Essen-Rüttenscheid. . Die Anwohner der Henri-Dunant-Straße hoffen, dass der Rat dem Votum der Ortspolitker folgt und die Planung ändert. Auch eine Klage ist möglich.
Schlechte Nachrichten ist die Anwohnerinitiative „Henri2020“ gewöhnt, seit die Vorbereitungen für den Bebauungsplan an der Henri-Dunant-Straße begannen. Nach Abwägung hat die Stadt nun alle Einwände der Bürger am geplanten Wohnkomplex auf dem Gelände der ehemaligen Pädagogischen Hochschule verworfen. Die Anwohner reagierten am Dienstagabend mit einer Vollversammlung und wollen eventuell mit juristischer Hilfe gegen das umstrittene Planwerk vorgehen.
Die Initiative befürchtet durch den geballten Zuzug von wahrscheinlich 1200 neuen Nachbarn einen Verkehrsinfarkt vor Ort und hatten deshalb etliche Kritikpunkte und Anregungen eingereicht, die mittlerweile einen Aktenordner mit 100 Seiten füllen. Dass diese nun von der Verwaltung ignoriert wurden, treibt Holger Ackermann, Mitbegründer der Initiative, auf die Palme: „Wir wollten hier zum letzten Mal alle unsere Kräfte bündeln, umfassend informieren, diskutieren und die letzten Möglichkeiten zur Intervention ausloten.“
Zur Versammlung kamen 50 Bürger und Ortspolitiker
Im Saal der Ev. Reformationskirche an der Julienstraße durften er und sein Mitstreiter Andreas Rothe zumindest 50 interessierte Bürger und auch einige Politiker begrüßen. Vielleicht etwas weniger als erwartet, „doch wir hatten wegen der Aktualität auch sehr kurzfristig eingeladen“, sagt Ackermann.
Auf Ackermanns Gästeliste standen neben OB Kufen auch alle Ratspolitiker und Delegierten des Planungsausschusses (ASP). Der Einladung gefolgt waren jedoch in erster Linie Bezirksvertreter der BV II, der vor Tagen eine Aufforderung der Verwaltung auf den Tisch flatterte, man möge die Stellungnahme der Verwaltung doch zur Kenntnis nehmen und alle Einwendungen beunruhigter Bürger tunlichst nicht berücksichtigen.
Bezirksvertretung (BV) VII teilt Ängste der Anwohner
Doch dabei spielte die BV nicht mit. Dies machte Bezirksbürgermeister Gerhard Barnscheidt auf der Versammlung deutlich: „Ich bin zwar gesundheitlich angeschlagen, doch es war mir wichtig, heute hier zu sein.“ Das Stadtteilparlament teile die Befürchtungen und Ängste der Anwohner und habe einstimmig „erhebliche Bedenken“ angemeldet. Der SPD-Mann räumte ein, dass die Ratsfraktionen Empfehlungen der BV nicht immer berücksichtigen würden, empfahl deshalb der Initiative, auch künftig den Dialog mit ASP- und Ratsmitliedern zu suchen.
Gegen die Planung sprach sich explizit Irmgard Krusenbaum von den Grünen aus. „Dies wird auch auf Ratsebene ähnlich diskutiert.“ Sie führte neben der prekären Verkehrssituation das hohe Maß der Verdichtung und die damit einhergehende mangelnde Grüngestaltung an. Da mit Tiefgaragen geplant werde, sei eine Pflanzung von größeren Bäumen wegen der Wurzeltiefe gar nicht möglich.
Bauboom in Rüttenscheid ist zuviel des Guten
Ins selbe Horn stießen Ratsfrau Gabriele Giesecke (Linke) und EBB-Fraktionschef Michael Schwamborn, der dringenden Nachbesserungsbedarf sieht und die Argumente der Bürger deshalb mit in den ASP und Rat mitnehmen will. „Der B-Plan ist fehlerhaft und in dieser Form nicht tolerierbar.“
Diese Fehler deckte später Andreas Rothe in seinem Thesenpapier schonungslos auf: Der „Bauboom“ in Rüttenscheid sei des Guten zuviel. Der Stadtteil soll auf engstem Raum 1070 neue Wohnungen, 2700 Neubürger mit 1600 Autos integrieren, zeichnete er ein düsteres Zukunftsbild. „Rüttenscheid wird für die Menschen weniger attraktiv und urban. Es wird enger, stinkiger, lauter und weniger grün.“
Diese Entwicklung bekämen die Anwohner der Henri-Dunant-Straße nun zu spüren, wenn der Plan so ungesetzt würde. Zudem entsprächen die „monströsen“ Baukörper nicht der Charakteristik des Wohngebietes. Um gleich noch zum Schlag gegen die Verkehrs- und Parkplatzplanung auszuholen: „Die Berechnungen, die der Verwaltungsvorlage zu Grunde liegen, passen vorne und hinten nicht.“ Zudem sehe er auch formale Planungsfehler. Der Anwalt der BI sieht daher gute Einspruchschancen. Und nicht nur er: „Es gibt noch weitere Anwohner, die eine Klage vor dem Verwaltungsgericht vorbereiten“, sagt Ackermann, der die aktuelle Stimmung der Bürger wie folgt charakterisiert: „Wir sind leicht ernüchtert, aber kampfbereit und auf keinen Fall demoralisiert.“ xx
>> RAT ENTSCHEIDET AM 22. NOVEMBER
Die Anwohnerinitiative ist nicht generell gegen eine neue Wohnbebauung, hofft jedoch auf eine Reduzierung der Verdichtung und auf eine „von Vernunft geprägte Entscheidung im Rat“, so Holger Ackermann.
Die Entscheidung über den Bebauungsplan wird der Rat am 22. November treffen.