Essen. . Gerd-Peter Wolf begleitet den Wandel von Zollverein seit gut 30 Jahren. Als Politiker regte er 1986 die Bauhütte an. Was er sich heute wünscht.

Als sie vor dreißig Jahren leidenschaftlich um die Zukunft von Zollverein ringen, gehört Gerd-Peter Wolf dem Lager der Denkmalschützer an. „Ich hatte eine Wandlung vom Saulus zum Paulus hinter mir“, schmunzelt der 65-Jährige heute im Rückblick.

Der Altenessener Bergmannssohn, damals jüngster Landtagsabgeordneter, wartet Anfang 1987 mit einem richtungsweisenden Vorschlag auf.

Um das soeben stillgelegte und zum Denkmal erhobene Bergwerk mit neuem Leben zu erfüllen, regt er die Gründung einer Bauhütte an. Wie der Kölner Dom solle auch Zollverein als ständige bauliche Herausforderung begriffen werden.

Dimensionen auf Zollverein, die einschüchtern

Ausrangierte Lohnhallen und Malakowtürme in Kulturzentren zu verwandeln – diese neue Entwicklung inspiriert auch den jungen Verwaltungsfachmann. Mit Ende 20 ist der SPD-Politiker zur rechten Hand des Baudezernenten aufgestiegen und nah dran am Geschehen.

Doch Zollverein, dieser Montan-Koloss, erweist sich als ein anderes Kaliber. „Allein schon die Fläche hat Ängste ausgelöst, dazu die bange Frage: Was mag das alles kosten?“. Skeptiker hantieren mit dreistelligen Millionenbeträgen und schütteln den Kopf.

Der visionäre Pragmatiker wirbt für die Bauhütte

„Über das Beispiel Zeche Carl kamen auch wir zur Erkenntnis, dass sich das Alte erhalten und neu nutzen lässt“, erinnert sich Wolf. Von Wolkenkuckucksheimen hält er nicht viel, eher versteht er sich als visionärer Pragmatiker.

1992 ist die Bauhütte schon Wirklichkeit. Er selbst bekleidet darin bis 2000 den Vorsitz des Aufsichtsrates, bis 2009 ist er stellvertretender Vorsitzender der Stiftung. Eine fruchtbare Phase, in der die Weichen für das Weltkulturerbe und das Touristenmagnet gestellt werden.

Die Magie des Wortes und des Ortes

Zum Interview treffen wir den Visionär von 1986 im Casino Zollverein, der früheren Niederdruck-Kompressorenhalle. Wie damals bringt ihn Zollverein zum Schwärmen. „Es gibt die Magie des Wortes und die des Ortes.“ Der „Deutsche Zollverein“ von 1834 stehe für die Überwindung von Grenzen und für wirtschaftliche Blüte.

„Die Magie des Ortes wollten wir nutzen, damit sie Kunst- und Kulturschaffende inspiriert.“ Spontan fällt ihm Norman Foster ein, den großen Baumeister, der den Reichstag in Berlin und auch das alte Kesselhaus von Zollverein umgebaut hat: in ein faszinierendes Design-Zentrum. „Als Foster das Kesselhaus sah, leuchteten seine Augen.“

„Etwas Hochwertiges mit europäischer Dimension“

Wolf erinnert auch an Karl Ganser, den charismatischen Chef der Internationalen Bauausstellung Emscherpark, der die Maxime ausgab, Zollverein sei „keine Eckkneipe, sondern etwas Hochwertiges mit europäischer Dimension“.

Die 400 Millionen Euro, die die öffentliche Hand in den Kultur- und Wissenschaftsstandort Zollverein investiert hat, sieht Wolf gut angelegt. Besonders erfreue ihn die „Rückkehr der Mutter“: die Neubauten von RAG-Zentrale und -Stiftung.

Hochwertige Wohnhäuser im Grünzug nördlich der Köln-Mindener-Straße bauen

Und wie geht’s weiter? Wolf richtet den Blick zuversichtlich nach vorn. Jetzt müsse Zollverein „den Süden in den Norden holen“. Wer hier arbeite, der dürfe auch gerne diesseits der A 40 wohnen: in schicken Häusern im Grünen.

Das Welterbe Zeche und Kokerei Zollverein.
Das Welterbe Zeche und Kokerei Zollverein. © hh

Im „Krüppelwald“ nördlich der Köln-Mindener Straße sieht er die ideale Fläche, auf die sich hochwertige Eigenheime setzen ließen für RAG-Manager und Folkwang-Professoren. Dazu müsse die Josef-Hoeren-Straße per Tunnel unter der Bahnstrecke mit dem Großwesterkamp verknüpft werden.

Das Gründerzentrum Triple Z (Zollverein 4/5/11) sieht er als „schnellen Brüter“, der den Enkeln der Bergleute neue Chancen zu geben vermöge. Um sich jedoch ausdehnen zu können, sei ein interkommunales Gewerbegebiet mit Gelsenkirchen erstrebenswert. „Mein Traum ist noch nicht zu Ende geträumt“, sagt Wolf. Und fügt hinzu: „Das Feuer brennt noch.“

>> RATHAUS, LANDTAG, NRW-BANK

Gerd-Peter Wolf war von 1985 bis 2000 direkt gewählter SPD-MdL. Danach übernahm der Diplom-Verwaltungswirt eine leitende Tätigkeit bei der NRW-Wohnungsbauförderungsanstalt. Zurzeit ist er Direktor bei der NRW-Bank.

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