Essen. Die Unkenntnis von Flüchtlingen wird anscheinend auch in Essen ausgenutzt. Manche tappen in Abofallen, andere schließen leichtfertig Verträge ab.
Ein Flüchtling aus dem Iran wird auf der Kettwiger Straße angesprochen und eingeladen, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Er dreht an einem Glücksrad und gewinnt hundert Euro sowie einen dreitägigen Hotelaufenthalt. Bereitwillig gibt er Kontaktdaten und Kontonummer heraus. Doch schon kurze Zeit später stellt sich heraus, dass der Iraner, ohne es zu wissen, allein durch die Teilnahme an dem Gewinnspiel ein Zeitschriftenabonnement abgeschlossen hat. Den vermeintlichen Gewinn hat er nie erhalten. Diesen Fall schilderte eine Leserin dieser Zeitung. Ihr hatte sich der Iraner anvertraut.
Einen ähnlichen Fall hat auch Sigrun Widmann, Beraterin bei der Verbraucherzentrale, schon bearbeitet. „Das ist eine ganz alte Masche“, sagt sie. Dabei gehe es um das Abgreifen von Daten. Der vermeintliche Gewinn errege Aufmerksamkeit und verleite zur Herausgabe persönlicher Daten. Aus Erfahrung kann die Beraterin sagen, dass meist ältere Menschen in solche Gewinnspielfallen tappen. Aber auch Flüchtlinge wegen ihrer Unkenntnis potenzielle Opfer sind.
Verbraucherschützer warnen vor leichtfertiger Vertragsunterzeichnung
Viel häufiger hat sie Fälle im Telekommunikationsbereich. „Schnell hat ein Flüchtling einen Handy- oder Internetvertrag abgeschlossen, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein.“ Sprachliche Barrieren würden oftmals dazu führen, dass Flüchtlinge Verträge unterschreiben, ohne zu wissen, worauf sie sich einlassen: zum Beispiel auf lange Laufzeiten oder monatliche Gebühren. „Flüchtlinge kommen aus einer anderen Rechtskultur.“ Auch das berge Probleme. In vielen Herkunftsländern der Flüchtlinge hätten mündliche Absprachen ein größeres Gewicht als in Deutschland, auch die Verpflichtungen, die ein schriftlicher Vertrag mit sich bringt, würden von ihnen oft unterschätzt. All diese Faktoren würden Flüchtlinge zu „verletzlichen Verbrauchern“ machen. Sigrun Widmann hat festgestellt: Sobald ein Flüchtling die Erstaufnahmeeinrichtung verlässt und in eine eigene Wohnung zieht, treten vermehrt Schwierigkeiten mit Verträgen, Versicherungen und Co auf.
Um über potenzielle Gefahren aufzuklären, hat die Verbraucherzentrale eine Webseite mit Informationen für Flüchtlingshelfer eingerichtet (www.verbraucherzentrale.nrw/fluechtlingshilfe). Grundsätzlich rät Widmann Flüchtlingen dazu, zusammen mit einer Vertrauensperson, die auch übersetzen kann, Verträge abzuschließen. Auch bei Unklarheiten genau nachzufragen sei wichtig. Reagieren Händler ausweichend oder abweisend, sei Vorsicht geboten. Im Fall des Iraners empfiehlt sie, innerhalb von vierzehn Tagen schriftlich Widerspruch einzulegen und die Kontobewegungen zu beobachten. Wurde Geld abgebucht, sollte man das Gespräch mit der Bank suchen und das Geld zurückbuchen lassen.
>> BERATUNG DER VERBRAUCHERZENTRALE
Die Verbraucherzentrale kann aus rechtlichen Gründen Beratungen nur auf Deutsch durchführen. Deswegen sollten Flüchtlinge entweder ausreichende Deutschkenntnisse mitbringen oder gemeinsam mit einem volljährigen Übersetzer kommen.
Geöffnet hat die Verbraucherzentrale (Holle-str. 1) Montag und Mittwoch von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 17 Uhr, Donnerstag von 10 bis 13 Uhr und von 14 bis 19 Uhr sowie Freitag von 9 bis 14 Uhr. Termine können unter 64957401 vereinbart werden.