Essen. . Das Präsenz-Angebot der Behörde fährt seit März durch die Stadtteile. Wachleiter Andreas Ploth führte in drei Monaten rund 1800 Bürgergespräche.
- Die Behörde sucht seit ein paar Monaten mit einem Pilotprojekt mehr Nähe zum Bürger
- Schon jetzt zeigt sich: Der umgebaute Transporter wird zum Kummer- und Kümmerkasten
- Die Menschen sind dankbar für die Präsenz der Beamten, an Anzeigen hapert’s aber
Die Kabeltrommel mag Sinnbild sein für die schnell funktionierende Verbundenheit mit dem Standort. Ruckzuck ist sie abgerollt, die Stromversorgung aus dem Imbisswagen am Einkaufszentrum Neue Mitte in Haarzopf hergestellt, die Markise am Kastenwagen aus- und der Polizeicomputer hochgefahren, der Stehtisch aufgeklappt und der Ständer mit den vielen bunten Infoflyern gerichtet. Nach nicht einmal zehn Minuten sind Hauptkommissar Andreas Ploth und seine „Mobile Wache“ einsatzbereit.
Und, ja hallo, da kommt auch schon der Kollege Ralf Bergemann ums Eck. Pünktlich wie die Maurer ist er, aber ebenfalls Polizeihauptkommissar. Gestatten, ihr Bezirksdienstbeamter.
Kostenlose Behördenliteratur für einen Senior
Die ganze Szenerie sorgt schnell für Aufmerksamkeit: „Ist das eine Aktion hier?“, fragt ein älterer Herr im Vorbeigehen, dem ein Stapel aus Klopapier vom Rollator zu rutschen droht. „Nein wir kommen jetzt regelmäßig“, sagen die beiden Polizisten, richten hilfsbereit die Einkäufe des Seniors und versorgen ihn mit etwas kostenloser Behördenliteratur: „Sicher zu Hause“. Danke, sagt der, und zieht von dannen.
„Meine Enkelin möchte zur Polizei“, sagt eine ratsuchende Dame. Bergemann weiß, wie’s geht. Erklärt es ihr. Danke, sagt auch sie, während Ploth eine Mittfünfzigerin in Eile auf ihre offenstehende Handtasche aufmerksam macht. „Taschendiebe, Sie wissen schon.“ Ja, danke, schallt’s vom Parkplatz herüber.
„Schön, dass Sie hier sind“ ist der häufigste Satz
„Schön, dass Sie hier sind“, lautet der Satz, den Wachleiter Andreas Ploth am häufigsten zu hören bekommt, sagt er, seit er mit seiner „Mobilen Wache“ in Stadtteilen vorfährt, in denen die Polizeidichte aus vieler Bürger Sicht durchaus Wünsche offen lässt.
Seit März ist der Polizeihauptkommissar mit dem umgebauten und -lackierten Mercedes 310, der fast 30 Jahre auf dem Blechbuckel hat, auf Achse und kann behaupten: Das neue Angebot der örtlichen Polizei kommt bei den Essenern an. Immerhin 1800 Gespräche mit Bürgern binnen drei Monaten mögen Beleg genug dafür sein. Es sind vor allem ältere Menschen, sagt Ploth, die den Kontakt suchen. Die Themen Taschendiebstähle und Einbrüche stehen dabei ganz oben auf der Agenda der Ratsuchenden.
An Hinweisen hapert’s noch
Manchmal brauchen die Menschen aber auch aktive Hilfe wie die Autofahrerin, der ein Vogel durchs offene Fenster in den Wagen geflattert ist, manchmal nur ein Pflaster, das sie gerade nicht zur Hand haben. Ploth ist für viele Situationen gerüstet, hat nicht nur die Polizeitechnik einer ganz normalen Wache an Bord, sondern auch Lollies und Gummibärchen für die Kinder, Wassernapf und Leckerlis für Hunde, weil Menschen über Tiere ja bekanntlich besonders leicht ins Gespräch kommen.
Nun gut, an den Anzeigen und Hinweisen, die sich die Behördenleitung durch das neue Angebot in einem Oldtimer versprochen hat, hapert’s noch. Doch Andreas Ploth kennt keinerlei Vorgaben. Seine Kollegen werden ihn darum beneiden, dass er „keine Zahlen produzieren“ muss. Polizeipräsident Frank Richter sieht die „Mobile Wache“ als ein ergebnisoffenes Pilotprojekt. Nach einem Jahr wird abgerechnet, was die fahrbare Mischung aus Polizeiquartier und Bürgerservice gebracht hat.
Spürbar mit Herzblut bei der Sache
Andreas Ploth, der spürbar mit Herzblut bei der Sache ist, bedeutet der neue Kummer- und Kümmerkasten in Transportergestalt jedenfalls schon jetzt viel: „Die Mobile Wache ist meine zweite Heimat geworden“, bekennt der Berliner, der immerhin 36 Jahre Dienst in der Hauptstadt hinter sich hat.
Doch keine Zeit für Erinnerungen: Ein ortsfremder Lastwagenfahrer hat sich mit seinem Sattelzug in der Parkplatz-Auffahrt der Neuen Mitte Haarzopf verirrt, kommt nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Ploth und Bergemann eilen zu Hilfe, regeln den Verkehr und nach ein paar Minuten ist die Situation wieder bereinigt.
Ist eben doch gut, wenn die Polizei vor Ort ist.