Essen. . Ungewöhnlich viele Essener Jungen und Mädchen aus Jahrgang sechs werden am Schuljahres-Ende Gymnasium oder Realschule verlassen müssen.
- Nach einer vorläufigen Liste der Schulverwaltung müssen fast zehn Prozent der Sechstklässler von ihrer Schule
- Endgültige Ergebnisse gibt es erst kurz vor den Sommerferien, doch die Zahl ist hoch wie nie
- Einer der Gründe: Zu ehjrgeizige Eltern, die ihre Kinder gegen alle Appelle am Gymnasium anmelden
Die Zahl der Sechstklässler, die nach der zweijährigen Erprobungsstufe das Gymnasium verlassen müssen, ist in diesem Jahr besonders hoch. Das geht aus einer vorläufigen, schulverwaltungsinternen Übersicht städtischer Schulen vor, die dieser Redaktion vorliegt. Demnach müssen 176 Mädchen und Jungen zum Schuljahres-Ende in drei Wochen ein städtisches Gymnasium verlassen. Das sind knapp zehn Prozent der Sechstklässler. Sie wechseln auf eine Gesamt- oder Realschule.
„Die Liste enthält auch Wackel-Kandidaten, die es noch schaffen können, am Ende wird die Zahl deutlich niedriger sein“, heißt es zwar von Seiten der Schulverwaltung, doch klar ist, dass die Summe einen neuen Spitzenwert darstellen dürfte. Vor zwei Jahren mussten bereits 175 Sechstklässler die Schule wechseln – allerdings inklusive Realschüler. In diesem Jahr kommen zu den 176 Gymnasiasten noch 85 Realschüler hinzu, die künftig voraussichtlich auf eine Hauptschule gehen.
Bei zwei Fünfen in Hauptfächern wird’s kritisch
Das Gymnasium nach Klasse sechs muss verlassen, wer drei oder mehr Fünfen in den vier Hauptfächern (Deutsch, Mathe, beide Fremdsprachen) auf dem Zeugnis stehen hat. Bei zwei Fünfen muss mindestens ein weiteres Hauptfach eine „drei“ sein, außerdem ist eine Nachprüfung nötig.
Vor allem die städtischen Ganztags-Gymnasien Überruhr, Nord-Ost oder Maria Wächtler (Rüttenscheid) müssen in diesem Jahr ungewöhnlich viele Sechstklässer verabschieden. An diesen Schulen sind die vorläufigen Abgänger-Zahlen fast in Klassenstärke – um die 20. Thorsten Korthaus, Leiter des Maria-Wächtler-Gymnasiums, stellt klar: „Ganztag kann vielen Schülern viele Chancen ermöglichen, er ist aber kein grundsätzliches Allheilmittel.“ Vor allem das nötige Lern-Tempo an Gymnasien stelle manche Schüler vor Probleme.
Seit 2010 sind Empfehlungen der Grundschule nicht mehr rechtlich bindend
Deutlich wird auch: Viele Eltern lassen sich vor dem Eintritt in Stufe fünf nicht von Gymnasien beraten – oder schicken ihr Kind gegen eindeutige Appelle des Gymnasiums trotzdem hin.
Grundschulen sprechen im Halbjahrszeugnis der Klasse vier Empfehlungen aus. Seit 2010 sind sie nicht mehr verbindlich; per Gesetz entscheidet allein der Elternwille. „Es kam vor, dass Eltern bis nach Düsseldorf gegangen sind, um ihren Wunsch durchzusetzen“, berichtet Gabriele von Heymann, die Leiterin des Gymnasiums Überruhr. Ganz abgesehen davon, müsse jeder Einzelfall betrachtet werden: „Es kommen Schüler mit Realschul-Empfehlung, die sich in den ersten zwei Jahren sehr gut entwickeln.“ Trotzdem ist mancher Elternwille, das Kind unbedingt zum Gymnasium zu schicken, „nicht immer im Sinne der Kinder“, sagt Berthold Urch, Leiter des Krupp-Gymnasiums und Sprecher der Gymnasiums-Leiter.
Dass regelmäßig nach Klasse sechs eine ganze Welle von Gymnasiasten von den siebten Klassen der Realschulen aufgenommen werden muss, bezeichnet Jürgen Häckert, Sprecher der Realschulen, als „Mammutaufgabe“. Die Plätze seien ohnehin begrenzt. Die Inklusion und die Seiteneinsteiger verschärfen grundsätzlich die Lage, machen aber nur eine Minderheit aus.
>>> EHRENRUNDE IST NUR EINMAL MÖGLICH
Die endgültige Zahl der Abgänger steht erst kurz vor den Sommerferien fest. Dann wird auch festgelegt, wer die Schule nicht verlassen muss, sondern das Jahr wiederholen darf.
Die Erprobungsstufe (Jahrgänge fünf und sechs) darf ein Schüler jedoch nur insgesamt drei Jahre lang besuchen – das heißt, ein Jahr zu wiederholen, ist nur ein einziges Mal möglich.