Essen. . Essens ehemaliger OB Reinhard Paß wurde im Prozess gegen Klaus Kunze, Ex-EBE-Chef, als Zeuge gehört. Woran er sich erinnerte – und woran nicht.

  • 30 Minuten lang befragte das Gericht Reinhard Paß als Zeuge im Prozess um Ex-EBE-Chef Kunze
  • Paß saß seit 1998 im Aufsichtsrat, war zehn Jahre Vorsitzender. Im Amt von EBE-Affäre überrascht
  • Befragt zu Details zeigt Paß sich ahnungslos: Kein Thema für einen Oberbürgermeister

Reinhard Paß’ Stimme ist rau, Nachwehen einer hartnäckigen Erkältung. Auch sonst hätte sich der ehemalige Oberbürgermeister den öffentlichen Auftritt am Freitag im Landgericht vermutlich gerne erspart. Aber Paß war als Zeuge im Strafprozess gegen Klaus Kunze, den ehemaligen Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen, gefragt.

Seit der Gründung der EBE 1998 gehörte Reinhard Paß dem Aufsichtsrat an, zehn Jahre war er dessen Vorsitzender. Zu Kunze unterhielt er eine langjährige Duzfreundschaft, wie sie unter Sozialdemokraten üblich ist, was deshalb nicht viel heißen muss. Vor Saal N 001 des Landgerichtes würdigen sich beide kaum eines Blickes.

Als im Herbst 2013 die Affäre um Kunze und mutmaßliche Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft bei der EBE öffentlich wurde, fiel ein weiterer Schatten auf die Amtsführung von Reinhard Paß, an der es zu diesem Zeitpunkt bis in die eigene Partei hinein schon viel Kritik gab. Dass er zwei Jahre später die OB-Wahl verlieren sollte, dafür gibt es viele Gründe – sein als zögerlich empfundener Umgang mit der EBE-Affäre dürfte dazu beigetragen haben, auch wenn er selbst dies anders sehen mag.

In Erinnerung geblieben ist ein von Paß unterzeichneter Entwurf eines Auflösungsvertrages, mit dem die Stadt auf jegliche Schadenersatzansprüche gegenüber Kunze verzichtet hätte. Nun geht es vor Gericht um 750 000 Euro.

Kunze nahm seinen Hut auf eigenen Wunsch

Das Papier sei ihm untergejubelt worden, erklärte Paß damals, was ihn nicht nur im Rathaus Sympathiepunkte gekostet hat. Kunze war da längst nicht mehr zu halten. Seinen Hut nehmen wollte er auf eigenen Wunsch, nicht weil ihn Paß dazu gedrängt hätte.

Reinhard Paß vor Beginn seiner Zeugenaussage im Landgericht.
Reinhard Paß vor Beginn seiner Zeugenaussage im Landgericht. © Kerstin Kokoska

Welche Rolle spielte Paß in der „EBE-Affäre“? Vor der Befragung weist der Vorsitzende Richter Simon Assenmacher den Zeugen darauf hin, dass er das Recht hat, Aussagen zu verweigern, die ihn selbst belasten könnten. Paß sagt aus. Doch zur Wahrheitsfindung, so der Eindruck, trägt er nicht viel bei.

Dass Ex-Ratsherr Harald Hoppensack – auch er sitzt auf der Anklagebank – für die EBE als IT-Berater tätig war, sei ihm bekannt gewesen. Dass Hoppensack sechsstellige Summen im Jahr verdiente, nicht. Die Konditionen? „Waren allein Sache der Geschäftsführung.“

Dass die EBE Fahrer für die Bürgermeister Annette Jäger und Rudi Jelinek stellte, war Paß als OB nicht entgangen. Richter Assenmacher wundert sich über dieses im Rathaus offenbar als selbstverständlich betrachtete Procedere. Paß nicht: „Man hätte auch die Evag fragen können.“ Selbstverständlich sei er davon ausgegangen, „dass die Leistung auch bezahlt wird“. Wurde sie nicht.

EBE-Fahrer für die Bürgermeister – Richter wundert es

Ein Mülheimer Geschäftsmann, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, mit Kunze gemauschelt zu haben, sei ihm vorgestellt worden, so der Zeuge. Auf Nachfrage erinnert Paß sich daran, dass man einmal gemeinsam beim Edel-Italiener „La Grappa“ zum Essen war. Worum ging es? „Um nichts. Um das schöne Wetter. Ich war unter Zeitdruck und dann auch schon wieder weg.“ Wer bezahlte die Rechnung? „Sicher einer der beiden Herren.“

In diesem Stil geht es weiter. Als Oberbürgermeister und Vorsitzender des Aufsichtsrates gab Reinhard Paß sich nicht mit Detailfragen ab, um die es vor Gericht geht. Warum sollte er? So beschreibt er selbst seine Rolle. Nach 30 Minuten entlässt das Gericht ihn aus dem Zeugenstand. Schnellen Schrittes verlässt er den Saal. Für ihn ist der Fall EBE abgeschlossen.