Essen. . Ursula Schürks ist seit Jahresbeginn die neue Ärztin im „Arzt-Mobil“. Täglich versorgt sie Obdachlose in der Essener Innenstadt.

  • Ursula Schürks betont: Obdachlose sind „ganz normale Leute“, die in ihrem Leben mal ein Problem hatten
  • Täglich fährt sie mit dem Arzt-Mobil unter anderem zur Maxstraße, der zentralen Anlaufstelle für Berber in Essen
  • Die Medizinerin war beruflich schon in vielen Entwicklungsländern unterwegs, arbeitet seit Januar im „Arzt-Mobil“

Frau Schürks, haben Sie ein Helfer-Syndrom? – „Ich mag das Wort ,helfen’ nicht. Ich habe Medizin studiert, also kann ich gesundheitliche Probleme lösen, die andere Menschen haben, und deshalb tu’ ich das“, sagt Ursula Schürks.

Die 54-Jährige ist seit Jahresbeginn neue Ärztin des „Arzt-Mobils“, das seit rund 20 Jahren von der städtischen Tochtergesellschaft GSE betrieben wird. Das „Arzt-Mobil“, ein blauer, umgebauter Renault-Lieferwagen, fährt täglich Stellen im Stadtgebiet an, an denen sich Obdachlose aufhalten. Das „Arzt-Mobil“ bietet unkomplizierte, medizinische Erstversorgung an. Im Oktober 2016 verstarb überraschend der langjährige Mediziner an Bord, Hans-Jürgen Pielsticker. Schürks hat seine Nachfolge angetreten. Unverändert mit dabei ist seit über zehn Jahren die Fachangestellte Stefanie Löhr.

Nach dem Abi nach Brasilien

Schon als Kind wusste Ursula Schürks, die aus Schönebeck kommt, dass sie Ärztin werden will. Nach dem Abi am BMV ging sie für ein Jahr nach Brasilien und kümmerte sich um Lepra-Kranke. Sie studierte in Bochum und Hamburg, sattelte ein Studium der „Humanitären Hilfe“ drauf, arbeitete in Tansania, Liberia, Peru, bildete sich weiter fort in Sachen Anästhesie- und Palliativmedizin. Zuletzt versorgte sie Flüchtlinge in der Landeseinrichtung in Fischlaken. Dann kam der Anruf von der GSE. „Ich habe kurz überlegt, dann ein Gespräch geführt, dann war alles klar.“

Obdachlose haben mit besonderen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, das liegt nicht nur an mangelnder Hygiene oder verbreiteten Suchtproblemen. „Sie kommen nie zur Ruhe, weil sie nirgendwo langfristig einen Unterschlupf bekommen“, erklären Schürks und Löhr. „In vielen Unterkünften muss man morgens hinaus, und nicht alle kommen für mehrere Tage am Stück bei Freunden unter.“

So wächst sich ganz schnell eine Erkältung zur Bronchitis und zur Lungenentzündung aus. Wunden können nicht richtig verheilen. Im Winter kommen auch Hautprobleme wegen der Kälte hinzu.

Zentrale Anlaufstelle

Täglich um zehn fährt das „Arzt-Mobil“ zur Maxstraße im Westviertel, einer zentralen Anlaufstelle für Obdachlose. „Dort warten sie dann schon, zehn sind mindestens immer da.“ Die meisten sind männlich, mittleren Alters, „und das sind ganz normale Leute, die irgendwann im Leben mal Probleme hatten und abgerutscht sind“, betonen Schürks und Löhr. Sie bemängelt, dass die meisten Leute insgeheim davon ausgehen, dass Berber selbst schuld sind an ihrer Situation. Doch Schürks hört viele Lebensgeschichten im „Arzt-Mobil“, die ihr gezeigt haben: „Job weg, Frau weg, Haus weg, das geht alles ganz schnell.“

Dabei sind viele Obdachlose krankenversichert, könnten theoretisch zum Arzt gehen. Bloß: „Dort werden sie oft schlecht behandelt. Viele Ärzte wollen keine Obdachlosen in ihren Wartezimmern sitzen haben.“ Entsprechend ist man bei der GSE sicher, dass Einrichtungen wie das „Arzt-Mobil“ kein Luxus sind, sondern Notwendigkeit.