Essen. . Verwaltungsgericht kündigt Urteil zugunsten des Eilantrags von Verdi an. Werbegemeinschaften befürchten, dass Stadtteile ohne Verkaufssonntage ausbluten.

  • Die Gewerkschaft Verdi hält die 28 verkaufsoffenen Sonntage für rechtswidrig und klagt per Eilantrag gegen die Stadt Essen
  • Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat Freitag angekündigt, dass es alle 28 Verkaufssonntage in Essen kippen will
  • Der Einzelhandel und die Werbegemeinschaften reagieren verärgert über die Entscheidung der Gelsenkirchener Richter

Das ist ein schwerer Rückschlag für den Essener Einzelhandel: In diesem Jahr werden alle verkaufsoffenen Sonntage in Essen wohl ausfallen. Das kündigte Peter Erker, Richter der 19. Kammer am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, nach dem mit Spannung erwarteten Erörterungstermin am Freitag an.

Erker geht davon aus, dass die Kammer auch in ihrer Entscheidung in der kommenden Woche alle 28 Essener Verkaufssonntage kippen wird.

Die Gewerkschaft Verdi, die die verkaufsoffenen Sonntage für rechtswidrig hält, klagt in einem Eilantrag gegen die Stadt Essen, die die Verordnung über 28 Verkaufssonntage an elf Terminen zwischen 2. April (Ostermarkt City, Werden, Altenessen) und 17. Dezember erlassen hat.

Das Verfassungsgebot der Sonntagsruhe

„Ich will nicht verheimlichen, dass die Kammer dazu neigt, diesem Antrag zu entsprechen“, sagte Richter Peter Erker. Er wies auf das Verfassungsgebot der Sonntagsruhe und entsprechende höchstrichterliche Urteile hin – und fügte an: „Wenn viel mehr Menschen zu den verkaufsoffenen Sonntagen kommen als zum eigentlichen Anlass, etwa zu einem historischen Fest, dann lässt sich die Störung der Sonntagsruhe in dieser Form nicht mehr rechtfertigen. Folglich ist der verkaufsoffene Sonntag abzusagen.“

Die Stadt sieht sich nicht in der Lage, präzise Besucherprognosen zu geben: etwa, ob jemand wegen des Wottelfestes nach Heisingen kommt oder wegen des zeitgleich stattfindenden Verkaufssonntages.

Marc Heistermann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Ruhr, stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Dem Essener Einzelhandel wird eines der effektivsten Marketing-Instrumente aus der Hand genommen.“

Vertreter der Werbegemeinschaften, der EMG und des Einzelhandels bleiben draußen vor der Tür

Der Erörterungstermin begann mittags um 12 Uhr in Saal V und war schon nach einer dreiviertel Stunde beendet. Verdi Essen war vertreten durch Sekretär Kay Lipka, die Verwaltung durch Ordnungsdezernent Christian Kromberg.

Zur Verärgerung von Heistermann sowie Vertretern der Essen Marketing GmbH und mehrerer Werberinge und Interessengemeinschaften aus den Stadtteilen fand der Termin hinter verschlossenen Türen statt.

„Die verkaufsoffenen Sonntage bringen urbanes Leben in die Stadtteile, ohne sie bluten wir aus“, sagte Eberhard Kühnle von der IG Altenessen. Wolfgang Bieger, sein Kollege von „Kett-In“, verwies auf die große Tradition vieler Stadtteilfeste. Und klagte: „Es ist eine Perversion, dass Amazon und Co. die Kirche und Verdi als Verbündete haben.“

Heistermann macht sich jetzt große Sorgen um die Zukunft der Stadtteilfeste, da Werbegemeinschaften in der Regel als Sponsoren aufträten und die Kosten für Bühnen, Security, Werbung, Platzmiete trügen.

„Stadtteile in schwieriger Situation“

Oberbürgermeister Thomas Kufen sieht jetzt den Landtag und die Landesregierung am Zuge. Die Städte bräuchten endlich Planungs- und Rechtssicherheit. „Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen. Es kann nicht sein, dass an Sonntagen auf Trödelmärkten Neuwaren verkauft werden können, während der stationäre Einzelhandel keine Erlaubnis erhält, an ausgewählten Sonn- und Feiertagen zu öffen.“

Die Anforderungen, die der Gesetzgeber an die Möglichkeit der Sonntagsöffnung stelle, seien in der Praxis nicht erfüllbar. „Das bringt besonders die Stadtteile in schwierige Situationen.“