Essen. . Im Strafprozess gegen Klaus Kunze fordert die Anklage eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Anwalt: „Ein Gesinnungsprozess“.
- Im Prozess gegen Klaus Kunze fordert Staatsanwalt drei Jahre und sechs Monate Haft wegen Untreue
- Für Anklage sind Vorwürfe gegen Ex-Chef der EBE bestätigt. Motive: eigene und politische Interessen
- Verteidigung reagiert empört: Für politische Motive keine Beweise. „Ein Gesinnungsprozess“
Im Strafprozess gegen den ehemaligen städtischen Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE), Klaus Kunze, hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gegen den Hauptangeklagten gefordert. Sämtliche Vorwürfe gegen den 73-jährigen Kunze hätten sich im Verlauf des Prozesses bestätigt, erklärte Staatsanwalt Hans-Joachim Koch am 20. Verhandlungstag vor dem Landgericht Essen.
Anklage: Der Untreue schuldig gemacht
Für den Vertreter der Anklage ist es erwiesen, dass Kunze die Entsorgungsbetriebe während seiner Zeit als Geschäftsführer finanziell erheblich geschädigt und sich deshalb der Untreue schuldig gemacht hat. Laut Anklageschrift beläuft sich der entstandene Schaden auf 757.851 Euro.
Unklar blieb aus Sicht der Staatsanwaltschaft, was Kunze dazu bewogen hat. „Möglicherweise war es sein Geltungsbewusstsein“, mutmaßte Koch und gab ein Bild wieder, das Zeugen im Laufe des Prozesses vom Angeklagten gezeichnet hatten. Kunze soll wie ein Alleinherrscher gehandelt und Widerspruch nicht geduldet haben. Mitarbeiter, die es dennoch wagten, dem Chef zu widersprechen, soll Kunze mit folgenden Worten unter Druck gesetzt haben: „Arbeiten Sie eigentlich gerne hier?“
Mitarbeiter fühlten sich von Kunze unter Druck gesetzt
In Anspielung an einen populären Kino-Streifen aus den 1980er Jahren sprach Koch vom „Highlander-Prinzip“. Zitat: „Es kann nur einen geben.“
Das Wohlwollen des Betriebsrates soll Kunze sich erkauft haben, indem er dessen Vorsitzenden Thomas Altenbeck in eine höhere Lohngruppe einstufen ließ. Politische Motive seien es gewesen, die das SPD-Mitglied Kunze veranlassten, den Bürgermeistern Annette Jäger und Rudi Jelinek Fahrer auf Kosten der EBE zur Verfügung zu stellen. Allein dadurch sei den Entsorgungsbetrieben ein Schaden in Höhe von rund 334 000 Euro entstanden. „Es war nie die Absicht Kunzes, die Kosten einzufordern“, so Koch.
Auch die Beschäftigung des ehemaligen SPD-Ratsherrn Harald Hoppensack war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft politisch motiviert. „Einen Interimsmanager in der Person Hoppensack hat es nie gegeben“, erklärte Koch. In wesentliche Geschäfte sei Hoppensack nie eingebunden gewesen. Ohne ersichtlichen Grund habe Kunze den Tagessatz seines Parteifreundes von 960 Euro auf 1500 Euro erhöht.
Staatsanwalt fordert 18 Monate für Hoppensack
Hoppensack hat sich nach Überzeugung der Anklage der Beihilfe schuldig gemacht. Gegen ihn beantragte Koch eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten und ein Bußgeld von „mindestens 50 000 Euro“.
Für den Mülheimer Metallhändler Manfred D., ein Geschäftspartner Kunzes, forderte der Staatsanwalt ein Jahr und neun Monate Haft und ein Bußgeld in Höhe von 100 000 Euro. Koch sprach von „persönlichen Beziehungen“, die beide gerne im Nobelrestaurant „La Grappa“ pflegten – zu Lasten der EBE. Der Mülheimer Unternehmer soll den Zuschlag für Altmetallentsorgung unter Marktpreis erhalten haben. Ein offener Betrag von rund 100 000 Euro wurde laut Staatsanwaltschaft nachträglich durch „Luftbuchungen“ ausgeglichen.
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Offenbar hätten beim Hauptangeklagten eigene und politische Interessen über denen der EBE gestanden, resümierte Staatsanwalt Koch. Aber: „Es gab keine Firma Kunze, es gab eine Firma EBE.“ Außer acht gelassen habe Kunze, dass es mit der Firma Remondis einen privaten Mitgesellschaft gibt, der 49 Prozent an der EBE hält.
Vertreter der Verteidigung reagierten mit Kopfschütteln und Empörung auf die Ausführungen des Staatsanwaltes. Rechtsanwalt Harald Wostry, Vertreter von Harald Hoppensack, sprach gar in Anspielung auf die mutmaßlich politischen Motive von einem „Gesinnungsprozess“.
Politische Interessen
Zu behaupten, es habe politische Interessen gegeben, ohne dies zu beweisen – „das macht man nicht“, sagte Nils Holtkamp. Der Rechtsbeistand von Klaus Kunze vermisste nach eigenen Worten im Verlauf des Prozesses die „notwendige Objektivität“. Fehlverhalten seines Mandanten räumte Holtkamp durchaus ein, so bei der Anschaffung eines teuren Poolfahrzeugs, eines Audi A 6 für den Betrieb. „Es hätte auch ein kleineres Fahrzeug getan.“
Die Verteidigung des Schrotthändlers D. warf folgende Frage auf: „Warum hätte Kunze den eigenen Laden schädigen sollen, ohne etwas davon zu haben? Weil er ein eitler Mensch ist?“ Für den Anwalt klingt das nicht überzeugend. Laut Staatsanwaltschaft hat Kunze sich persönlich nicht bereichert.
Das Urteil wird am Donnerstag erwartet. Sollte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgen, hätte dies auch Folgen für das Zivilverfahren. Es geht um rund eine Million Euro Schadensersatz, die die EBE von ihrem ehemaligen Chef verlangt. Kunzes Versicherung käme im Falle einer Verurteilung wegen Untreue für den Schaden nicht auf.