Essen-Borbeck. . Die „Kältebrücke“-Aktion von DRK und „Essen packt an“ hat bereits 77 obdachlosen Menschen Schutz vor frostigen Nächten bieten können.

21 Uhr, Mittwoch, warme Luft rauscht durchs Gebläse. Almir liegt im Zelt. Noch ist er allein. Seine Mütze hat er aufbehalten, den Pulli nicht ausgezogen, nur die Schuhe stehen bei seinem Rucksack auf ausgerolltem PVC-Boden in Holzoptik. Der 24-Jährige liegt im Halbdunkeln, das Licht eines Baustrahlers erhellt eine Zeltecke. Zum dritten Mal nutzt der junge Obdachlose die „Kältebrücke“-Aktion, organisiert von DRK und „Essen packt an“-Ehrenamtlichen.

„Ich will zur Ruhe kommen“, sagt Almir, „ich brauche das einfach, dass ich hier schlafen kann.“ Seit fünf Monaten sei er ohne Dach überm Kopf. Erst hatte er Stress aus gesundheitlichen Gründen, bei seiner Frau konnte er nicht bleiben. Ohne eigenen Briefkasten verpasste er Termine, darum sei sein Hartz-IV gesperrt, der Weg von der Straße weg so noch schwerer. Er wolle unbedingt wieder die Sicherheit einer eigenen Wohnung spüren und seine zwei Kinder zu sich nehmen, die bei seiner Frau leben. Ruhig spricht Almir über die Angst vor einem weiteren Abrutschen, Verzweiflung und mit Tränen in den Augen.

Am liebsten würde Almir jeden Tag kommen

„Die Notschlafstelle in der Maxstraße ist nichts für mich. Da sind einfach zu viele Menschen, mir ist das unangenehm. Ich kann das nicht“, erzählt Almir. Lieber bettele er so lange, bis er für 20 Euro ein Hotelzimmer mieten könne. Noch lieber würde er einfach jeden Tag zum Schlafzelt kommen.

Elke Zbiera (DRK) und Markus Pajonk (Essen packt an)  empfangen die Gäste auf dem Gelände der DRK-Bereitschaft in Borbeck.
Elke Zbiera (DRK) und Markus Pajonk (Essen packt an) empfangen die Gäste auf dem Gelände der DRK-Bereitschaft in Borbeck. © Stefan Arend

So geht es auch den anderen Übernachtungsgästen, die die Organisatoren Elke Zbiera fürs DRK und Markus Pajonk für „Essen packt an“ im Gewerbegebiet auf dem Gelände der DRK-Bereitschaft in Borbeck empfangen. Doch das Zelt wird nur in Nächten aufgebaut, in denen die Temperatur mindestens auf unter fünf Grad minus fällt. Bundesweit sei die Aktion einzigartig, erklären Zbiera und Pajonk. Denn sie ist die erste, bei der Ehrenamtler und reguläre Rettungskräfte zusammenarbeiten – ein Erfolgsprojekt, das sich aus der gemeinsamen Aufräumarbeit nach dem Sturm Ela ergab. Da klappte das Miteinander. Das baut man nun aus.

Auch Frauen kommen in das Zelt in Borbeck

Am Mittwoch sammeln die Streetworker des ehrenamtlichen Fahrdiensts zwölf Menschen ein – zum zehnten Mal. Eigentlich stehen zehn Feldbetten bereit, doch kurzerhand werden mehr aus dem Lager geholt. Insgesamt übernachteten bisher 77 Obdachlose bei der „Kältebrücke“-Aktion, die Anfang Januar startete. Auch Frauen kommen vorbei, Mittwochnacht schlafen drei im Borbecker Zelt.

Gegen 21.30 Uhr fährt ein Bulli vor. Eine Gruppe Männer steigt aus. Zwei sind zum ersten Mal hier. Es geht ins Haus, aufwärmen, gespendete Nudeln mit kräftiger Soße essen. „Hallo Königin! Hallo Chefin!“ wird Elke Zbiera begrüßt, sie schmunzelt und hält den Gästen die Tür auf. Ab 23 Uhr wird es ruhig. Vier Helfer bleiben über Nacht. Wecken ist um 6 Uhr, dann wird das Zelt ausgeräumt – bis zur nächsten Nacht mit mindestens fünf Grad unter Null.