Die Freunde des Essener Doms feiern 70. Geburtstag
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Essen. Der Münsterbauverein Essen wurde 1947 gegründet, um das 1000 Jahre alte Gotteshaus wiederaufzubauen. Bis heute sind Sanierungen die Hauptaufgabe.
Vergleiche sind manchmal ernüchternd: Rund 17 000 Mitglieder hat der Kölner Dombauverein, sein Pendant in Essen zählt knapp 300, Tendenz weiter fallend. Die relativ geringe Mitgliederzahl heißt allerdings nicht, dass die organisierten Freunde des Essener Doms bedeutungslos wären, im Gegenteil: Alle großen Sanierungen des in seiner Grundsubstanz 1000 Jahre alten Bauwerks wurden maßgeblich möglich durch die Arbeit des Münsterbauvereins, der am Wochenende sein 70-jähriges Bestehen feiert: mit einem Gottesdienst im Dom am 18. November um 18 Uhr, einer Sonderausstellung in der Domschatzkammer und einem Empfang im Rathaus.
Arnd Brechmann, der dem Verein heute vorsteht, ist sich des langen Atems bewusst, der mit dem Dom verbunden ist: „Die Wurzeln und das geografische Herz der Großstadt Essen liegen seit dem Jahre 852 genau hier.“ Tatsächlich war Essen bis 1806 ein geistliches Territorium, ein Kleinstaat, regiert von Fürstäbtissinnen, deren Stiftskirche über Jahrhunderte der heutige Dom war und deren Regierungsgebäude rund um den Burgplatz lagen.
Die Bezeichnung Dom ist in Essen übrigens neueren Datums und setzte sich nach Gründung des Ruhrbistums 1958 nach und nach durch. „Es wäre eine Überlegung wert, ob wir diesem Wandel folgen und unseren Namen ändern“, sagt Brechmann. Münster sagt zur Essener Bischofskirche eben kaum noch jemand.
Essener Dom früher und heute
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Domschatzkammer und Domhof erhielten eine Runderneuerung
Abhängig von den anstehenden Bauprojekten, sind es bis zu 250 000 Euro pro Jahr, die der Münsterbauverein für den Dom ausgibt. Nachdem in den letzten Jahren die Dächer aufwändig restauriert wurden und Domschatzkammer plus Domhof eine Runderneuerung erhielten, benötigen demnächst die Kirchenmauern eine umfassende Sanierung.
All das ist wichtig, aber doch fast unter Kleinigkeiten einzuordnen – jedenfalls verglichen mit dem, was sich den Gründern des Vereins im Jahr 1947 an Aufgaben stellte. Nach Dutzenden schweren Bombenangriffen war die Münsterkirche am Ende des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt, teilweise komplett zerstört. Die geschichtsbewussten Bürger im Münsterbauverein trugen dann sehr rasch viel dazu bei, die aus romanischer Zeit stammende Keimzelle der Stadt in wenigen Jahren wieder aufzubauen.
An der eher bescheidenen Essener Bischofskirche läuft man schon mal vorbei
Das Thema Bauen steht auch heute an erster Stelle, aber der Verein sieht sich auch als Instrument, „um Dom und Domschatz zu noch mehr Aufmerksamkeit als ganz besondere Orte in Essen zu verhelfen“, so Brechmann. Beides müsse stärker in die Schulen und die Öffentlichkeit getragen werden, zumal der Dom eher bescheiden daherkommt und schnell übersehen werden kann.
Den Kölner Dom etwa könne man nicht verfehlen, an der bau- und kunsthistorisch ebenfalls bedeutenden Essener Bischofskirche laufen gerade Touristen aber schon mal rasch vorbei. Mancher hält auch die direkt an der Kettwiger Straße angrenzende Johanniskirche, die eher eine größere Kapelle im Vorfeld des Doms ist, für den Dom selbst.
Erlöse aus dem „Spiel 77“ sind Haupteinnahmequelle des Münsterbauvereins
Zu den Aufgaben des Vereins gehört auch die Forschungsförderung. „Über Jahre hinweg haben wir historische Dokumentationen über das mittelalterliche Frauenstift unterstützt“, sagt Brechmann, im Hauptberuf leitender Angestellter bei der Sparkasse und dort unter anderem als Stiftungsberater tätig. Auch der jüngst vorgestellte Führer in leichter Sprache wurde im Herbst 2017 finanziert.
Hauptfinanzierungsquelle des Münsterbauvereins sind die 190 000 Euro pro Jahr, die Westlotto aus den Erlösen des „Spiel 77“ überweist. Spenden und Mitgliedsbeiträge kommen hinzu. Seit einigen Jahren existiert auch eine so genannte Treuhand-Stiftung unter dem Dach der Stadt Essen. Sie soll helfen, eine dauerhafte Finanzierung von Sanierungsarbeiten sicherzustellen, indem sie Sponsoren und Kleinspendern als Anlaufstelle dient. „Diese Stiftung wird selbst dann noch ihren Zweck erfüllen, falls es irgendwann keinen Dombauverein mehr geben sollte“, betont Brechmann. Denn der Erhalt des Essener Doms sei eine Ewigkeitsaufgabe.
Bereits um 850 gab es an dieser Stelle einen ersten Kirchenbau
>>>>>> Bereits seit der Gründung des Stifts Essen durch den sächsischen Adeligen Altfried um das Jahr 850 gab es an dieser Stelle ein Kirchengebäude. Der Westbau mit dem achteckigen Oktogon entstand um das Jahr 1000 und ist der älteste erhaltene Teil des Doms. Der Domschatz gilt als der bedeutendste nördlich der Alpen, auch dies ist nicht jedem bekannt. Dom und Domschatz sind aber nicht nur kulturelle Anziehungspunkte, vielmehr auch Orte der Ruhe im Trubel der Innenstadt.
>>>>>> Einen optischen Eindruck vom Wiederaufbau des Doms vermittelt ab Sonntag, 19. November, bis zum 4. Februar die Sonderausstellung „Gestern – Heute – Morgen. Bürger sichern Essens historisches Erbe“ in der Domschatzkammer. Gezeigt werden Fotos, die die Kriegszerstörungen am Dom und den sanierten Zustand dokumentieren. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags, 11 bis 17 Uhr. Kontakt zum Münsterbauverein ist unter folgender Email-Adresse möglich: muensterbauverein@bistum-essen.de
Der Kreuzgang am Essener Dom, für einen Foto-Vergleich Früher-Heute
Kreuzgang im Essener Dom 2015 und 1945. Dieser Ort der Stille liegt nur wenige Meter von der Kettwiger Straße entfernt. Schon das an dieser Stelle um das Jahr 850 vom sächsischen Adligen Altfrid gegründete Damenstift hatte einen Kreuzgang. In der heutigen Form geht der Kreuzgang auf das 13. Jahrhundert zurück, er diente den adeligen Stiftsdamen, für die das Stift Essen im Mittelalter errichtet wurde, als Ort des Gebets und der Besinnung. Die Bombenangriffe der Royal Air Force auf die Innenstadt trafen mehrfach auch die Münsterkirche und das gesamte Dom-Areal. Komplett zerstört aber wurde der Kreuzgang nicht. Das Bild aus dem Jahr 1945 zeigt ihn als Trümmerfeld unter freiem Himmel. Der Wiederaufbau des Doms begann 1951, auch der Kreuzgang war zumindest in diesem Flügel wiederaufbaufähig. (Fotos: Ulrich von Born/FUNKE Foto Services, Repro [Frank Vinken]/Foto der Ausstellung "Krieg und Frieden", Domschatzkammer, 2005)
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