Essen. . Es mehren sich die Fälle, bei denen Flüchtlinge auf Geschäftemacher hereinfallen. Ein Bildungsprojekt der Verbraucherzentrale NRW soll aufklären.

  • Bei der Verbraucherzentrale mehren sich die Fälle, bei denen Ausländer auf Geschäftemacher hereinfallen.
  • Ein neues Bildungsprojekt „Get in“ soll die Flüchtlinge besser aufklären
  • Es geht aber auch darum, sie mit den Lebensgewohnheiten vertraut zu machen

Immer mehr Flüchtlinge werden Opfer windiger Geschäftemacher oder tappen aus Unwissenheit in eigentlich bekannte Verbraucherfallen. „Die Zahl der Fälle, in denen Flüchtlinge bei uns Rat und Hilfe suchen, nimmt deutlich zu“, bestätigt die Leiterin der Verbraucherzentrale in Essen, Manuela Duda. Die Verbraucherzentrale NRW hat deshalb jetzt zusammen mit dem Land ein Projekt (siehe Kasten) gestartet, das Flüchtlingen das Einmalseins des deutschen Verbraucherrechts beibringen soll. Dafür sind landesweit sechs Bildungstrainer aktiv. Für Essen ist Heike Herzig zuständig.

Die Abzockerei nimmt zu, seit Flüchtlinge vermehrt in eigene Wohnungen ziehen und damit ihr Leben in der Stadt selbst in die Hand nehmen müssen. Es sind im Übrigen durchaus auch die eigenen Landsleute, die Flüchtlinge übers Ohr hauen.

Flüchtlinge haben Probleme mit Handyverträgen

Anfangs waren es vor allem Probleme mit Handyverträgen, warum Flüchtlinge in der Verbraucherzentrale um Hilfe baten. Die meisten hatten zu teure Verträge mit langen Laufzeiten abgeschlossen. In ihren Heimatländern kannten sie solche Modalitäten nicht.

Nun aber kommen die typischen Haustürgeschäfte und Telefonverträge hinzu. Verbraucherberaterin Sigrun Widmann berichtet von einer Telefonmasche, die bereits in dieser Woche fünf Mal bei ihr auf dem Tisch gelandet ist: Telefonwerber rufen offenbar gezielt Menschen mit ausländischen Namen an und locken mit schufafreien Krediten. Doch statt des Geldes kommt nur eine Rechnung und hinterher eine Inkasso-Forderung. „Flüchtlinge zahlen dann, weil sie Angst haben, etwas falsch zu machen und hier negativ aufzufallen“, meint Manuela Duda. „Wir befürchten deshalb, dass bei uns nur die Spitze des Eisberges landet.“

Falsche Kreditkarten und falsche Verträge untergejubelt

Sigrun Widmann hat kürzlich einen weiteren dreisten Fall erlebt, wie Drückerkolonnen die Unwissenheit aber auch die ausgeprägte Gastfreundschaft von Flüchtlingen ausnutzen. Bei einem syrischen Paar klingelten zwei Fremde und zeigten auf ein mit Folie laminiertes Bild mit einem Stromzähler. Es sollte offensichtlich suggerieren, dass sie wegen des Stroms da seien. Tatsächlich aber hatte die syrische Familie, die die Fremden sogar in die Wohnung ließ, am Ende einen Kabel-TV-Vertrag abgeschlossen. Die Verbraucherzentrale konnte sie mit Erfolg wieder herausboxen.

Bildungstrainerin Heike Herzig wird Flüchtlinge in ihrem Unterricht aber nicht nur über das deutsche Vertragsrecht aufklären. Es geht auch generell darum, was zu beachten ist, wenn Flüchtlinge in eine eigene Wohnung ziehen. „Allein das System, wie in Deutschland der Strom zu bezahlen ist, kennen die meisten nicht“, sagt sie. Die Kombination aus Abschlägen und Jahresabrechnung sei für sie verwirrend. Dazu zähle auch, wie die Zugewanderten mit Energie sparsam umgehen müssen. Dass Heizen bei geöffneten Fenster unnötig Geld kostet und dass Thermostate an den Heizungen nicht voll aufgedreht werden müssen – das müssen viele erst lernen. „Unsere Erfahrung ist, dass geflüchtete Menschen oft kein Gefühl haben, wie viel Energie kostet.“

>>>DAS NEUE FLÜCHTLINGSPROJEKT „GET IN!“

Das Projekt wurde im April gestartet und läuft zunächst bis Ende 2019.

Folgende Themen behandeln die Bildungstrainer zurzeit: Handy-Verträge (Kosten und Laufzeiten) sowie Wohnung (Strom, Richtig heizen, Versicherungen). Das Thema bargeldloser Zahlungsverkehr und Kreditverträge kommt später hinzu.

Das kostenlose Angebot richtet sich an Flüchtlingsgruppen zwischen 5 und 20 Personen. Die Inhalte werden bildreich und in einfachem Deutsch erläutert. Beispielsweise kann es in Integrationskursen oder innerhalb von Ausbildungen laufen. Es gibt dazu auch Fortbildungen für Lehrer und Ehrenamtliche. Buchungen per Mail über essen@verbraucherzentrale.nrw