von der Pfarrei erhalten und selbst gerade die Buchausstellung mit Cafeteria organisiert hat.
Sonntags steht ohnehin eine Kanne Kaffee bereit, ein offenes Ohr gehört stets dazu. Denn oft ist die Bücherei im Stadtteil auch ein Ort für soziale Kontakte, wissen die Ehrenamtlichen. Ihr Wunsch: Verstärkung.
>>ÖFFNUNGSZEITEN UND KONTAKT FÜR EHRENAMTLICHE
Die Öffnungszeiten der katholischen öffentlichen Büchereien (KÖB) erscheinen täglich auf unseren jeweiligen Stadtteilseiten. In der Gemeinde Herz Jesu Altenessen, Westerdorfstraße 32, öffnet die KÖB mittwochs, 15.30 bis 16.30 Uhr; samstags, 18 bis 19 Uhr; sonntags, 11 bis 12 Uhr. In Heisingen ist die Buchausleihe in der KÖB St. Georg, Heisinger Straße 480 (Eingang Rückseite), sonntags, 10.30 bis 13 Uhr, und donnerstags außerhalb der Schulferien, 16 bis 17 Uhr, möglich.
Wer sich ehrenamtlich einbringen möchte, kann sich vor Ort informieren. Ansprechpartner und Infos gibt es auch im Medienforum des Bistums Essen. Das Forum sowie der Borromäusverein in Bonn (Einrichtung der kath. Kirche) bieten Aus- und Fortbildungen für Ehrenamtliche an.
Kontakt: Medienforum, Zwölfling 14 22 04 275, per E-Mail: medienforum@bistum-essen.de oder: www.borromaeusverein.de