Essen. . Von einer „wahren Orgie der Gewalt“ spricht das Gericht. Zwölf Jahre Haft für den Mann, der seine Freundin tötete und verstümmelte.
- 41-Jähriger erstach seine Freundin in Altenessen im Streit auf seiner Geburtstagsfeier
- Schwurgericht spricht in der Urteilsbegründung von einer „wahren Orgie der Gewalt“
- Seiner Geschichte von Notwehr nach Angriff der Frau schenkt das Gericht keinen Glauben
Selten wählt der Essener Schwurgerichtsvorsitzender Andreas Labentz so eindeutige Worte, selten findet er kein gutes Wort für einen Angeklagten. Doch Alexander S. (41), den das Gericht am Mittwoch wegen Totschlags zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, ist auch für ihn eine Ausnahme. Die Tötung der Freundin in ihrer Wohnung in Altenessen-Süd nennt Labentz „eine wahre Orgie der Gewalt, wie das Schwurgericht sie selten gesehen hat“.
Anlass für diese richterliche Einschätzung ist neben den schweren Stich- und Schnittverletzungen wohl auch das letzte Wort des Angeklagten. Zum Schluss entschuldigt er sich zwar bei dem als Nebenkläger im Saal anwesenden Bruder der Getöteten, zuvor hatte er aber ausführlich und schlecht über sie geredet.
Keine Reue oder Scham beim Angeklagten
Labentz weist das zurück. Beim Angeklagten sei „keine Reue, keine Scham“ zu erkennen. Der Auslöser für den Streit mit der Freundin und für die Gewalt sei der Angeklagte: „Weil Sie Probleme mit dem Alkohol haben.“
Es ist ein Fall aus der russischen Migrantenszene. Seit den 90er Jahren lebt der gebürtige Kasache in Deutschland. Er heiratet hier, bekommt drei Kinder – und betrinkt sich immer wieder. Weil er in diesem Zustand gewalttätig wird, trennt seine Frau sich von ihm.
Stimmung kippt nach Alkohol
2015 lernt er eine gleichaltrige Frau aus Osteuropa über das Internet kennen, zieht ihretwegen von Leverkusen nach Essen. Zu einem bürgerlichen Leben findet er auch mit ihr nicht. Am 17. Januar 2017 hat er Geburtstag. Um ihn zu feiern, geht er in die Wohnung seiner Freundin in Altenessen-Süd. Wieder wird getrunken, die Stimmung kippt schnell ins Aggressive.
Was genau in der Nacht zum 18. Januar in der Wohnung geschieht, welcher Streit die Gewaltorgie auslöst, all das kann das Gericht nicht sagen. Aber sicher ist es, dass Alexander S. der Täter ist. Er selbst habe das ja praktisch eingeräumt, erinnert Labentz: „Auf unsere Frage sagte er: Wer soll es denn gewesen sein? Es war doch sonst keiner da.“
In SMS die Tötung der Freundin gestanden
Und in SMS-Nachrichten an seinen Sohn und seine Ex-Frau am frühen Morgen des 18. Januar bekennt er sich ebenfalls zur Tat: „Ich habe sie umgelegt.“ Weil beide ihn nicht ernst nehmen, informieren sie die Polizei erst am 19. Januar. Die Beamten entdecken die Leiche, nehmen ihn in der Wohnung eines Freundes fest. Vier Promille Alkohol hat er intus.
Seinen Versionen, dass er der 41-Jährigen beim Selbstmord geholfen oder nach ihrem Angriff nur in Notwehr gehandelt habe, schenkt das Gericht keinen Glauben. Weil er Alkohol gewohnt ist, stuft es ihn als voll schuldfähig ein. Allerdings ordnet es seine Einweisung in eine Entziehungsanstalt an, damit er seine Sucht bekämpfen kann.