Essen. . Zollverein hat sich als Touristen-Ziel und Event-Arena einen Namen gemacht, mit der Ansiedlung von Unternehmen tut sich das Areal noch schwer. Nun aber stehen mehrere Neubau-Projekte an, die den Durchbruch bringen sollen. Die WAZ gibt in einer interaktiven Karte einen Überblick, was sich demnächst tut.
Nächstes Jahr ist es 30 Jahre her, dass Zollverein als letzte von 291 Essener Zechen stillgelegt wurde. Der monumentale Doppelbock auf Schacht XII ist längst zum Symbol für den Strukturwandel in Essen und im gesamten Ruhrgebiet geworden. Mit Ruhrmuseum, Red Dot Design Museum oder der Kokerei lockt Zollverein jährlich 1,5 Millionen Besucher in den Norden der Stadt.
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Nach dem Kölner Dom ist das Essener Weltkulturerbe Kulturausflugsziel Nummer 2 in NRW, es ist Anziehungspunkt zahlloser Events, ein Spielplatz für viele und vieles, und als solider Anker und Dauer-Magnet gibt’s mit dem Ruhrmuseum eines der besten historischen Museen der Republik. Die Autokennzeichen auf den Parkplätzen verraten, dass dieses Angebot auch in anderen Bundesländern und im benachbarten Ausland nicht unbemerkt geblieben ist. Kein Zweifel, als Tourismusziel hat sich Zollverein etabliert, auch wenn sich selbst Essener mitunter schwertun, auf dem riesigen Gelände den Überblick zu behalten. Diese Doppelseite soll dabei ein wenig helfen.
Zu wenig Impulse aus den Stadtteilen
Bis Zollverein zu einem Mega-Ziel in NRW werden konnte musste viel öffentliches Geld fließen: Über 315 Millionen Euro hat es bislang gekostet, alte Gebäude und Anlagen zu sanieren und das Gelände aufzubereiten. Nicht immer ist dieser immense Einsatz von Steuermitteln, der zumeist aus Landes- und EU-Töpfen stammt, nur positiv kommentiert worden. Es gab und gibt auch Zweifel, ob Aufwand und Ertrag im richtigen Verhältnis stehen. Für Essen freilich stimmt die Rechnung. Was die schiere Größe des Geländes und die Vielfalt und Qualität der Architektur betrifft, hat die Stadt hier ein Unikat in ihren Mauern, das es auf der Welt kein zweites Mal gibt.
Als Ansiedlungsort für Unternehmen tut sich die Zeche, die einst rund 5000 Menschen Arbeit bot, bisher allerdings deutlich schwerer. Essens-Chef-Wirtschaftsförderer Dietmar Düdden sagt: Zollverein ist noch kein gelebter Wirtschaftsstandort. Vor allem die vergleichsweise schlechte Anbindung an das Autobahnnetz und wohl auch die denkmalbedingten Restriktionen machen das Areal nicht gerade zur bevorzugten Lage für Unternehmen. Dabei ist es vor allem das, was Zollverein bislang fehlt: privates Geld von Investoren. Nur ungern erinnert man sich auf Zollverein an das Debakel mit dem Scheich, der viele Millionen versprach und am Ende nicht einen Cent zahlte (siehe Punkt 7). Es war ein schmerzlicher Rückschlag und Zeitverlust für den Standort.
ZollvereinIm Essener Stadtraum wirkt das Gelände zwischen Stoppenberg und Katernberg bis heute eher wie ein Fremdkörper. Es gab zu wenige Impulse aus den Stadtteilen selbst, die hätten auf das alte Bergbaugelände ausstrahlen können. Stattdessen setzten die Stadtplaner eher darauf, dass Zollverein die Entwicklung in der Nachbarschaft nach vorn bringen könnte. Erfolge gab es nur hie und da, einige unternehmungslustige Anwohner vermieten beispielsweise Gästezimmer. Aber wer mit offenen Augen durch Katernberg geht, wird nicht behaupten wollen, dass das Welterbe hier viel bewegt hätte. Offenbar braucht es einen langen Atem.
Die RAG als treibende Kraft auf dem Gelände
Seit 2008 kümmert sich die Stiftung Zollverein um das Welterbe. Und auch die Bedeutung der RAG ist kaum zu überschätzen – ausgerechnet die ehemalige Ruhrkohle AG, so mag man meinen, die die Zeche einst schloss. Doch die Verbindungen sind nach wie vor eng, zumal die RAG sich nach dem endgültigen Ende der Kohleförderung im Ruhrgebiet 2018 vermehrt neuen Aufgaben zuwenden wird. Werner Müller, ehemaliger RAG-Boss und heute Chef der RAG-Stiftung, sitzt dem Kuratorium der Stiftung Zollverein vor. Und der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Hermann Marth, war viele Jahre Chef der RAG-Immobiliensparte.
Bereits 2012 ließ sich die RAG Montan Immobilien (RMI), auf dem Kokerei-Gelände nieder. 2017 folgt nun die RAG selbst, die ihren Sitz von Herne nach Essen verlegt. Der Neubau der Folkwang-Uni und das lang ersehnte Hotel sollen den erhofften Durchbruch näher bringen. Bis 2020 ist geplant, rund 150 Millionen Euro private Gelder zu investieren. Zollverein wird, wenn alles gut geht, zur Großbaustelle.