Essen. Im September 2013 musste er gehen. Jetzt beginnt der Strafprozess gegen Klaus Kunze, den früheren Chef der Essener Entsorgungsbetriebe.
- Am Landgericht Essen begann der Strafprozess gegen den früheren EBE-Chef Klaus Kunze
- Der 72-Jährige lässt die Untreue-Vorwürfe zurückweisen, denn er habe zum Wohl der Firma gearbeitet
- Strafkammer plant für das Verfahren mit sechs Angeklagten 18 Verhandlungstage ein
Knapp vier Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Klaus Kunze, den früheren Chef der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE), begann am Mittwoch vor der XII. Strafkammer der Untreue-Prozess gegen den 72-Jährigen. Er selbst sagte kaum etwas, ließ Verteidiger Nils Holtkamp reden. Und der wies die Anklage von Staatsanwalt Joachim Koch entschieden zurück.
Kunze soll EBE um 750.000 Euro geschädigt haben
Kunze soll die EBE durch Begünstigungen von Betriebsräten, einem SPD-Ratsherren und zwei Bürgermeistern um 750.000 Euro geschädigt haben. Das sei unwahr, sagt Verteidiger Holtkamp: „Er hatte in keinem Punkt eine Schädigungsabsicht gehabt. Er hatte stets das Wohl der EBE im Auge.“
Kunzes Karriere startete in einer Zeit, als die SPD in Essen noch das Sagen hatte. 1993 wurde der Volksschüler, der mit 14 Jahren als Lehrling bei der Stadt begann, Leiter des städtischen Umweltamtes. Als dann 1998 die Entsorgungsbetriebe gegründet wurden, wechselte Kunze an deren Spitze.
Als Zeuge dieser Jahre sitzt hinten im Saal Willi Nowack. Früher war der Sozialdemokrat aus Altenessen mächtigster Mann der Stadt, galt als Strippenzieher und Förderer von Karrieren bei der Stadt, der überall seine Hand im Spiel hatte. Ende der 90er Jahre begann sein Abstieg, zuletzt wurde er wegen Insolvenzverschleppung verurteilt, saß im Gefängnis. Was er im Prozess will? „Die Wahrheit hören. In den Medien gibt es ja nur kurze Infos.“ Zuerst hört er Prozessformalien. Anwälte stellen Anträge, etwa zur Besetzung der Strafkammer. Pausen gibt es, weil das Gericht beraten muss, bevor Richter Simon Assenmacher mitteilt, dass die Anträge zurückgewiesen werden. Nowack spricht angesichts der Anträge von einer „Farce“.
Anklage: EBE-Mitarbeiter als Fahrer für Bürgermeister, ohne dass Stadt zahlte
Von Klaus Kunze, der in Pausen schon mal zu Nowack geht, gibt es derartige Kommentare nicht. Sechs Punkte umfasst die Anklage gegen ihn. Da soll er dem ehemaligen SPD-Ratsherren Harald Hoppensack den Tagessatz für einen IT-Beratervertrag von 960 auf 1500 Euro erhöht haben. EBE-Mitarbeiter wurden auch als Fahrer für die Bürgermeister Annette Jäger und Rudolf Jelinek, beide SPD, eingesetzt, ohne dass die Stadt zahlte. Zudem bekamen Betriebsratsmitglieder Dienstwagen, sagt die Anklage, und ein Schrotthändler habe übertrieben günstig mit der EBE abrechnen können. Die mutmaßlich Begünstigten in diesen Fällen, fünf an der Zahl, sitzen mit auf der Anklagebank, wegen Beihilfe.
Äußern wollen sich alle Angeklagten. Für Klaus Kunze, der wegen der Vorwürfe „seit Jahren“ in psychiatrischer Behandlung sei, spricht Verteidiger Nils Holtkamp. Knapp nennt er die Punkte: „Die Vorwürfe treffen nicht zu.“ Und: „Es gab keine Seilschaften, keine Machenschaften.“ Was der Staatsanwalt ihm anlaste, sei zum Teil das genaue Gegenteil, da habe er dem Unternehmen Geld gespart. Mittags ist der mit 18 Tagen geplante Prozesstag beendet. Und die Erkenntnisse von Willi Nowack? „Ach, ich kenne die Wahrheit ja.“